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Ach du lieber Schwesternschreck!

Ach du lieber Schwesternschreck!

Titel: Ach du lieber Schwesternschreck! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Zöller
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Skorbut.
    Von unten die Mamastimme, schon fast Alarmstufe: »Jo, komm runter!« Ich spiele taub. »Jo, komm runter!« Alarm! Papa ruft auch. Alarm! Ich muss mich stellen. Ich schaue in den Spiegel. Bin ich geschrumpft? »Jo!« Alarm! Gleich kommt die Explosion.
    Ich schnaufe. Kein Nasenloch zu, kein weher Hals. Ich muss etwas erfinden! Ich schleiche ins Bad - Niveacreme in die Nase, das scheint die einzige Rettung. Nur ein Nasenloch, klar.
    Ich schleiche hinunter. Senke den Kopf. Setz mich leise.
    »Geht’s dir nicht gut?«
    Ich nicke. Eine Träne fällt auf mein Brot. Echt nicht extra. Die ist echt. Mir ist ja schon zum Heulen wegen Skorbut und Bär. Aber mit wem kann man denn schon über die echten Probleme reden?
    »Fühlst du dich schlecht?«
    Ich nicke. Stimmt wirklich.
    Mama fühlt meine Stirn. Na, na. Sie schaut mir mitten in mein Gesicht. Ich schniefe. Das eine Nasenloch schnieft, genauer gesagt.
    »Lass ihn doch hier«, sagt Papa. Das ist das erlösende Wort. Ich könnt ihn umarmen. Mein Papa! Der hat Gefühl, der hat Durchblick. Das gehört wohl zu seinem Job. Oder ob er auch diese Krankheit gehabt hat? Skorbut.
    Ich stehe auf, geh nach oben. Leg mich ins Bett. Die anderen Zähne sind noch fest. Hole mein Stricken. Noch eine Woche hab ich. Dann muss er fertig sein, der Bär. Endgültig. Das gibt eine bittere Bärenwoche!
    Ich hole mein Lexikon: Skorbut. Ich hab ein Jugendlexikon und wenn ich in die 5. Klasse komme, soll ich ein großes kriegen. Superklasse!
    Skorbut kriegt man in Gefängnissen und bei Expeditionen und auf Segelschiffen.
    Ich muss stricken. Das ist wie Gefängnis. Ich rechne aus, wie viel Reihen pro Tag. Ungefähr 27. Das ist nicht zu schaffen, nicht für Jo. Ich muss einen Erwachsenen einschalten. Wenigstens für zehn Reihen am Tag. Ob ich meine Oma frage? Mein Bauch ist ja schon fertig. In der Mitte ist ein Loch. Peinlich. Ich hab gesagt, das wäre der Nabel. Aber die Mücke wollte das nicht gelten lassen.
    Ich lass meinen Nabel. Das tu ich hiermit kund.
    Ich hab übrigens eine Idee, wie ich meine Strickarbeiten verteile. Ich, der größte Alarmanlagenerfinder mit Skorbut, werde allen, die für mich zwei Lappen stricken, eine Alarmanlage bauen mit Lichtschranke und Signalton. Das schwöre ich bei allen sieben Geistern der Unterwelt.

     
    Ich hab angerufen! Zicke - Zacke - Hokuspokus: Oma Tilde strickt drei Lappen, hurra - gegen eine Alarmlichtschranke ohne Ton (sie erschrickt immer so, hat sie gesagt). Oder ich schenke ihr eine blaue Nelke. Ich hab nämlich einen Trick erfunden, wie man Blumen färbt. Mama hat unten weiße Nelken. Erst will ich mir eine herausnehmen, aber dann tu ich doch die blaue Tinte in das ganze Blumenwasser. In kürzester Zeit ist alles blau. Ich verdrück mich, denn Mama wird begeistert sein!
    Meine andere Oma ist ja tot. Schon ein paar Wochen. Und eine tote Oma kann nicht mehr stricken. Logo. Drei muss ich also stricken, drei Lappen, mein ich, dann bin ich fertig.
    »Organisation ist alles!«, sagt Papa auch immer. Und dann wird Mama wütend. Beide haben Recht, denke ich. Denn Papa hat keine Ahnung davon, dass man Babys wie Kitty nicht organisieren kann. Die sind das Pampers-Chaos auf zwei Beinen. Bleibt noch ein Lappen für mich. Das Rückenteil.
    Oma hat eben zurückgerufen bei Mama, ob sie das denn machen könne mit dem Lappenstricken. Sie hat ein schlechtes Gewissen. Ob man die Kinder dann nicht zu sehr verwöhnt. Mama meinte, das ginge wohl, weil ich ja alles andere mache, bis auf Englisch. Mama hat ja von meinem schlechten Test noch keine Ahnung!
     
    Ich hab eine neue Geheimsprache entwickelt:
     
    GT AB VWSC
    GT AB
     
    Wer’s nicht versteht, ist zu doof und soll nicht auf meinen gesammelten Zetteln herumschnüffeln.
     
    »Bist du denn jetzt krank oder nicht?«, fragt Mama. Sie hat das verdammte Fieberthermometer in der Hand. Sie setzt sich zu mir. »Miss mal!« Sie steckt es in meinen Mund.
    »Achtung, mein Zahn!« Wo soll ich nur so schnell Fieber herbekommen?
    »Ich muss mal ganz nötig.« Ich springe auf und stürze ins Badezimmer.
    »Pass auf das Thermometer auf!«, ruft Mama.
    »Ja, ja.« Ich pass auf das Thermometer auf. Und wie! Ich reibe es nämlich am Handtuch bis 38,3°C. Ab 39°C macht Mama Wadenwickel. Hilfe! Und dann lieg ich armes Schwein im Bett und kann nichts machen. »Ruh dich aus«, sagt Mama dann. »Du bist ja auch krank.«
    Außerdem versorge ich mein linkes Nasenloch noch mit neuer Niveacreme, sodass es jetzt komplett voll ist.

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