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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einen hocharistokratischen Eindruck und war ein wirklich schöner Mann. Sein Auge war feurig, und seine Bewegungen zeugten von Kraft und Gewandtheit. Seine Kleidung und Wäsche war die eines reichen Mannes, der sich zu tragen weiß. Er mochte vierzig oder wenig mehr Jahre zählen, hätte aber, um das Herz einer Dame zu erobern, getrost mit einem Jüngling in die Schranken treten können.
    Er las die Zeitung, langweilte sich jedoch offenbar, denn er legte das Blatt von Zeit zu Zeit fort und warf einen Blick zum Fenster hinaus. Während einer solchen Lesepause musterte er Fritz. Dieser schien einen befriedigenden Eindruck auf ihn zu machen, denn er erhob sich, schritt einige Male im Zimmer auf und ab und wendete sich dann mit der Frage an den Wachtmeister:
    „Entschuldigung, Monsieur, auch Sie scheinen hier nicht geboren zu sein.“
    „Nein. Ich bin hier fremd“, erwiderte Fritz sehr höflich.
    „Sind Sie aus dem Süden oder dem Norden?“
    „Aus dem Süden, Monsieur.“
    „Weit von hier?“
    „Nicht sehr.“
    „Dann sind Sie zu beneiden. Das Reisen ist zuweilen eine viel größere Anstrengung für den Geist als für den Körper. Die Einförmigkeit der Fahrt, die Gleichheit des Hotellebens ist geradezu schrecklich. Da sitze ich und warte, bis der Zug nach Metz abgeht. Welche Langeweile. Was tut man dagegen?“
    Seine rasche Sprache, seine ungeduldigen Bewegungen, das reiche, interessante Spiel seiner Mienen, alles dies zeigte den Südländer an.
    „Sie reisen nach Metz?“ fragte Fritz.
    „Nicht ganz. Ich steige in Thionville aus.“
    „Dorthin fahre ich zunächst auch. Ich bin aus Thionville, obgleich ich heute weiter fahre.“
    „Aus Thionville, Monsieur? Ah, erlauben Sie, daß ich mich zu Ihnen plaziere?“
    „Gewiß. Man langweilt sich zu zweien weniger.“
    „Mit welchem Zug fahren Sie?“
    „Halb zwölf.“
    „Ich ebenso. Ist Ihnen die Umgegend von Thionville bekannt?“
    „Einigermaßen.“
    „Kennen Sie den Namen Ortry?“
    „Ja. Es ist ein Schloß in der Nähe der Stadt.“
    „Wem gehört es?“
    „Einem Baron de Sainte-Marie.“
    „Wohnt dort nicht auch ein alter Herr, welcher Kapitän der Garde des ersten Kaiserreichs gewesen ist?“
    „Jedenfalls meinen Sie Kapitän Richemonte?“
    „Ja, diesen.“
    „Er wohnt allerdings auf Schloß Ortry.“
    „Ist er jetzt dort anwesend?“
    „Ja. Ich habe ihn erst gestern gesehen.“
    „Das ist mir lieb. Ich muß zu ihm. Sind Sie ihm vielleicht persönlich bekannt?“
    „Nein. Wir stehen einander ziemlich fern.“
    „Aber seine Verhältnisse kennen Sie?“
    „Nur vom Hörensagen.“
    „Ist er reich?“
    „Darüber wage ich nicht, ein Urteil zu fällen.“
    „Er soll ein großer Patriot sein?“
    „Das ist wahr; vornehmlich ein Feind der Deutschen.“
    „Das hörte ich. Man sagt, daß er sogar mit Personen des kaiserlichen Hofes in Verbindung stehe?“
    „Haben Sie dabei einen gewissen Namen im Sinn?“
    „Graf Rallion.“
    „Ja; sie kennen sich. Der Graf war jetzt einige Tage hier, wird aber heute abgereist sein.“
    „Wie schade.“
    „Sein Sohn, der Oberst, ist noch anwesend.“
    „Nun, das beruhigt mich. Es wurde mir erzählt, daß der alte Kapitän Richemonte den Mittelpunkt gewisser Agitationen bilde.“
    Bei dieser Frage blickte er Fritz durchdringend an.
    „Ja. Er versammelt alle um sich, welche sich auf einen Krieg mit Deutschland freuen.“
    „Sind Sie auch bei diesen Versammelten?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich nicht zu denen gehöre, welche sich überhaupt über einen Krieg freuen können, Monsieur.“
    „Aber man ist doch Patriot.“
    „Und kann dabei die schönsten Hiebe erhalten.“
    „Pah! Frankreich wird siegen!“
    „Möglich.“
    Fritz sagte das, indem er so gleichgültig mit der Achsel zuckte, als ob ihn das alles ganz und gar nichts angehe.
    „Möglich, sagen Sie?“ fuhr der Fremde fort. „Wahrscheinlich, ja, sogar gewiß ist es, daß Frankreich siegt. Wer das Gegenteil sagt, der kennt die Franzosen nicht.“
    „Und die Deutschen wahrscheinlich noch weniger.“
    Der Fremde fuhr ganz erschrocken auf.
    „Was!“ rief er. „Meinen Sie etwa, daß die Preußen den Franzosen überlegen seien?“
    „Was läßt sich da sagen? Sie haben sich noch nicht gemessen. Der Preuße hat sich mit dem Dänen und dem Österreicher gemessen und hat gesiegt. Der Franzose hat sich dem Österreicher, dem Russen, dem Mauren, dem Chinesen und Mexikaner als überlegen gezeigt. Nun aber lassen wir diese

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