Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
nichts weiter preisgeben würde. „Früher hätte ich gesagt drei, vielleicht vier Tage, bis die Ware verfügbar ist. Angesichts der unklaren Verhältnisse könnte es aber auch doppelt bis dreimal so lange dauern. Wie bist du erreichbar?"
    „Gar nicht. Ich komme wieder vorbei."
    „Wie du willst. Vierzig Prozent Provision."
    „Zwanzig."
    „Fünfunddreißig."
    „Fünfundzwanzig."
    „Dreiunddreißig."
    „Siebenundzwanzig."
    Das Ritual lief so schnell ab, dass beide lachen mussten, als sie zugleich „Dreißig!" riefen. „Abgemacht", sagte der Springer grinsend, dann verschwand er hinter seinem Deflektorschirm, als hätte es ihn nie gegeben.
    Homer steckte den farblosen Chip ein und verließ das Zimmer und das Hotel.
     
    36.
     
    „Detaillierte Informationen über den Vesuv besorgen" klang einfacher, als es war.
    Eine Datenrecherche im SolNet verbat sich von selbst. NATHAN hätte problemlos alles geliefert, was seit Anbeginn der Schrift über die Region Kampanien vorlag; und das schneller, als Matti zwinkern konnte.
    Doch NATHAN stand quasi unter Aufsicht. Wer nach Imberlocks und Gon-Os Machtübernahme gesteigertes Interesse für das Vesuv-Massiv bekundete, machte sich mit Sicherheit hochgradig verdächtig.
    Das wäre nicht viel anders gewesen, als hätte sich jemand mitten auf den Stephansplatz gestellt und geplärrt: „He, hallo, ich habe demnächst in Neapel etwas schwer Verbotenes vor!"
    Wenn er bloß daran dachte, bekam Matti Herzrasen und Atemnot. Nein, er musste auf anderem, unauffälligem Weg zu den Informationen gelangen, die er benötigte, um die Sprengladungen richtig zu dosieren.
    Zum Glück gab es den „Wiener Geologischen Stammtisch" (von der „Wiener Mineralogischen Vereinigung" irgendwann im neunten Jahrhundert NGZ abgespaltet und seither mit jener tödlich verfeindet). Zu einigen Mitgliedern dieses rührigen Zirkels unterhielt Matti seit Jahren Kontakt; sie hatten über so unterschiedliche Themen wie Permafrost, Rubinschliff und die Zukunft des Magnetismus kommuniziert.
    Der Stammtisch traf sich in einem so genannten Alt-Wiener Kaffeehaus am Rand des historischen Stadtkerns, der zuletzt 1307 NGZ nach Originalplänen rekonstruiert worden war, zum etwa siebzigsten Mal. Den liebevoll gestalteten, an alle erreichbaren Welten versandten Publikationen zufolge verfügte man auch über einen Klubraum im Keller desselben Gebäudes.
    Dort hoffte Matti zu finden, was er suchte. Wenn es sich bei den Wiener Kollegen um seelenverwandte „Spinner" handelte - und alle Anzeichen deuteten darauf hin -, dann sammelten sie leidenschaftlich, was sie nur in die Finger kriegten. Und sie waren, gleich Matti, vollkommen unfähig, selbst das unbedeutendste Stück wegzuwerfen.
    Wie oft hatte er Sirene erst im letzten Moment davon abhalten können, seine zweihundertzwölf von ebenso vielen verschiedenen Hunderassen aus über fünfzig Sonnensystemen stammenden fossilen Exkremente dem Konverter zu übergeben - bloß weil sie ein wenig Platz auf den Regalen ihrer Wohnkabine einnahmen! Auch was dieses andernorts unverständlicherweise wenig populäre Gebiet betraf, stellte Wien geradezu ein galaktisches Zentrum dar. Matti war zuversichtlich gewesen, hier einige weitere Pretiosen für seine Sammlung erbeuten zu können.
    Doch das würde er vermutlich hintanstellen müssen ...
    Er seufzte, betrat das Cafe und wähnte sich augenblicklich in ein Paralleluniversum versetzt.
    So als hätte er nicht einen mit längst veralteten Plakaten tapezierten Windfang durchschritten, sondern einen Materietransmitter; welcher ihn in eine Hyperraumblase teleportierte, wo andere kosmische Konstanten galten.
    In dem großen, auch am helllichten Tag und trotz der vielen Lüster und Wandlampen schummrigen Lokal schien die Zeit stillzustehen, ja schon sehr lange stillgestanden zu haben.
    Viele der an runden oder ovalen Marmortischen sitzenden, meist in Holo-Schriften lesenden oder vor sich hin brütenden Gäste wirkten eher wie ein Teil der verstaubten Dekoration denn wie lebende Personen des vierzehnten Jahrhunderts NGZ.
    Matti fühlte sich auf Anhieb wohl. Ein sehr altes Gedicht fiel ihm ein.
    Kürzlich saß ich im Kaffeehaus, ästimierte mich als Wiener, schlürfte langsam den Kaffee aus, aß ein Paar'l Debrezciner ... Ich nahm eine Zigarette, um mich bissl anzuregen. Dann ging ich auf die Toilette (eher der Bewegung wegen). Als ich bald drauf retournierte, ging noch alles seinen Gang, und im Folgenden passierte überhaupt nichts von

Weitere Kostenlose Bücher