Adam - Die letzte Chance der Menschheit: Band 1 (German Edition)
Südafrika! Genau. Ich habe es über Land bis Agadir geschafft. Die Stadt gibt es noch. Allerdings … dort ist alles voller Flüchtlinge, die nach Südafrika wollen. Die zahlen für eine Passage mit ihrer letzten Habe und manche sogar mit Organen.«
Der Mann hatte hellgraue Locken und einen ebenso grauen Bart. Beides bildete einen auffallenden Kontrast zu seiner schwarzen Haut. Adam bemerkte erst jetzt im Licht der einzigen Glühbirne, dass dem Mann ein Auge fehlte. Der Brite wusste Adams Blick zu deuten und grinste.
»Augen sind besonders gefragt. In Agadir gibt es Hinterhofkliniken, die verpflanzen die im Nu an irgendeinen Bonzen. Ich hatte noch Glück. Manchmal holen sie sich die Ersatzteile auch ungefragt.«
»Wie ging es dann weiter?«, fragte Adam.
»Da war ein Franzose mit einer kleinen Yacht. Bernard hieß er. Genau! Bernard nahm mich und zwei weitere Männer mit an Bord.«
»Und wie haben Sie Ihr Gedächtnis verloren?« Adam hatte das sichere Gefühl, einer überaus wichtigen Sache auf der Spur zu sein.
Brian blickte wieder ins Leere. Seine Finger verkrampften sich. »Ich … ich weiß es nicht. Wir kamen gut voran. Hielten uns immer in Sichtweite der Küste.«
»Ihre letzte Erinnerung!«, drängte Virginia Zimunga.
»Ich war auf dem Boot.« Er schlug plötzlich mit beiden Fäusten auf die Tischplatte ein. »Ich war auf dem Boot! Mehr weiß ich nicht! Und jetzt bin ich hier!« Brian ächzte laut auf, und sein Kopf sank auf den Tisch.
»Er ist leer«, sagte Casablanca. »Seine Erinnerung wurde ab einem bestimmten Zeitpunkt gelöscht.«
»Was habt ihr bloß mit mir gemacht«, klagte Brian, ohne den Kopf zu heben. Sein ganzer Körper zitterte, als würde er unter Strom stehen.
Die Hexe legte ihm begütigend die Hand auf den Hinterkopf. »Verlasst den Raum. Ich kann das regeln.«
»Was haben Sie vor?«, fragte Adam erstaunt.
»Seine Erinnerung zurückholen. Raus jetzt.«
Virginia Zimunga nickte Adam aufmunternd zu. »Komm, ich bin sicher, sie wird es schaffen.«
***
Adam lehnte an der Wand und lauschte. Aus der ehemaligen Schiffsbibliothek drang kein Laut. Neben ihm stand Shawi. Sie hatte die Augen geschlossen und atmete hektisch ein und aus.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht.«
Adam hatte sie zuvor nur in Harare in einer solchen Stimmung erlebt.
»Die Kinder …«, flüsterte sie. »Es ist hier so schrecklich. Von allen Seiten fließt die Angst, die Hoffnungslosigkeit auf mich zu. Und Boshaftigkeit von Menschen, die andere quälen.«
Paco stieß Adam an und zeigte auf Shawi. »Ist sie so was wie eine junge Hexe?«
»Sie ist so etwas wie eine Gefühlsleserin«, erklärte Virginia Zimunga. »Das kann eine sehr schwere Bürde sein.« Sie legte den Arm um Shawi. »Wir werden gemeinsam lernen, wie du dich schützen kannst.«
Shawi umschlang auf einmal die Zauberin mit beiden Armen und drückte ihr Gesicht an Virginia Zimungas Brust. Adam betrachtete sie verdutzt. Sie wirkte immer so unnahbar, beinahe gefühllos.
»Es ist alles so sinnlos«, murmelte Shawi, und ihre Schultern bebten.
»Ist es nicht«, sagte die Zauberin leise. »Ist es nicht. Wir dürfen nur nicht aufgeben. Ihr jungen Menschen seid dabei so wichtig. Ohne euch würden wir wahrscheinlich verlieren.«
Adam musste daran denken, was Masuku ihm über Quinton offenbart hatte. Der Medizinmann glaubte fest daran, dass das Gute in diesen schweren Zeiten ein Gegengewicht zum Bösen schaffen würde. Das Gute – damit meinte er bestimmt auch Menschen wie Shawi.
Und ich?, fragte er sich. Trage ich auch dazu bei, dem Bösen, was uns umgibt, etwas Gutes entgegenzusetzen?
Die Kabinentür zur Schiffsbibliothek wurde geöffnet, und Adam schreckte aus seinen Gedanken auf.
An Casablancas rechter Hand war Blut. Er starrte sie an. »Was haben Sie getan?« Für einen Moment war er davon überzeugt, dass die Hexe den Briten umgebracht hatte.
»Nur, was nötig ist«, erwiderte Casablanca.
Adam stürmte hinter Virginia Zimunga und Shawi in die Kabine. Ehe auch noch Paco hineinschlüpfen konnte, verriegelte Casablanca die Tür von innen.
Brian lag mit entblößtem Oberkörper regungslos auf dem Tisch. Zu Adams Erleichterung machte er einen völlig unverletzten Eindruck.
Casablanca spreizte die Finger ihrer rechten Hand. »Das ist Kermes.« Es schien, als hätte sie Adams Gedanken erraten. »Ein roter Farbstoff, der aus Schildläusen gewonnen wird.«
Sie zeichnete mit der Farbe an ihren
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