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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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    EINS
     
    »Ich will doch nur ganz kurz raus«, bettelte das Feenkind. »Auf den Ast unter dem Fenster. Ich fliege auch nicht weg und erzähle niemandem davon, versprochen.«
    » Ach Bryony, du we iß t d och, dass das nicht geht.« Winkas Stimme kam von hinter dem Nähtisch. Sie nuschelte, weil sie den Mund voller Nadeln hatte. Ihre roten Haare hatten sich aus dem Haarknoten gelöst und fielen in widerspenstigen Locken nach unten, ihre Wangen waren von der drückenden Hitze im Zimmer gerötet. »Niemand von uns darf das. Es ist zu gefährlich.«
    »Aber die Sammlerinnen sind ständig draußen«, erwiderte Bryony. »Und Dorna auch.«
    »Dorna ist die Jägerin der Königin«, erklärte Winka ungewöhnlich streng. »Ohne sie und die Sammlerinnen müssten wir alle verhungern. Und sie gehen nur raus, wenn sie müssen, und bleiben nicht länger als unbedingt notwendig. Und wir beide müssen überhaupt nicht raus, also.«
    Bryony sprang auf, zog einen Schemel zum Fenster und hüpfte darauf, um besser sehen zu können. Geradeaus sah sie nur Blätter und Äste. Aber wenn sie den Hals streckte und nach unten blickte, dann …
    »Setz dich sofort wieder hin, Bryony«, rief Winka ärgerlich. »So kommt überhaupt keine frische Luft mehr durchs Fenster.«
    Bryony schnitt eine Grimasse und ließ sich wieder auf ihrenStuhl fallen, eine wacklige Konstruktion aus Zweigen und getrocknetem Gras, die sich anfühlte, als könnte sie jeden Moment auseinanderfallen. »Aber hier drinnen ist es so heiß«, beschwerte sie sich. »Und so hässlich.« Das Zimmer, das sie mit Winka teilte, war wie alle Zimmer der Eiche eng und hatte kahle Wände und klobige Möbel. Ganz anders als der Garten mit seinem samtgrünen, von Büschen gesäumten und mit bunten Blumen gesprenkelten Rasen, den sie durch das offene Fenster gesehen hatte. Der war wirklich schön.
    »Mach doch einen Besuch unten in der Küche«, sagte Winka abwesend. Ihr Blick war unverwandt auf den Saum gerichtet, den sie mit Nadeln feststeckte. »Wie ich höre, haben die Sammlerinnen heute Morgen ein Bienennest gefunden. Wenn du beim Geschirrabtrocknen oder Kehren hilfst, geben sie dir vielleicht ein Stück Honigwabe dafür.«
    »Ich hab keinen Hunger.« Außerdem war Malve in der Küche, und niemand würde es wagen, Bryony unter den Augen der Chefköchin eine Süßigkeit zuzustecken. Außer vielleicht die gütige alte Ampfer, die immer recht zerstreut war – aber die hatte Bryony schon seit Tagen nicht mehr gesehen.
    »Dann putz doch den Spiegel«, schlug Winka vor.
    Bryonys Gesicht hellte sich auf. Der bodenlange Spiegel mit seinem holzgeschnitzten Gestell war der einzige schöne Gegenstand im Zimmer, ein Überbleibsel aus der Zeit der Magie. Er hatte der früheren Näherin gehört, Bryonys Eimutter und Namensschwester. Bryony hatte schon viele Stunden davorgestanden und ihrem Spiegelbild flüsternd Geheimnisse anvertraut. Da es in der Eiche keine anderen Kinder gab, kam das weißhaarige Mädchen im Spiegel einer Spielkameradin am nächsten.
    Bryony stand auf und ging zum Spiegel. Doch wieder blieb ihr Blick am Fenster hängen. Zwischen den Ästen der Eiche leuchteteblau der Himmel und eine Brise strich mit einem verheißungsvollen Rauschen durch die Blätter. Wie gern hätte sie den Wind auf der Haut gespürt! Ein Rotkehlchen landete auf einem nahen Ast und sah sie mit schräggelegtem Kopf an. Bryony verspürte plötzlich den unwiderstehlichen Drang, durch das Fenster zu steigen und ihm auf den Rücken zu springen. Zusammen würden sie weit weg fliegen, an einen Ort, an dem es nicht gefährlich war.
    Das Rotkehlchen stieg flatternd auf und verschwand. Wieder eine Gelegenheit verpasst, dachte Bryony. Bittere Enttäuschung überkam sie. »Das ist ungerecht«, schimpfte sie. »Warum dürfen wir nie raus? Nur weil die Königin es für gefährlich hält. Woher weiß sie das? Sie verlässt die Eiche doch auch nie!«
    Winka nahm hastig die letzte Nadel aus dem Mund und sah Bryony erschrocken an. »Natürlich nicht! Sie ist die Einzige, die unser Leben hier sichern kann, seit wir anderen unsere Zauberkraft verloren haben. Ohne ihren Schutz würde die Eiche welken und eingehen und alle möglichen schrecklichen Tiere kämen zu uns herein und würden uns fressen. Die Königin geht nicht nach draußen, denn wenn ihr etwas passiert, wäre das unser aller Ende!« Winkas Stimme zitterte, als sei die Katastrophe bereits im Anmarsch.
    Bryony lehnte sich gegen den Fenstersims und betrachtete den

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