71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
fort, langsam aber und zögernd. Er blickte ihr nach, bis sie hinter der Kapelle verschwunden war; dann murmelte er zornig:
„Verflucht! Sie hat uns beide erkannt. Sie weiß alles. Sie hat jedes Wort gehört, was von uns geredet wurde, und – da schlag doch gleich der Teufel drein! So ist es, wann man so ein erbarmungsloses, mildtätiges Herz hat und ein Waisendirndl zu sich nimmt. Das ist der Dank dafür! Und die Bäuerin hat's auf den Knecht absehen! Das weiß ich nun genau. Aber ich werd ihr das verbieten. Wart nur, Kätherl!“
Er trat nahe an den Busch heran und horchte. Er hörte die Bäuerin soeben sagen:
„Suche dir eine andere! Es gibt eine viel, viel hübschere da!“
Dann antwortete Fritz das, was er über die zweite Magd zu sagen hatte. Der Förster ahnte, was die Bäuerin beabsichtigte. Sie wollte den Knecht mit List dazu bringen, ihr eine Liebeserklärung zu machen. Dazu durfte es nicht kommen. Darum drang er jetzt in die Büsche ein und stand im nächsten Augenblick vor den beiden.
Seine Augen funkelten zornig. Er ließ den Blick von der einen Person auf die andere schweifen, und wollte sodann losbrechen. Aber die Bäuerin, welche von seinem plötzlichen Erscheinen keineswegs erschreckt worden war, warf ihm einen so drohenden Blick zu, daß er sich besann und nur sagte:
„Grüß Gott, ihr Leutln da!“
„Grüß Gott, Förster!“ antwortete der Knecht ruhig.
„Dank schön!“ sagte die Bäuerin. „Was willst da, Förster?“
„Nix.“
„So kannst wieder gehen.“
„O nein. Wirst mir's wohl derlauben, ein wengerl dazubleiben.“
„Wir brauchen dich nicht.“
„Das glaub ich schon. Aber es gefallt mir hier.“
„Mir nicht. Darum will ich gehen“, sagte der Fritz und drehte sich um.
„Bleib!“ gebot ihm die Bäuerin.
„Wirst mich wohl gehen lassen. Es gibt halt Leutln, deren Gesicht einem zuwider ist. Da ist's besser, man geht.“
Er ging. Sie aber rief ihm noch zu:
„Wart an der Kapellen. Ich komm gleich nach. Wir gehen mitsammen!“
Nun standen die beiden, sie und der Förster, abermals beieinander.
„Hast wohl gar horcht?“ fragte sie ihn.
„Nein, aber du.“
„Ich? Wo denn?“
„Hier.“
„So! Und wann denn?“
„Vorhin, als meine Nichte mit dem Knecht sprochen hat.“
„Ja, da hab ich horcht. Ich kam ganz zufällig dazu, als sie beinander waren.“
„Und was hast da hört?“
„Daß sie Liebesleut sind!“
„Das ist nicht wahr.“
„Meinst? Ich weiß es besser.“
„So! Ich glaub nicht, daß die Martha mich belogen hat. Sie hat mir sagt, daß sie nicht sein Dirndl ist.“
„So hat sie dich eben belogen. Ich weiß, was ich weiß.“
„Nun, so ist's auch kein Unglück.“
„Ach? Hättst wohl nix dagegen?“
„Gar nix.“
„Der Fritz wär dir wohl eben recht?“
„Gar sehr“, nickte er höhnisch.
„Das glaub ich wohl!“
„Bist etwa eifersüchtig?“
„Ich? Auf wen wollt ich es sein?“
„Auf meine Martha.“
„Auf die? Weshalb?“
„Weil sie den bekommen soll, den du selber haben willst.“
„Was fallt dir ein! Ich, den Knecht! Das ist halt ein Gedank, wie er gar nicht dümmer und alberner sein kann.“
„Ich halt ihn für einen sehr klugen.“
„So? Ich weiß gar nicht, obst der Mann bist, der mal einen klugen Gedanken haben kann.“
„Das ist ja eine große Ehr für mich. Warum aber machst Bestellung mit dem Knecht?“
„Bestellung? Davon weiß ich gar nix, kein einzig Wörtle.“
„Ist's keine Bestellung, wannst ihm sagst, daß er heraufkommen soll zur Kapellen, damit er dich abholen soll?“
„Nein, das ist keine Bestellung, sondern ein Befehl, den ich ihm geben hab.“
„Das ist ganz dasselbige. Schämst dich nicht, dich vom Knecht abholen zu lassen?“
„Schweig!“ fuhr sie ihn an. „Wer hat da vom Abholen zu sprechen! Ich will hinaus aufs Feld gehen, um nachzuschauen, was es für die jetzige Woch für Arbeit geben wird. Da muß er dabeisein.“
„So! Warum willst grad heut aufs Feld?“
„Hast etwa du was danach zu fragen?“
„Nein.“
„So halt auch das Maul!“
„Bekümmerst dich ja sonst nicht um die Felder, sondern läßt dem Fritz alles über. Warum also heut?“
„Weil es mir so gefallt.“
„Ja, und warum es dir grad heut so gefallt, das weiß ich auch.“
„So bist ein gar Gescheiter!“
„Man braucht nicht sehr klug zu sein, um das zu derraten. Bist nicht mehr mit mir zufrieden, und nun soll er an meine Stelle treten.“
„Und wenn's so wär, hättst
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