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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sprecherin zu und antwortete ihr, sie mit stolzem, verächtlichem Blick messend:
    „Schweig, du Tochter der Verleumdung; ich kenne dich! Dein Maul ist eine niemals schweigende Trompete, vor welcher selbst der kühnste Held von dannen läuft. Richte deine Augen auf mich, und erblicke in mir Selim, den Sieger vieler Schlachten, das unüberwindliche Schwert des Gefechts, das strahlende Vorbild aller Krieger, das Muster und Beispiel der tapfersten Männer aller Völker, Stämme und Dörfer!“
    Das allgemeine Gelächter der Frauen wurde ihm als Antwort.
    „Ihr lacht?“ rief er empört. „Wißt ihr, daß ich euch dafür bestrafen kann? Soll ich diesen Menschenräubern die Ketten abnehmen und sie freilassen, damit sie euch in die Sklaverei fortschleppen, von welcher ich euch errettet habe? Hier sind meine Hände, denen ihr die Erlösung zu verdanken habt. Ihr solltet sie drücken und küssen; anstatt dessen beschimpft ihr mich und wollt den Glanz meines Ruhmes und die Fackel meiner Ehre verdunkeln. Stimmt lieber ein in den Lobgesang meiner Taten und in den Preis meines Heldentums! Und du, Effendi, sage diesen Töchtern des Geschwätzes, wen sie vor sich haben; belehre sie über die Vorzüge meiner Eigenschaften, und gebiete ihnen, die Gestalt meines Körpers mit Hochachtung und Ehrfurcht zu umringen!“
    Als er sich mit dieser Aufforderung an mich wandte, fragte mich die vorige Sprecherin:
    „Effendi, gehört dieser Mann zu dir? Trifft ihn vielleicht die unverdiente Gnade, in deinem Schatten zu wandeln?“
    „Er ist mein Diener“, antwortete ich.
    „Sein Diener, Freund und Beschützer“, verbesserte mich Selim.
    „Welches Wunder!“ rief sie aus. „Du und dieser Selim, welcher wegen Feigheit aus dem Stamm gestoßen wurde!“
    „Schweig du Posaune der Lästerung!“ gebot er ihr. „Nicht ausgestoßen wurde ich, sondern ich ging im Drang meiner Kühnheit, um Heldentaten zu verrichten, zu denen ich bei euch keine Gelegenheit fand. Nun kehre ich zurück, umstrahlt von hundert Sonnen der Ehre, und in den Dörfern der Fessarah wird man Denkmäler errichten, um meinen Namen der Nachwelt zu überliefern.“
    Er wandte sich um und trat mit einer so stolzen Haltung ab, als ob er wirklich ein zweiter Cid oder Bayard sei.
    Also ausgestoßen war er worden! Es tat mir leid, daß ihm dies so in das Gesicht gesagt worden war, aber er hatte sich die Schuld selbst zuzuschreiben. Warum konnte er sein Mundwerk nicht in Ruhe halten!
    Es galt nun zunächst, den Mokkadem und Muza'bir zu verfolgen. Das konnte ich keinem andern überlassen. Zwar wäre meine Anwesenheit hier im Lager auch notwendig gewesen, aber ich glaubte, mich auf den Lieutenant verlassen zu können. Als ich ihm dies sagte, machte er dennoch ein ziemlich bedenkliches Gesicht und sagte:
    „Effendi, ich gestehe dir offen, daß es mir weit lieber wäre, wenn du bliebst. Diese Menge der Gefangenen zu transportieren und dabei sechzig Frauenzimmer in Ordnung zu halten, das ist vielleicht mehr, als ich vermag.“
    „Die Gefangenen sind ja gefesselt, und die Frauen folgen dir gern. Was könntest du also für Not haben?“
    „Das weiß man nicht. Wer kann ein Weib beherrschen, und hier sind ihrer ein ganzes Schock! Effendi, tue mir nicht das Leid an, sie mir allein aufzubürden! Ich weiß ja noch nicht einmal, welchen Weg ich mit ihnen einzuschlagen hätte.“
    „Nach dem Bir Murat natürlich, wohin sich jedenfalls auch die Flüchtlinge gewendet haben. Sie wissen, daß Ibn Asl von dort herkommt, und sind ihm entgegen, da sie nur durch ihn vor dem Verschmachten in der Wüste bewahrt werden können.“
    „So reitest du voran, ihnen nach, und ich soll dir folgen?“
    „Ja.“
    „Wenn du ihn aber nicht triffst, und er stößt auf uns?“
    „Was weiter? Hast du nicht genug Asaker bei dir? Ihn werden höchstens vier oder fünf Männer begleiten.“
    „Oh, das ist es nicht, was ich fürchte. Ich würde kurzen Prozeß machen und sie alle niederschießen lassen; aber die Frauen, die Frauen, die machen mir Sorge, große Sorge!“
    „Das begreife ich nicht. Du ladest sie in die Tachterwahns und reitest fort. Was gibt es da zu sorgen! Und die Gefangenen werden auf die Kamele gebunden.“
    „Sie sollen reiten?“
    „Natürlich! Wenn sie gehen müßten, würdest du den Bir Murat erst nach zwei Tagen erreichen, und indessen ging dir das Wasser aus. Reiten sie aber, so kommst du schon in nächster Nacht am Brunnen an.“
    „Du reitest doch nicht allein voran?“
    „Nein,

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