Dunkles Spiel der Leidenschaft
Kapitel 1
Verlangen schlich sich in seinen
Körper und hämmerte rhythmisch in seinem Blut. Musik vibrierte und röhrte und
erfüllte die große Bar mit einer unruhigen, bezwingenden Melodie, die ebenso
düster und getrieben war wie er selbst. Die Klänge kamen tief aus seinem
Inneren und strömten durch seine Finger in die Gitarre, die er in den Armen
hielt, wie er eine Frau halten mochte. Seine Musik gehörte zu den wenigen
Dingen, die ihn noch daran erinnerten, dass er am Leben war und nicht zu den
Untoten zählte.
Er konnte die Blicke fühlen, obwohl er den Kopf nicht
hob. Er konnte die Atemzüge der Menschen hören, die Luft, die durch ihre Lungen
strömte wie das Rauschen eines Güterzugs. Er konnte hören, wie Blut durch ihre
Adern floss, ihn lockte wie eine liebliche Verführerin und seine Sinne
kitzelte, bis sein Verlangen so dunkel und unerbittlich wurde wie der Schatten,
der auf seiner Seele lag.
Sie tuschelten. Hunderte Gespräche, Geheimnisse,
Flirts, Bemerkungen, wie sie in Lokalen im Schutz der Musik geraunt wurden. Er
hörte jedes Wort klar und deutlich, während er mit der jungen, enthusiastischen
Band, mit der er auftrat, auf der Bühne stand. Er hörte das Wispern der Frauen,
die über ihn sprachen. Dayan, Leadgitarrist der Dark Troubadours. Sie wollten
aus ganz falschen Gründen mit ihm ins Bett gehen, und er begehrte sie aus
Gründen, die sie geängstigt hätten.
Das Lied war zu Ende. Die Menge tobte, stampfte mit
den Füßen und klatschte und jubelte ihnen begeistert zu. Dayan warf einen Blick
auf den Mann, der an der Theke wartete. Cullen Tucker zog eine Augenbraue hoch
und hob ein Glas Wasser. Was machen wir hier? Dayan deutete den Gesichtsausdruck des anderen mühelos, erlas seine Gedanken.
Was machten sie tatsächlich hier? Was hatte ihn dazu getrieben, in die Bar zu
gehen, seine Gitarre in die Hand zu nehmen und für die Gäste zu spielen? Sein
Auftritt würde nur unerwünschte Aufmerksamkeit erregen. Es war riskant. Sie
wurden gejagt, und doch hatte Dayan keine Wahl. Er musste in dieser Bar sein. Er wartete auf etwas... auf jemanden.
Dayans Finger griffen bereits einen anderen Rhythmus
auf, düster und brütend. Die Melodie ergriff Besitz von ihm und verlangte
danach, freigesetzt zu werden. Seine Stimme brachte die Menge zum Verstummen,
sie lockte, verführte. Er rief nach ihr und befahl sie zu sich. Seine Geliebte,
seine Gefährtin. Seine andere Hälfte. Er brauchte sie, um vollständig zu werden,
um die Gefühle wiederzufinden, die aus seiner Seele entschwunden waren, sodass
aus ihm allmählich eine leere Hülle in ständig zunehmender Dunkelheit wurde,
ein Geschöpf, das von dem Tier, das in ihm lauerte, bedroht wurde. Rette mich. Komm zu mir. Die Worte raubten der
lauschenden Menge den Atem, ließen Tränen in die Augen der Frauen steigen.
Sie drängten sich näher an die Bühne, ohne sich dessen
bewusst zu sein, ohne die Macht seiner Stimme und seiner Augen zu erkennen. Er
verführte die Menschen, schlug sie in seinen Bann, ein gefährliches Raubtier
auf der Jagd nach leichter Beute. Rette mich. Bitte
rette mich. Seine Stimme umschmeichelte sie, ging ihnen unter die Haut
und eroberte ihren Geist, sodass sie ihn wie gebannt anstarrten. Hunger regte
sich, eine Reaktion auf seine geschärften Sinne. Er ließ die Augen geschlossen,
um den Anblick der Menge auszuschalten, und verlor sich ganz in seinem Lied
für sie, seine Gefährtin, die Frau, die ihn retten konnte. Wo war sie?
Die Tür ging auf und ließ die Nachtluft herein, die
den Geruch von zu vielen, auf engem Raum zusammengedrängten Menschen vertrieb.
Es war das Geräusch eines Herzschlags, das ihn aufblicken ließ. Das Herz
schlug schwach und unregelmäßig und viel zu schnell. Dayan hob den Kopf, und
ihm stockte der Atem. Da war sie. Einfach so. Seine Lungen schrien nach Luft,
und seine Finger verloren den uralten Rhythmus. Sein Herzschlag begann, sich
auf den der Frau abzustimmen.
Dayan holte mühsam Luft. Ein Atemzug, dann noch einer.
Die Band starrte ihn unsicher an. Seine Finger zupften eine Melodie, die er
noch nie zuvor gespielt hatte, die aber immer tief in seinem Herzen
eingeschlossen gewesen war. Er nahm vage wahr, dass die anderen Musiker die
Melodie aufgriffen, doch er beachtete sie nicht. Er konnte den Blick nicht von
ihr wenden und beobachtete, wie sie stehen blieb, als ihre hellhaarige
Gefährtin mit ein paar Bekannten sprach.
Was stimmte nicht mit ihrem Herzen?
Seine schwarzen Augen verschlangen sie,
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