52 Verfuehrungen - Ein Paar Holt Sich Die Lust Zurueck -
kann aber keine passende Passage finden. »Ich glaube, ich mochte die zugrundeliegende Geschichte ihrer Unersättlichkeit«, sage ich. Und dann hätte ich eigentlich noch hinzufügen müssen: und die Vorstellung, von Scharen fremder Männer genommen zu werden. Aber ich tue es nicht. Vielleicht hänge ich doch zu sehr an der Mauer, die meine Fantasiewelt hermetisch abschirmt.
»Sollen wir es jetzt mit der Lektüre genug sein lassen?«, fragt Herbert. »Es ist ja schon spät.« Er schaltet das Licht aus, und ich fühle mich, als hätte ich versagt. Ihn hat das offensichtlich nicht angeturnt. Vielleicht weil ich nicht genug von mir preisgegeben habe.
Doch dann schiebt er sich in der Dunkelheit auf mich und beginnt, mich leidenschaftlich zu küssen. Als ich spüre,
wie sich sein steifer Penis in meinen Oberschenkel bohrt, schnappe ich nach Luft.
»Jetzt ist mir das Buch wieder eingefallen!«
»Mhm«, macht Herbert, der mit seiner Aufmerksamkeit ganz woanders zu sein scheint.
»Und zwar die Stelle in Cleaving, wo ihr Liebhaber es nicht erwarten kann, sie nach oben zu bringen, und sie es deshalb an der Wand des Flurs treiben. Mir gefällt die Vorstellung, dass jemand so scharf auf mich ist.«
Aber Herbert hört mir nicht wirklich zu.
Verführung Nr. 41
VERKEHRT HERUM
K ürzlich sagte Herbert völlig unvermittelt: »Weißt du was? Ich glaube, wir haben endlich gelernt, miteinander zu schlafen, ohne uns vorher zu betrinken.«
Ich finde das nicht ganz fair. In der Vergangenheit müssen wir doch auch schon nüchtern Sex gehabt haben. Erst in den letzten Jahren war der Alkohol die einzige Möglichkeit, diese lähmende Verlegenheit zu überwinden, die uns daran hinderte, den ersten Schritt zu tun. In diesem Jahr musste ich außerdem ganz schön oft zu einem beruhigenden Drink greifen, um eine Verführung in Angriff zu nehmen. So wie heute. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ohne eine ordentliche Portion angetrunkenen Mut überhaupt so weit hat kommen können. Oder doch, ich weiß es: Herbert hielt es tatsächlich für eine gute Idee. So ist es gewesen.
Ich bin kein großer Fan der 69. Das ist was für Teenager (zumindest für solche, deren Eltern gelegentlich ausgehen). Das
ist etwas, das toll klingt – wir kriegen beide Oralsex! Gleichzeitig! Boah! –, jedoch in der Praxis weniger hergibt als die Summe seiner Einzelteile. Die Position ist nicht besonders komfortabel, wie herum man sich auch immer verbiegt (aber dazu später mehr). Doch das ist noch nicht das Schlimmste. Nein, das wahre Problem ist die neuronale Überdosis. Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier jetzt gleich den Mythos der zum Multitasking geborenen Frau ramponiere – ich jedenfalls kann mich nicht gleichzeitig darauf konzentrieren einen Blowjob zu machen und einen Cunnilingus zu bekommen. Ich kann mich nur entweder dem einen oder dem anderen widmen. Entweder auf mein Vergnügen (was dann einen lahmen Blowjob zur Folge hat) oder auf seins (in diesem Fall gerät seine harte Arbeit völlig in Vergessenheit).
»Was bringt das denn?«, frage ich Herbert.
»Nun«, erwidert er weise, »du kommst doch immer, wenn wir die 69 machen. Manchmal weißt du wohl einfach selbst nicht, was gut für dich ist.«
Damit hat er Recht und auch wieder nicht. Ich bekomme Orgasmen, klar, aber nur von der kleinen, mechanischen Sorte, höflich und oberflächlich. Als wüsste nur meine Klitoris, was da gerade abgeht. Was ja durchaus auch in Ordnung ist. Aber ganz ehrlich: Ich mag es einfach sehr viel lieber, wenn wir es uns nacheinander machen.
Wie Sie inzwischen vielleicht schon erraten haben, ist Herbert ein riesengroßer Fan der 69. Wenn ich ihn ließe, würde er bei jeder Gelegenheit darauf zurückkommen. Das Ablenkende daran, das mich so stört, ist genau das, was ihm gefällt.
Es lässt ihn sein bewusstes Denken ausschalten. Er ist dann mit zwei Dingen beschäftigt, die er gerne gleichzeitig hat. Folglich bin ich nicht überrascht, als Herbert eine Verführung mit der 69 vorschlägt. Was meine Augenbrauen jedoch in die Höhe schnellen lässt, ist seine Wahl des Formats. »Ich möchte es so, dass du verkehrt herum vor mir hängst, mit deinen Beinen auf meinen Schultern«, sagt er.
Ich starre ihn nur an.
»Ich weiß natürlich, dass wir beide dazu nicht imstande wären.«
»Jaaaa?«
»Und deshalb habe ich mir eine fast ebenso gute Alternative ausgedacht, und zwar mit Hilfe des Sessels im vorderen Zimmer.«
»Ich sehe nicht, wie das funktionieren
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