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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Der Tag war kalt, am grauen Himmel zeigte nur ein blendend weißer Fleck, wo sich die Sonne versteckt hielt, als die Scharfrichter des Prinzen einen schlanken Fichtenstamm zuschnitten, etwas länger als ein Mensch, das eine Ende dünn, das andere dicker.
    Das dünne Ende wurde angespitzt und eingefettet, dann ergriffen sie die Beine der Frau, die mit dem Gesicht nach unten dalag, schlangen Seile um ihre Knöchel und zogen sie weit auseinander. Ein Mann legte eine Satteldecke auf ihren Rücken und setzte sich darauf, damit sie sich nicht rühren konnte, während ein anderer ihre Handgelenke mit Lederriemen an zwei Pfählen festband, die ebenfalls weit auseinanderstanden. Sie schrie, und ihr Mund war blutig.
    »An diesem Tag, im achten Jahr der Herrschaft des Prinzen Wladimir«, intonierte der Stadtschreier, »wurde dieses Weib der Metscheraken für schuldig befunden …« und so weiter und so weiter.
    »Danica«, murmelte Thordis so leise, dass nur wir es hören konnten. »Sie heißt Danica.«
    Das hieß in der Sprache ihres Slawenstammes Morgenstern. Für sie würde es keinen Morgenstern mehr geben. Der Pfahl wurde in sie hineingetrieben; die Scharfrichter ignorierten ihr Schreien, sorgten aber dafür, dass ihre weißen Hinterbacken stets anständig bedeckt waren, während sie hämmerten und schoben, damit ihre Würde vor der
gaffenden Menge gewahrt blieb. Dennoch dauerte es nicht lange, bis ihr weißes Hemd aufreizend an ihrem Körper klebte, durchtränkt von ihrem Blut.
    Eine Pfählung ist keine einfache Grausamkeit, es ist eine Kunst, und Wladimirs Scharfrichter beherrschten ihr Handwerk.
    Der angespitzte Pfahl wurde langsam und mit Geschick in den Körper der Frau geschoben. Es war ein Scherz Lokis, dass sie die Kunst der Heiler nutzten, denn sie wussten genau, wie sie alle lebenswichtigen Organe umgehen mussten, die Lunge, das Herz und die Leber, auch wenn ihr Opfer zuckte und laut schrie. Sie hielten häufig inne, um Korrekturen vorzunehmen, kurze atemlose Verständigungen und Ratschläge unter Fachleuten, obszön und intim. Sie machten nur einmal eine Pause, um Sägespäne auf den blutigen Schnee zu streuen, damit sie nicht ausrutschten.
    Ein Schnitt mit dem Messer reichte, um dem Pfahl am oberen Ende des Rückens rechts vom Rückgrat einen Ausweg zu schaffen, was bewies, dass ihr Herz verschont geblieben war. Die Menge brüllte, und die gut gekleideten Edlen des Wetschen-Rats von Nowgorod nickten zustimmend mit den Bärten, dass Danica jetzt wie ein Ochse am Spieß steckte. Und noch am Leben war, wie es sich gehörte.
    Sie lösten die Seile und banden ihre Füße am unteren Ende des Pfahles zusammen, damit sie beim Aufrichten nicht nach unten rutschte. Ganz vorsichtig, damit der Körper nicht erschüttert wurde, ließ man den Pfahl in das Loch gleiten, das mit Erde zugeschüttet wurde. Als er mit Stützen stabilisiert wurde, fing es an zu schneien. Aber man war fertig. Alles war nach Recht und Gesetz der Wetsche ausgeführt worden.
    Ihre zusammengebundenen Füße hatten keine Stütze, sodass sie langsam und qualvoll von ihrem eigenen Körpergewicht
am Pfahl nach unten gezogen wurde. Es würde drei Tage dauern, bis die stöhnende, blutende Frau tot war, während sich der Schnee zu ihren Füßen rot färbte.
    Es war eine Kunst, die man bewundern musste. Eine Strafe, die selbst hartgesottene Zeitgenossen vor Missetaten zurückschrecken ließ in dieser Stadt, die von ihren Bewohnern Nowgorod die Große genannt wurde.
    Dennoch fiel es mir schwer, diese Kunst angemesssen zu würdigen, denn ich war als Nächster dran, und ich fragte mich, welchen Preis die Herrscher von Nowgorod akzeptieren würden, damit mir der Pfahl erspart blieb.
    Würde der Grabhügel mit allem Silber der Welt ausreichen?

Am Tag ehe wir die Pferde herunterbringen wollten, regnete es. Ich steckte den Kopf zur Tür hinaus, und an der Art und Weise, wie der Wind vom Meer her pfiff und alles vor sich her trieb, erkannte ich, dass es tagelang regnen würde.
    Drinnen rührte Thorgunna im Kessel über dem Feuer und legte Holz nach. Sie hatte ein verschmitztes Elfengesicht, dunkles Haar und war gebaut wie ein gutes Schiff, unsere Thorgunna, oder, wie Kvasir sich ausdrückte, sie war »eine Frau mit einem Bug«. Sie hatte eine Art, die Augenbrauen hochzuziehen und einen aus ihren schwarzen Augen anzusehen, dass es einen vernichten konnte. Wir waren aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, als Kvasir sie geheiratet hatte, und wie Finn bei der

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