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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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sie auch. Alberta hat immer Wort gehalten. Ich hing auf dem Flughafen herum von dem Augenblick an, an dem sie mit einiger Wahrscheinlichkeit ankommen konnte. Ich bin zu jeder Maschine aus London gegangen. Ich hatte ihr gesagt, ich würde sie am Kennedy-Flughafen abholen; ich hatte gesagt, ich würde warten. Und ich wartete.«
    Zum ersten Mal, seit Martin zu sprechen angefangen hatte, dachte Kate an Reed, der dies alles mithörte. Was würde er davon halten?
    Was hielt sie selbst davon? Ich habe nie zuvor eine Beichte abgenommen, dachte sie. Ich habe nie begriffen, warum Beichten so überzeugend sind; warum wir ihnen glauben; warum die Priester ihnen glauben und warum sie auf Video so realistisch scheinen, wie das nach Reeds Meinung sehr oft der Fall ist. Wir gehen durch das Leben und wissen so wenig. Martin, der sich wieder unterbrochen hatte, für einen großen Schluck und einen starren Blick aus dem Fenster, sprach weiter.
    »Ich hatte ein Zimmer im Flughafenhotel reserviert. Als sie an das Gepäckband kam, sah ich sie sofort, und es war, als hätte jemand einen Scheinwerfer auf sie gerichtet. Ich glaube, ich würde sie unter Tausenden von Menschen herausfinden, ich könnte sie überall finden. Sie sagte, sie hätte kein Gepäck aufgegeben, sie hätte nur die Umhängetasche, die sie bei sich trug. Ich führte sie in das Zimmer.
    Als sie so da stand und ich sie in die Arme nahm, begann ich zu weinen – laut zu heulen, meine ich –, so als könnte ich nie wieder aufhören. Sie hielt mich. Sie sagte nicht viel. Ich weiß nicht, was sie verstanden hat. Ich habe ihr all dies nicht gesagt, ich habe überhaupt nicht viel gesagt. Ich habe mit ihr geschlafen – du lieber Himmel, ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen, sie zu fragen, ob sie Hunger habe. Ich habe sie überhaupt nichts gefragt. Ich klammerte mich an ihr fest, als ob wir auf dem Meer wären und sie die einzige Sicherheit weit und breit. Dann schlief ich ein, und es war der erste gesunde Schlaf, den ich seit dem Tag gefunden hatte, an dem ich die beiden lachend in jenem verdammten Restaurant da gesehen hatte.
    Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen hatte, jedenfalls wachte ich auf, weil sie ›Martin, Martin‹ schrie und an meinen Armen zog. Ich war über ihr und würgte sie; ich versuchte, sie zu töten, und ich schlief dabei. Können Sie sich das vorstellen? Ich schlief und war dabei, sie zu töten. – In diesem Augenblick zerbrach etwas in mir.
    Ich wußte, daß jemand sterben würde, wenn ich nicht schrecklich notwendige Maßnahmen ergreifen würde – wo sind die Worte, die nicht billig klingen, die nicht in Hunderten von stumpfsinnigen Filmen und Büchern abgenutzt sind? Ich hatte keine Selbstkontrolle mehr. Sie haben sich also vorgestellt, ich hätte Alberta im Keller vergraben. So falsch lagen Sie da gar nicht. Ich hätte jemanden vergraben oder mich selbst umgebracht. -Alberta hat das verstanden.
    ›Was kann ich tun, Martin?‹ sagte sie. ›Sag mir doch, was ich tun kann!‹ Und ich sagte: ›Geh fort, weit fort, so weit, wie dich ein Flugzeug nur bringen kann. Und bleib’ da; komm’ nie wieder zurück.‹
    ›Wenn ich gehe‹, sagte sie, ›wie kann ich dann wissen, daß es Biddy und den Kindern gut geht, daß mit ihnen alles in Ordnung ist?‹ Ich sagte, es sei eine Abmachung. Und ich versprach ihr, daß ich es ehrlich meinte. Wenn ich wüßte, daß sie außer Reichweite war, au-
    ßer Reichweite eines jeden Menschen in meinem Leben, in irgendeinem Land, in das Biddy nicht gelangen könnte, wo sie sich nicht durch Zufall begegnen könnten, ja sogar auf der anderen Hemisphä-
    re, dann könnte ich damit fertigwerden. Dann könnte ich ihr versprechen, daß Biddy und den Kindern nichts passieren würde. ›Wohin soll ich gehen?‹ fragte sie, einfach so. Ich sagte ihr, daß es nicht sofort sein müsse, nur in absehbarer Zeit. ›Nein‹, sagte sie. ›Laß uns jetzt alles ausmachen. Aber wie soll ich das Ticket bezahlen?‹ Ich sagte ihr, ich könnte das mit meiner American-Ex-press-Card regeln.
    So verließen wir also das Hotelzimmer. Sie hatte kurze Zeit im Bad zugebracht, die einzige Vorbereitung auf eine Reise um die Welt.
    Ihre Flugtasche trug sie über der Schulter. Wir gingen zur Pan Am, einer geeigneten Fluglinie, wie uns schien, und da gab es einen Flug nach Indien, der in ein paar Stunden gehen würde. Wir kauften ihr das Ticket. Ihren Paß hatte sie bei sich. Wenn man das so erzählt, muß es völlig wahnsinnig klingen, aber

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