Aerzte zum Verlieben Band 52
dem Kletterlehrer. „Hi.“
Susan kannte ihn nicht. Trotz ihrer Panik bemerkte sie, wie toll er aussah. Die Augen von der Farbe geschmolzener Schokolade, dunkles Haar und sonnengebräunte Haut. Er erinnerte sie ein bisschen an einen Schauspieler, für den sie schwärmte und mit dem ihre Freunde in der Abteilung sie immer aufzogen.
„Ich bin Marco.“
Seine Stimme war noch toller als sein Gesicht. Mit einem ganz leichten Akzent, ausgesprochen sexy.
Da er sich vorgestellt hatte, sollte Susan nun auch etwas sagen. Doch sie brachte kein einziges Wort hervor.
„Sie heißen Susan, richtig?“
„Mmm.“
„Gut. Dann werden wir jetzt mal etwas zusammen singen.“
Was? Wie sollte Singen ihr wohl dabei helfen, ihre Füße zu bewegen?
„Wie wär’s mit Tom Pettys ‚Free Falling‘?“, schlug er vor.
Sehr witzig. Sie bedachte ihn mit einem finsteren Blick.
Marco lachte. „Wenigstens machen Sie das hier nicht mit dem Gesicht nach vorn, tesoro . Das ist doch schon mal ein großer Vorteil. Das Singen wird Sie ablenken und Ihnen helfen, bis nach unten zu kommen. Versprochen.“
Er klang sehr viel zuversichtlicher, als ihr zumute war.
„Wenn ich anfange, machen Sie dann mit?“
Susan nickte stumm und wurde dafür mit einem breiten Lächeln belohnt. Wären ihre Beine nicht so erstarrt gewesen, hätte sie sicherlich weiche Knie bekommen.
„Sehr gut, tesoro . Sie werden also mit mir zusammen singen. Dabei halten Sie mit der rechten Hand hinter Ihrem Rücken das Halteseil fest und machen nur einen kleinen Schritt rückwärts. Sie werden merken, dass Sie dabei ein kleines bisschen runtersinken. Aber keine Sorge, das ist nur die Spannung in den Seilen, die Ihren Bewegungen nachgibt. Das Halteseil wird Ihr Gewicht halten. Dann strecken Sie die rechte Hand seitwärts aus und fangen an, hinunterzugehen. Wenn Sie anhalten wollen, ziehen Sie die Hand einfach wieder hinter den Rücken. Klar?“
Wieder nickte sie.
„Prima. Kennen Sie den Song ‚Walking on Sunshine‘?“
Susan nickte erneut.
Lächelnd fing Marco an zu singen, und sie stimmte mit ein.
Beim ersten Refrain ermunterte er sie: „Jetzt einen Schritt nach hinten.“
Irgendwie gelang es ihr. Alles schien plötzlich zu schlingern, doch dann wurde es wieder stabil.
Marco sang immer noch, blieb bei ihr.
Ich schaff das.
Ihre Stimme klang zwar dünn, aber sie sang trotzdem. Und sie ging auf Backstein, Schritt für Schritt.
Hinterher hätte Susan nicht mehr sagen können, wie sie nach unten gekommen war. Doch schließlich erreichte sie den Boden. Ihre Beine und Hände zitterten so heftig, dass sie kaum das Gurtgeschirr öffnen konnte, um für den Nächsten Platz zu machen.
„Gehen Sie jetzt?“, fragte der Kletterlehrer.
„Ich?“ Es war schon eine Weile her, seit Marco sich zuletzt irgendwo abgeseilt hatte. Aber ein Gebäude mitten in London war wesentlich sicherer als die Klippen von Capri zu Hause. Immerhin brauchte er sich hier keine Gedanken wegen der steigenden Flut zu machen.
Er warf einen Blick auf die Uhr. Na ja, das hier war vermutlich fast genauso schnell wie der Lift. In der Hektik der Notaufnahme würden irgendwelche Knitterfalten in seinem Anzug sicher nicht weiter auffallen.
„Ich stehe nicht auf Ihrer Liste“, wandte er jedoch ein. „Dadurch wird sich Ihr Zeitplan verschieben.“
„Nicht so sehr, als wenn Sie Susan nicht geholfen hätten“, erwiderte der Kletterlehrer. „Also, dann sind Sie der Nächste?“
Eigentlich würde Marco erst in einer halben Stunde offiziell Teil des Teams in der Notaufnahme sein, und er hatte auch keine Sponsorenliste. Aber das war kein Problem. Er konnte sich ja selbst sponsern.
Er lachte. „Ja, okay. Danke.“
Rasch legte er das Klettergeschirr an, und sobald er über die Kante ins Nichts hinaustrat, spürte er den vertrauten Adrenalinstoß. Zum ersten Mal seit Siennas Tod fühlte er sich wirklich lebendig.
Als er unten ankam, war sein ganzer Körper von Adrenalin überschwemmt.
Die Erste, die Marco unten erblickte, war Susan. Die Frau, der er geholfen hatte, ihre Angst zu überwinden. Sie wirkte noch immer leicht benommen.
Er machte sich von dem Geschirr los. „Hey, alles in Ordnung?“, fragte er leise.
In Ordnung? Nein. Obwohl sie noch am ganzen Leib zitterte, schwindelte sie tapfer. „Ja.“
Dann blickte sie auf. Ein großer Fehler. Es war der tolle Mann von der Turmspitze. Er hatte gerade genau dasselbe getan wie sie, schien aber kein bisschen nervös zu sein. Er schwitzte nicht
Weitere Kostenlose Bücher