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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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als Xanthippe, oder als Hexe, welche in der Fabel Kinder frißt.“
    Sie blickte ihn einige Augenblicke wortlos an; dann sagte sie, sich zur Ruhe zwingend:
    „Gut, ich will nicht du sagen, sondern Sie. Aber Sie müssen sich doch meiner erinnern. Sie haben doch den Tierarzt Ebert gekannt, den sie nur den Viehdoktor nannten?“
    „Pfui! Welch ein Wort! Aurora, mein Liebling, sei so gut und schaffe dieses Frauenzimmer fort!“
    „Sogleich!“
    „Nein, nicht sogleich“, fiel die Köhlerin ein. „Erst will ich diesen Schneiderssohn einmal fragen, welchen Grund er hat, so stolz zu sein. Kunstmaler nennt er sich? Ich verstehe davon gar nichts; aber das Herz hat er nicht auf dem rechten Fleck. Er hält sich für einen vornehmen Kerl und ist doch nicht wert, daß ich mit ihm rede. Mein Mann hier ist ein einfacher, armer Kohlenbrenner, aber auf ihn kann ich stolzer sein, als diese Lieblingsaurora auf ihren Arthur. Das ist es, was ich den beiden noch sagen will. Und nun adieu und Gott befohlen.“
    Sie wollte gehen; da aber stellte sich ihr der Maler schnell in den Weg und sagte zornig:
    „Was meint dieses Frauenzimmer? Was wäre ich etwa nicht wert, he?“
    Er fuchtelte mit dem langen Pinsel vor ihrem Gesicht herum. Sie lachte ihn an und antwortete:
    „Tun Sie sich nicht so groß, Sie Farbenkleckser! Gehen Sie mir aus dem Weg. Ich will gehen!“
    Das war ihm doch zu stark. Er trat ihr noch einen Schritt näher und rief voller Grimm:
    „Sie unverschämte Person! Ich werd –“
    „Gehen Sie zur Seite!“ unterbrach sie ihn.
    Und da er in seinem Zorn die Distanz nicht beachtete und ihr mit dem Pinsel in das Gesicht kam, zog sie ihm denselben aus der Hand und warf ihn zur Seite, traf aber damit die Venus, welche einen großen Klecks in das Gesicht bekam. Das verdoppelte seinen Zorn.
    „Was wagen Sie!“ brüllte er. „Sie vergreifen sich an mir! Sie verschimpfieren mir meine Kunstwerke! Ich werde Sie bestrafen, ich werde Sie züchtigen, so, wie Sie es verdienen!“
    Er faßte sie am Arm. Aber in demselben Augenblick setzte sie ihren Korb nieder, ergriff den Maler mit beiden Händen und schleuderte ihn über die Stube hinüber. Dort lehnte ein Bild in der Ecke, an welchem vor kurzem der letzte Pinselstrich getan worden war. In dieses Bild kam er so unglücklich zu sitzen, daß er hindurchfuhr.
    Da bemächtigte sich seiner ein namenloser Grimm. Er raffte sich auf, sprang auf sie zu und holte zum Schlag aus. Da aber hatte ihn auch bereits der Köhler gepackt.
    „Hören Sie, Herr Kunstmaler“, sagte er, „ich bin bis jetzt ruhig gewesen. Meine Frau lasse ich mir nicht schlagen. Verstanden? Machen Sie Platz, daß wir gehen können. Warum stellen Sie sich uns in den Weg!“
    „Gehen?“ schäumte der Ballettmeister. „Nein. Sie müssen bleiben, bis die Polizei kommt. Aurora, eile, laufe!“
    Dieser Befehl war gar nicht nötig, denn seine Frau war längst fort, um Polizei zu holen. Der Maler wollte den Köhler festhalten. Dieser meinte lachend:
    „Was? Sie wollen mich halten, Sie Schuljunge Sie? Da, fliegen Sie fort!“
    Er gab ihm einen Stoß, daß er sich auf eine große Terpentinflasche setzte, mit welcher er hinstürzte. Der Maler aber kannte sich selbst nicht mehr. Er brüllte, so laut er konnte und faßte den Köhler wieder an, sich fest an ihn hängend, damit er nicht fort könne.
    „Polizei! Hilfe! Hilfe! Aurora! Aurora!“
    „Gleich, Arthur, gleich!“ erscholl es.
    Die Türen wurden heftig aufgerissen und die Malerin kam mit einem Schutzmann herbei.
    „Was geht hier vor?“ fragte dieser.
    „Hausfriedensbruch! Hausfriedensbruch!“ rief der Maler.
    „Wieso?“
    „Sehen Sie jenes Bild? Das Weib hat mich hineingestürzt. Sehen Sie den Klecks auf meiner Venus? Das Weib hat den Pinsel darauf geworfen. Sehen Sie die umgestürzte Terpentinflasche? Dieser Mensch hat mich auf sie geworfen. Ich verlange, daß beide arretiert werden!“
    „Warum vergreifen Sie sich an dem Herrn Ballettmeister?“ fragte der Polizist die beiden.
    „Wir uns an ihm?“ antwortete der Köhler. „Das ist wohl anders. Er hat sich an uns vergriffen.“
    „Lüge!“
    „Wir wollten gehen; er aber wollte meine Frau festhalten. Darum wehrte sie sich.“
    „Warum wollte er sie halten?“
    „Um ihr Grobheiten sagen zu können.“
    „Das ist mir unverständlich. Wer sind Sie?“
    Der Köhler erzählte ihm den Hergang nach seiner Weise. Der Maler und dessen Frau gaben ihre Kommentare nach ihrer Weise und verlangten die Arretur. Der

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