304 - Allein gegen alle
zertrümmerte dabei den Kieferknochen. Gleichzeitig wühlte sich seine linke Hand in die am Hals befindlichen Kiemen hinein und riss sie brutal heraus.
Die beiden anderen Hydriten schwebten starr vor Schreck im Wasser. Um den Taucher herum war ein blutiger Nebel entstanden, der nur noch Konturen nach außen sichtbar werden ließ. Diesen Vorteil nutzend, presste der Mann den erbeuteten Schockstab vor sich an den Körper.
Der getötete Fischmensch sank, noch in Krämpfen zuckend, auf den Meeresboden und zog dabei eine fast schwarze Blutspur hinter sich her. Das Aroma des Blutes drang durch die Sauerstoff-Partikelfilter in das Innere des Anzugs vor und versetzte den Mann in einen wahren Rausch.
Keine Gnade! Sie töten uns, ich töte sie!
Wie eine Sprungfeder zog sich sein Körper zusammen und mit einer explosionsartigen Bewegung schnellte er aus der Blutwolke hervor.
Die Reaktion der beiden Hydriten kam zu spät.
Der Taucher löste den Schockstab aus. Er kannte die Waffe, hatte sie vor der Attacke auf die höchste, tödliche Intensität gestellt. Der Hydrit zuckte spastisch unter den Entladungen, die seine inneren Organe beinahe verkochten.
Dann rollte der Angreifer um seine Längsachse und wiederholte den Angriff bei dem linken Wächter. Auch er zuckte nur kurz, bevor sein Kreislauf versagte und sein Herz aufhörte zu schlagen.
Geistesgegenwärtig schnappte sich der Taucher einen der Toten und drückte dessen Flossenhand auf das bionetische Sensorfeld an der Seite der Schleuse. Das Tor öffnete sich.
Das war fast zu einfach... Hoffentlich treffen wir im Inneren auf mehr Gegenwehr.
Der Taucher fasste den Schockstab fester und schwamm langsam hinein in die Stadt. Die Passagen zwischen den Bauten wirkten verlassen, aber die leisen, klackenden Rufe verrieten ihm, dass man sein Auftauchen bemerkt hatte und sich vor ihm verbarg.
Sie verstecken sich. Ungewöhnlich. Früher haben sie immer gleich in Scharen angegriffen. Vielleicht haben sie tatsächlich begriffen, dass sie keine Chance haben.
Er wusste, wohin er sich wenden musste. Wo er bekommen würde, weswegen er die Stadt aufgesucht hatte. Er brauchte es nicht für sich, sondern für eine Freundin. Die sterben würde, wenn er nicht erfolgreich war. Er durfte keine weitere Zeit verlieren.
Xij brauchte seine Hilfe. Er würde sie nicht im Stich lassen. Und er würde keine Gnade zeigen, so wahr er Matthew Drax hieß...
***
36 Stunden zuvor
Matt Drax fiel ein Stein vom Herzen, als PROTO über eine letzte Anhöhe rumpelte und sich ihm der Blick auf die weitläufige Adriaküste öffnete. »Das Mittelmeer«, seufzte er. »Endlich...«
Nicht weit entfernt – vielleicht drei Kilometer Luftlinie – sah er gezackte Silhouetten, die an dem schmalen Strandstreifen aus Bäumen und Büschen hervorragten. Die Überreste einer Stadt.
Offenbar bewohnt , erkannte der Mann aus der Vergangenheit, denn auf dem Wasser vor der Siedlung schwammen zahlreiche kleinere und größere Boote, die entweder gerade ausliefen oder auf die zwei weithin erkennbaren Landungsstege zuhielten. Genau das, was wir jetzt gebrauchen können.
Der spätsommerliche Tag hatte sie mit viel Sonnenschein und heißen Temperaturen begrüßt. Glücklicherweise funktionierte die Klimaanlage des Amphibienpanzers einwandfrei, ansonsten wären sie wohl in dem Metallungetüm gedünstet worden. Die Bordsysteme hatten einen kontinuierlichen Anstieg der Außentemperatur angezeigt, während es im Inneren konstant bei angenehmen zwanzig Grad geblieben war.
Aus einem der hinteren Segmente des Amphibienpanzers erklang ein unwilliges Knurren. Xijs Stimme war rau und schwach, aber mit hörbarer Anstrengung schaffte sie es doch, das beständige Summen des Gefährts zu übertönen.
»Bella Italia? Sonne, Sand und Meer?« Mit schlurfenden Schritten näherte sich die junge Frau dem Cockpit.
Matt warf einen Blick über die Schulter, während er weiter hangabwärts Richtung Wasser fuhr. Beim Xijs Anblick überlief es ihn eiskalt. Ihre Wangen waren eingefallen, ihre Augäpfel matt und trüb. Kraftlos und mit hängenden Armen ließ sie sich in den Beifahrersitz fallen.
Sie sieht immer mehr wie eine lebende Tote aus, dachte er. Höchste Zeit, dass wir endlich Hilfe finden.
Seit dem Besuch in Schloss Neuschwanstein [1] wussten sie, dass Xij nicht etwa radioaktiv verstrahlt war wie vermutet. Sondern von den winzigen Splittern eines Daa’murenkristalls kontaminiert. Was es nicht besser machte. Es zerfraß ihr langsam die Lunge
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