58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
beiden wirklich aneinander geraten, so wird sich zeigen, wer den anderen niederringt.“
„Monsieur, Sie sind ein schlechter Patriot.“
„Wir befinden uns hier auf deutschem Boden. Man muß vorsichtig sein.“
„Pah! Wir sprechen unter uns, und niemand weiter ist zugegen. Ich bin so überzeugt, von dem Krieg zwischen Frankreich und Preußen und von unserem Sieg, daß ich von sehr weit herkomme, um dem Vaterland meine Kräfte anzubieten.“
„Vielleicht bringen Sie da ein Opfer, welches Sie später bereuen werden.“
„Ich werde es nicht bereuen. Ich bin stolz auf mein Vaterland, obgleich ich in demselben sehr unglücklich gewesen bin. Ich hasse die Deutschen, ich hasse sie.“
Sein schönes, großes, dunkles Auge schleuderte dabei einen Blitz, vor welchem man hätte erschrecken können. Dann fragte er:
„Sie sind wohl ein Freund der Deutschen?“
Fritz streckte behaglich seine starke, kräftige Gestalt, zog die Achseln empor und antwortete:
„Ich lasse alle Nationalitäten gelten. Ich bin kein Menschenfresser. Jedes Individuum und so auch jedes Volk hat die Berechtigung, zu existieren. Man verkehrt, wenn man ein gebildeter Mann ist, mit jedem Menschen höflich; in ganz derselben Weise verkehren so auch die Völker untereinander.“
„Was Sie da sagen, klingt ganz gut, ganz schön, ganz vortrefflich. Aber dazu gehört ein Blut, welches sehr, sehr langsam durch die Adern rollt. Sie sind nicht im Süden geboren?“
„Nein.“
„Nun, dann haben Sie keine Ahnung von der Glut unseres Pulsschlags. Wir Südländer lieben mit Feuer und hassen mit verzehrenden Flammen. Haben Sie einmal geliebt?“
„Hm! Ja!“
„Sind Sie verheiratet gewesen oder noch verheiratet?“
„Nein.“
„Haben Sie Kinder gehabt, schöne, liebe, herzige Kinder, die Ihre Abgötter gewesen sind?“
„Folglich auch nein.“
„Nun, dann dürfen Sie auch nichts sagen, dann müssen Sie schweigen; dann können Sie zwischen Frankreich und Deutschland nicht unterscheiden.“
Er war aufgesprungen und schritt erregt im Zimmer auf und ab. Er war der echte Typus des Südländers: schön, rasch, glühend, mutig, sogar herausfordernd, aufrichtig, unmittelbar, sich ohne Rückhalt und Bedenken gebend.
Fritz dagegen ließ ein breites, behagliches Lächeln sehen und fragte:
„Welchen Unterschied gibt es denn eigentlich zwischen diesen beiden? Ist das eine verheiratet und das andere nicht? Hat das eine schöne, liebe, herzige Kinder, die man wie Abgötter liebt, und das andere dumme, häßliche Kretins und Wechselbälge, welche nicht wert sind, daß man sie anblickt?“
„Sie übertreiben! Sie verstehen mich falsch! Wissen Sie, ich hatte eine Frau, ein Weib; sie war eine Deutsche. Ist damit nicht alles gesagt?“
„Ja. Man sagt, daß die deutsche Frau ein Muster der Treue, Häuslichkeit, Sparsamkeit und Unbescholtenheit sei, eine zärtliche Frau und eine liebevolle, verständige Mutter, die sich allerdings keine Abgötter erzieht.“
„Monsieur, da haben Sie mit schlechten Pferden gepflügt. Die, welche mein Weib wurde, trug allerdings einen französischen Namen, war aber trotzdem eine Deutsche. Ich liebte sie abgöttisch und –“
„Ah, wieder ein Abgott“, lächelte Fritz.
„Ja, sie war mein Idol. Ich sollte meinem Vater eine andere bringen; ich gehorchte ihm nicht, da ich diese Deutsche liebte, und wurde verstoßen.“
„Bloß deshalb, weil sie eine Deutsche war? Da möchte ich ein Wörtchen mit Ihrem Vater sprechen, aber im Vertrauen, so unter vier Augen, ohne Zeugen, damit man später nicht in Ungelegenheiten kommt.“
„Herr, er hatte recht.“
„Wieso?“
„Sie schenkte mir zwei Töchter, wahre Bilder, sonnige, liebliche Töchter –“
„Nun, das war ja sehr schön und lobenswert von ihr.“
„Hören Sie weiter. Eines Tages mußte ich verreisen. Ich blieb lange Zeit abwesend, monatelang, fast ein ganzes Jahr.“
„Das ist freilich unangenehm, wenn man die Seinen liebhat; das kann ich mir denken.“
„Als ich zurückkehrte, war meine Frau verschwunden.“
„Donnerwetter!“
„Und die Kinder mit.“
„Himmeldonnerwetter! Wohin?“
„Weiß ich es?“
„Haben Sie nicht gesucht und geforscht?“
„Monatelang, jahrelang, Tag und Nacht.“
„Und nichts gefunden?“
„Keine Spur.“
„Da haben Sie jedenfalls nicht richtig gesucht. Eine Frau und zwei Kinder verschwinden nicht, ohne so eine Art von kleiner Fährte zurückzulassen.“
„Sie hatte alle Ursache, jede Spur zu verbergen und
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