5. Die Rinucci Brüder: In Neapel verlor ich mein Herz
richtigen Worte zu finden, um dich zur Einsicht zu bringen“, erwiderte sie.
„Ich musste von allein zur Besinnung kommen“, stimmte er ihr zu. „In dem Moment, als ich dich mit Matti auf dem Arm vor mir zu sehen meinte, habe ich es endlich begriffen, auch wenn er in Wirklichkeit nicht da gewesen ist.“
„Nein, er ist zu Hause bei deinen Eltern. Doch irgendwie war er bei mir, oder ich war bei ihm, wie du willst.“
Er nickte langsam. „Bei mir auch. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass er zu mir gehört.“ „Und du gehörst zu ihm“, erinnerte sie ihn.
„Lass uns nach Hause fahren“, bat er sie und nahm ihre Hand.
Bei ihrer Rückkehr kamen Hope und Toni mit Matti zur Haustür heraus und gingen langsam die Treppe hinunter.
Ruggiero beugte sich zu dem Jungen hinunter und hob ihn hoch. „Wir haben es geschafft“, sagte er rau.
Polly hielt sich zurück und beobachtete die beiden mit wachsender Freude. Dann wechselte sie mit Hope und Toni einen bedeutungsvollen Blick. Während Ruggiero mit Matti im Garten spielte, reifte ein Entschluss in ihr …
Am Abend fand Ruggiero sie auf der Terrasse und setzte sich zufrieden lächelnd neben sie. Polly atmete tief durch, ihr Entschluss stand fest. „Dass Matti und du euch nähergekommen seid, macht mir meine Entscheidung leicht.“
„So, wie du das sagst, klingt es beunruhigend.“
„Ich muss nach Hause, zumindest eine Zeit lang.“
„Heißt das, du kommst zurück?“
Sie zögerte kurz. „Das weiß ich noch nicht. Ich brauche Abstand, und du solltest jetzt erst einmal mit Matti allein sein. Ich bin hier nur im Weg.“
„Unsinn. Ohne dich wäre ich nicht da, wo ich bin.“
„Um weiterzugehen, benötigst du keine Krankenschwester.“ Sie lächelte ihn an. „Wenn du eine Hand brauchst, die dich hält, nimm Mattis, und geh mit ihm.“
„Der Junge braucht dich“, wandte er ein.
Hoffnung stieg in ihr auf, um gleich wieder zu schwinden, denn Ruggiero sagte nicht, dass er sie brauchte.
„Er wird auch ohne mich gut zurechtkommen, zumal er sich in seinem neuen Zuhause sehr wohlfühlt. Und er liebt Hope, Toni und dich.“
„Langsam gewöhnt er sich tatsächlich an mich …“
„Er wird dich in sein Herz schließen. Matti ist ein aufgewecktes Kind und dir sehr ähnlich. Das verbindet euch. Heute hast du einen ersten großen Schritt gemacht.“
Ohne sie anzusehen, antwortete er mit einem seltsamen Ton in der Stimme: „Du machst es nicht besonders gut, Polly.“
„Was willst du damit sagen?“, fragte sie alarmiert.
„Du machst genau das, was du mir einmal vorgeworfen hast: Du erzählst nicht, was du wirklich denkst. Also, was ist los?“
Sekundenlang befürchtete sie, dass er ahnte, was sie für ihn empfand, und sie dazu bringen wollte, es auszusprechen. Wäre es wirklich so schlimm, ihm meine Liebe zu gestehen?, überlegte sie. Doch dann fuhr er fort: „Vermutlich hat es etwas mit Brian zu tun, oder?“
„Ja, das hat es“, erwiderte sie, froh über die Ausrede, und atmete tief aus.
„Ich würde zu gern wissen, was du an ihm findest. Hat er keine Angst, dich zu verlieren?“ „Er ist Arzt, das habe ich dir doch gesagt.“
„Ja. Er ist so beschäftigt, dass er keine Zeit für dich hat. Zum Teufel mit ihm! Wenn er dich lieben würde, hätte er längst mit der Faust auf den Tisch geschlagen.“
„Nicht jeder Mann zeigt seine Gefühle, indem er … ausfallend wird.“
„So wie ich, meinst du, nicht wahr?“
„Das habe ich nicht …“
„Okay, du hast ja recht“, unterbrach er sie. „Nur, warum lässt er sich das alles gefallen?“
„Weil er weiß, wo ich bin und was ich mache“, erwiderte sie betont ruhig.
„Dann ist ihm auch bekannt, dass du bei mir bist.“
„Ja – bei einem Patienten.“
„Hast du ihm von mir erzählt? Weiß er, dass ich dich geküsst habe und du meine Küsse erwidert hast?“
„Das habe ich doch gar nicht getan“, protestierte sie. „Ich habe dich nur nicht weggestoßen, weil deine Rippen …“
„Ach so, du hast dich aus lauter Rücksicht von deinem Patienten küssen lassen. Machst du das bei allen Kranken so?“
„Hör auf damit!“, fuhr sie ihn an.
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich sogleich.
„Je eher ich nach Hause zurückkehre, desto besser ist es für alle Beteiligten.“ Polly stand auf und eilte davon. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie empfand tiefen Schmerz, Angst überkam sie, und die Versuchung, ihren Entschluss noch einmal zu überdenken, war
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