63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
zu schaffen.“
„Gab er ihr auch das Gift auf deine Veranlassung hin?“
„Nein. Nun aber ist sie seine größte Feindin geworden.“
„Du meinst, daß sie ihr Geständnis nicht bereuen wird?“
„Nein. Sie wird von ihrer Rache nicht lassen.“
„Es war entsetzlich, was ich hörte! Armer, armer Vater! Ich sehe ihn noch im Blut vor mir liegen! Und weißt du, was mich am tiefsten betrübt?“
„Sage es, mein Leben!“
„Daß Robert wirklich verbrannt ist.“
„Noch glaube ich es nicht.“
„Sie sagte es doch!“
„Entweder weiß sie wirklich nichts, oder sie hat einen Grund, es nicht zu sagen.“
„Die Schmiede wissen es.“
„Sie werden es gestehen müssen. Ich werde überhaupt dafür sorgen, daß sie sich baldigst aller ihrer Geheimnisse entledigen. Wir haben noch so vieles zu besprechen, liebe Alma. Darf ich dich morgen besuchen?“
„O bitte, komm!“
„Und heute fahre ich dich heim?“
„Willst du denn, du lieber, lieber Mann?“
„Nicht gern!“
„Ah! Nicht? Warum?“
„Weil, so lange ich dich heimfahren muß, du an einem anderen Ort wohnst als ich.“
„Du meinst, ich sollte eigentlich bei dir wohnen?“
„Ja! Ich muß mich aber noch gedulden“. –
Ungefähr um dieselbe Zeit traten zwei junge Herren in ein Haus des Altmarkt. Die erste Etage desselben enthielt eine Weinlokalität, welche man mit dem Namen Kavalierkasino zu bezeichnen pflegte.
Sie stiegen die Treppe empor und klingelten an der Vorsaaltür. Ein Mädchen öffnete. Diese Person war sehr leicht gekleidet und von üppigen Formen, so wie sie von jungen Lebemännern zur Bedienung geliebt werden.
„Guten Abend, Anna!“ grüßte der eine.
„Guten Abend, Herr Leutnant!“ dankte sie, indem sie es duldete, daß er sie in den vollen Arm kniff.
„Bereits Versammlung da?“
„Fast vollzählig.“
„Schön! Komm, Hagenau!“
Der Genannte war jener Oberleutnant von Hagenau, welcher in Rollenburg das unglückliche Renkontre bei der Melitta gehabt hatte.
Sie traten aus dem Korridor zunächst in ein leeres Zimmer, wo sie ablegten. Dann öffneten sie die Tür zu dem nächsten Raum. Dieser war sehr komfortabel eingerichtet. Zehn oder zwölf Gäste saßen da, lauter junge Leute. Sie blickten auf, als die beiden eintraten. Einer rief:
„Donnerwetter! Hagenau! Ist's wahr?“
„Hagenau, der Kranich?“ fragte ein anderer. „Weiß Gott, er ist's! Mensch, wer bringt dich auf den glücklichen Gedanken, nach der Residenz zu kommen?“
„Ich selber!“ schnarrte der Lange. „Meine eigene Erfindung! Kinder, habt ihr was zu trinken?“
„Nur Punsch einstweilen.“
„Pfui Teufel! Das ist ein Gesöff für Hökerweiber, aber nicht für Kavaliere. Gebt doch mal da die Weinkarte her!“
Er setzte sich, wählte aus und bestellte. In kurzer Zeit saßen die Herren beim Wein anstatt beim Punsch. Das war so Hagenaus Eigentümlichkeit. Er hatte ja Geld, und das war ebensogut, als ob andere auch welches hätten.
Eine der Kellnerinnen machte sich an seinem Stuhl zu schaffen. Sie bemerkte seine gestickte und gespickte Börse und mochte ein gutes Trinkgeld ersehen. Darum lehnte sie sich an seinen Stuhl und legte ihm den Arm um den Nacken. Er drehte sich zu ihr um, sah sie prüfend an und fragte:
„Mädel, hast du dich gewaschen?“
„Natürlich!“
„So trockne dich an einem anderen ab, aber nicht an mir! Verstanden?“
Alles lachte.
„Der Gebrannte fürchtet das Feuer!“ stichelte einer.
„Geht das auf mich?“ fragte er.
„Nein, sondern auf die Melitta.“
„Haltet den Schnabel von dieser Aventiure, Kameraden! Das ist eine ganz hundsgemeine Angelegenheit.“
„Wie lange wird sie noch schweben?“
„Das weiß der Teufel! Unterdessen schweben auch wir, nämlich zwischen Hangen und Bangen. Soll mir nie wieder einfallen, eines Mädels wegen eine Flasche Wein zu riskieren.“
„Ist denn der Hausknecht tot?“
„Ja.“
„Und der andere, der fromme Schuster?“
„Der lebt, der befindet sich ganz wohl, einstweilen aber noch in Nummer Sicher. Wie da der Fürst von Befour dazukommen konnte, das ist mir auch ein Rätsel. Was hatte der dort zu suchen?“
„Vielleicht hatte er auch von der Venus gehört.“
„Unsinn!“
„Nun, sie wohnt ja bei ihm.“
„Aber mit ihrem Vater. Den hatte er angestellt. Übrigens, da fällt mir ein: Wißt ihr's von der Leda?“
„Natürlich! Es steht ja in den Blättern!“
„Oho! Was denn?“
„Daß sie gefangen ist.“
„Ja, das steht wohl darin, nicht aber,
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