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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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natürlich, daß sie, weil er am Weg gestanden habe, den ungebahnten Berg hinabsteigen wolle, nur um ihm zu entgehen. Ja, er wollte ihr nach. Wenn er sie jetzt entkommen ließ, so machte sie wohl jedenfalls alle Gelegenheit für ihn, sie allein zu treffen, zunichte.
    Eben wollte er auch in die Sträucher eindringen, als er zu seinem Erstaunen seine Nichte daraus hervortreten sah.
    „Was machst da drin?“ frage er sie.
    „Ich bin spazieren west.“
    „Weilst aus dera Kapellen fort mußt hast. Daran war die Kronenbäuerin schuld. Hast sie nicht soeben hier sehen?“
    „Ja. Da drinnen steht sie.“
    Sie deutete zurück.
    „Sie steht? Sie läuft nicht abwärts?“
    „Nein.“
    Jetzt hörte er Fritzens Stimme.
    „Donnerwetter!“ sagte er. „Sie ist nicht allein. Wer ist bei ihr?“
    „Der Fritz, ihr Knecht!“
    „Der! Wie kommt der hier herauf?“
    „Sie hat ihn bestellt, damit er sie nach Haus begleiten soll.“
    „Ist's wahr?“
    „Jawohl.“
    Seine Augen begannen zu funkeln.
    „Woher weißt das?“ fragte er sie.
    „Er selber hat es mir gesagt. Wir sind ganz zufällig mitnander zusammentroffen und haben mitnander sprochen, als jetzund die Bäurin dazukam.“
    Er glaubte, die Situation zu durchschauen. Er lächelte grimmig vor sich hin und fragte:
    „Hast ihn wirklich nur ganz zufällig troffen?“
    „Wie sonst?“
    „Ihr habt euch nicht bestellt?“
    „Nein. Wann wir uns bestellt hätten, hätt ich mich doch nicht in die Kapellen setzt. Und du wirst wohl selber wissen, daß mich nur die Kronenbäuerin daraus vertrieben hat.“
    „Ja, das hab ich sehen. Also, sag aufrichtig: Er ist nicht etwa dein heimlicher Geliebter?“
    „Was denkst von ihm! Alle Welt weiß, daß er kein Dirndl hat.“
    Aber mit jener weiblichen angeborenen Schlauheit, welche selbst das unverdorbenste Mädchen besitzt, fügte sie hinzu, indem sie lustig auflachte:
    „Das, was jetzund sagt hast, das hat auch die Kronenbäuerin denkt. Sie hat glaubt, daß ich sein Dirndl bin.“
    „So! Ist sie mißtrauisch gewest? Da hat sie sich wohl sehr darüber freut, daß sie dich bei ihm sehen hat?“
    Er hielt das Auge so scharf auf sie gerichtet, als ob er von ihrem Gesicht die Antwort ablesen, noch ehe dieselbige ausgesprochen worden war.
    „Darüber freut? Das hab ich halt nicht bemerkt. Sie hat sehr zornig tan.“
    „Ach so! Sie hat ihm doch gar nix zu befehlen und zu gebieten.“
    „Das mein ich wohl auch, aber dennerst ist's grad wie eine Furie gewest, so daß ich gleich fortgangen bin; aber vorher hab ich ihr sagt, was ich von ihr denk.“
    „Was denn? Was hast sagt?“
    „Sie hat wohl meint, daß er kein Dirndl nehmen darf, ohne daß er sie zuerst um die Verlaubnissen darum bittet. Da hab ich ihr aber gleich sagt, daß ich von ihr keinen Buben nehmen möcht, grad aus der ihrigen Hand erst recht nicht.“
    Sie legte auf diese letzten Worte einen ganz besonderen Nachdruck. Das fiel ihm auf. Er zog die Brauen erwartungsvoll empor und fragte:
    „Warum denn das nicht?“
    „Weil sie nicht diejenige ist, aus deren Hand ein Dirndl den Buben so erlangen kann, wie er sein muß.“
    „Ach so! Und wie soll er denn sein?“
    „Gut und brav. Er darf nicht zuvor mit einer anderen schameriert haben, besonders nicht mit einer verheirateten Frauen.“
    „Wie meinst denn das? Redest da etwa von dera Bäuerin?“
    „Natürlich! Von einer anderen doch nicht.“
    „Könnt man vielleicht aus ihrer Hand keinen braven Buben erhalten?“
    „Nein, denn sie hätt ihn vorher verdorben.“
    „Schau, was da sagst! Davon hab ich noch gar nix wußt. Kennst denn die Bäuerin gar so genau?“
    „Oh, die kenn ich schon!“
    „Woher?“
    „Vom Wald her.“
    „Hast sie im Wald sehen?“
    „Oft.“
    „Ich noch nicht. Was tut sie da?“
    Sie warf ihm einen lächelnden Blick zu und antwortete:
    „Sollst sie wirklich noch nicht dort sehen haben? Das tät mich gar sehr wundern.“
    „Warum?“
    „Nun, weilst doch der Förster bist, der stets im Wald sein muß. Da kannst sie doch viel eher treffen als ich.“
    „Ich hab sie aber noch nie troffen.“
    „So hast sie wohl sehen, sie aber wohl nur nicht erkannt.“
    „Die Kronenbäuerin werd ich doch wohl kennen!“
    „Des Nachts sind alle Kühe schwarz. Da ist's möglich, daß man selbst seinen allerbesten Freund oder die beste Freundin für eine andere Person hält.“
    „Des Nachts? Meinst etwa, daß die Bäuerin des Nachts in den Wald geht?“
    „Ja.“
    „Da wird sie sich hüten.“
    „O

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