45 - Die Banditen von Antares
hallten durch das Gemach. Flehen um Beistand, brüchige Warnungen vor Dolchstößen in den Rücken, Aufschreie, wenn Stahl brutal etwas aufschlitzte, alles vereinigte sich zu einer häßlichen Melodie des Todes.
Langsam gewann ich die Überzeugung, daß wir es schaffen konnten. Die meisten Werstings krochen davon, schleppten auf zitternden Beinen mühsam ihre blutüberströmten Körper dem Ausgang entgegen. Die Angreifer drängten heran, und wir stellten uns ihnen entgegen. Das klirrende Geräusch von Stahl auf Stahl, die schmerzerfüllten Schreie, das fließende Blut, der Gestank des Gemetzels – das alles machte mich krank.
Eine Stimme übertönte den Lärm.
»Notor! Halt durch!«
Lord Jazipur, Brannomars rechte Hand, führte einen Trupp frischer Kämpfer durch die Tür. Sofortige Verwirrung entstand, als die Stikitche die Waffen herumrissen, um sich dieser neuen Gefahr zu stellen, während wir uns ihnen von hinten mit rachedurstigen Klingen entgegenwarfen.
Der Kampf war bald zu Ende. Eine unheimliche Stille kehrte ein.
Wir starrten wie betäubt auf die schreckliche Schlächterei. Ein paar Körper zuckten und wanden sich. Langsam drang das Kreischen und Stöhnen der Verwundeten in unser Bewußtsein, und wir begriffen, daß die Stille allein in unseren Köpfen existiert hatte, und zwar als Folge des Schlachtenlärms.
Einige der Überlebenden sanken keuchend und mit weitaufgerissenen Augen auf die Knie, von der Freude überwältigt, noch am Leben zu sein. Brannomar stand aufrecht und blutbespritzt da. Er sah Lord Jazipur an.
»Sei willkommen. Ich hatte dich früher erwartet.«
Jazipur vollführte eine seiner graziösen Gesten, die die Männer umfaßte, die er mitgebracht hatte. Es war eine Patrouille der Garde.
»Es war niemand sonst zu finden, Notor. Ich hatte Glück, so schnell einer Patrouille über den Weg zu laufen. Ich bin froh, dich lebend vorzufinden.«
Brannomar nickte. »Wo ist dieser Schurke Fangenun?«
Ein Jiktar, der noch immer seine Klinge säuberte, meldete sich schneidig zu Wort. »Er befindet sich nicht unter den Toten oder Verwundeten, Notor. Er muß entkommen sein.«
»Sein Tag wird kommen.«
»Er ist Ortygs Mann«, sagte ich. »Der junge Prinz ist ein Narr, wenn er ...«
Brannomar unterbrach mich ernst. »Ja, aber die Geduld hat ihn verlassen. Als ihm der Palast auf den Kopf fiel, hat er eine Entscheidung getroffen.«
»Und Khon der Mak?«
»Nach dem von ihm und seinem Zauberer verursachten Erdbeben mußte er aus der Stadt fliehen. Er hat allen sein wahres Gesicht enthüllt.«
Aha – es war Bewegung in die Ereignisse gekommen. Meine Aufgabe für die Everoinye blieb bestehen. Brannomars nächste Worte raubten mir den Atem, und das Blut drohte mir in den Adern zu gefrieren.
»Hyr Kov Khonstanton hat sich zu den Inseln der Chuliks begeben, um dort ein Heer aufzustellen. Prinz Ortyg hat sich verräterischerweise mit dem König von Caneldrin verbündet. Sie beide werden Heere gegen Prinz Tom und mich ins Feld führen. Sie haben den letzten Schritt getan, um einen offenen Krieg anzufangen.«
Das Entsetzen, das mir mein unverdientes Schicksal einflößte, stieß mich in eine Dunkelheit, die schwärzer als der Mantel des Notor Zan war.
Das südliche Balintol stand kurz davor, von Heeren in Stücke gerissen zu werden, wenn Fraktionen und Kämpfer in dem größenwahnsinnigen Verlangen nach Macht aufeinanderstießen. Krieg und Bürgerkrieg verhießen eine düstere, blutrote Zukunft.
Und die Herren der Sterne hatten mir befohlen, den Kontinent zu vereinen! Ein Versagen würde mich vierhundert Lichtjahre weit fortschleudern – nein! O nein! Bei allen Mißbildungen und Krankheiten Makki-Grodnos und der Heiligen Dame von Belschutz! Das würde ich nicht zulassen.
Irgendwie mußte es mir, dem einfachen Seemann Dray Prescot, gelingen, diese Situation zu retten. Man mußte mit diesen Narren reden, ihnen die Köpfe aneinanderschlagen, damit sie sich gegenseitig halfen, statt sich zu bekämpfen. Es mußte ein Weg gefunden werden.
Mein Val! Meine Zukunft bestand aus beinahe unmöglichen Aufgaben, die einer Lösung harrten. Um meinetwillen und vor allem um Delias willen, ohne die alles nur Staub und Asche war, mußte getan werden, was zu tun war.
»Selah!«
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