Alison Wonderland
und nach einem Plattencover sucht. Der Parkettboden im Bad ist weiß gestrichen; ich habe weiße Farbe an die Dielenbretter der Wände geklatscht und das Fenster ist rund wie ein Bullauge. Es soll der Eindruck entstehen, dass man von diesem Bad aus geradewegs ins Mittelmeer segelt. Ich höre Taron drinnen rumklappern und die Badezimmerschränke durchstöbern, während ich uns eine Tasse Tee mache.
Als sie zurückkommt, sage ich ihr, dass ich fünfundzwanzig Pfund pro Stunde für die Nachforschungen berechne. »Gut«, sagt sie. »Das ist ungefähr genauso viel, wie der Wahrsager haben will.« Der Garten liegt im Dunkeln. Ich öffne die Verandatüren und zünde Citronella-Duftkerzen an, die ich draußen auf den Tisch stelle, damit sie die Blumen sehen kann. In den Kübeln blühen Margeriten und Rosen. Winzige, herzförmige Blumen tropfen von den Zweigen des Tränenden Herzens in den Rabatten. Direkt daneben ziehe ich Schöllkraut, weniger wegen seiner Schönheit als wegen der charmanten Geschichte, nach der Alchemisten einst versuchten, aus seinem gelben Saft Gold zu gewinnen. Die Blütenblätter des Apfelbaums bedecken den Boden wie Konfetti.
»Ich war mal verheiratet«, erzählt mir Taron. Sie raucht eine Camel Lights. Ich kaue Kaugummi und rauche eine Marlboro Lights. Ich kenne niemanden, der noch normal starke Zigaretten raucht.
»Es war Sommer, wärmer als jetzt. Ich trug ein cremefarbenes Kleid. Er war Franzose, so wunderschön, dass er direkt einem Magazin hätte entsprungen sein können. Er trug einen cremefarbenen Anzug. Der Stoff ließ seine Haut wie Mokkaschokolade aussehen. Er hatte Konfetti im Haar, wie Blütenblätter. Ich wusste bis nach der Hochzeit nicht, wie sehr ich ihn liebte. Ich fing an, mir Sorgen zu machen, dass ich ihn verlieren könnte.«
»Was ist mit ihm passiert?«
»Ach ...«, winkte sie ab.
Ich habe Taron von dem Mann erzählt, mit dem ich Sex habe, aber ich erzähle ihr nichts von meinem Verehrer, weil das privat ist. Diese Liebe ist einseitig, sie besteht ausschließlich auf seiner Seite. Er ist mein Nachbar und lebt im Untergeschoss. Er sagt, dass er freiwillig im Untergeschoss wohne, obwohl es feucht und dunkel ist, weil er nämlich Erfinder ist, und weil das der passende Ort für einen Erfinder sei, so wie ein Dachgeschoss der richtige Ort für einen verhungernden Schriftsteller. Sein Erfindergeist ist derart, dass er sehr kleinen Dingen Aufmerksamkeit schenkt und so drückt er auch seine Liebe zu mir in Details aus, insbesondere in häuslichen.
Manchmal sitzt er bei mir in der Küche und verströmt aus jeder Pore Liebe, während ich Sachen aus der Zeitung vorlese, die mich zum Lachen bringen. An einem Tag las ich, dass viele Fälle von Lebensmittelvergiftung durch Vögel verursacht würden, die in die Deckel von Milchflaschen hacken, die vor den Haustüren stehen. Also erfand er für mich eine Flaschenabdeckung als Vogelabschreckungsmittel und legte sie auf meinen Treppenabsatz mit einer Narzisse darin. Als ich kapiert hatte, dass es sich nicht um eine hässliche Vase handelte, stand ich einige Tage lang mit jedem Tag früher auf, bis ich früh genug auf war, um den Mann von Unigate zu erwischen und ihn zu bitten, mir wieder Milch auszuliefern.
Geliebt zu werden ist eine riesige Verantwortung. Ich glaube, dass er bereits voll mit Liebe war, bevor er mich traf, und dass er lediglich einen Abnehmer gebraucht hatte. Als er mich sah, entschied er, dass ich diejenige sei. Es war, als wäre er im Schlaf verzaubert worden, so dass er sich in die erste Person verliebte, die er beim Aufwachen sah.
Als ich am nächsten Morgen, nachdem Taron mich besucht hatte, aufstand, sah ich, dass er mir wieder ein Gedicht geschrieben hatte.
DER ZUCKERGUSS AUF DEM KUCHEN
Manche Menschen essen den Zuckerguss auf dem Kuchen
und werfen das Marzipan weg
Doch mach ich das nie
Die harte Kruste von Zuckerstaub
Zu süß für mich
Die Mandelcreme
reich im Geschmack
Ist weicher auch
Manche Menschen essen den Zuckerguss auf dem Kuchen
und werfen das Marzipan weg
Doch mach ich das nie
Ich ziehe das Marzipan vor
Es erinnert mich an dich
Ich lege es zu den anderen. Es gibt Zeiten, da möchte ich wegen seiner Gedichte eine Schürze umbinden, ihm im Handumdrehen ein Mahl hervorzaubern und seinen zerbrechlichen Körper in meine weiblichen Arme nehmen. Dieses ist eines dieser Gedichte, aber ich bin nicht sehr gut im Kochen, also gebe ich ihm normalerweise Cornflakes, gesüßt mit Kondensmilch. Ich nehme ihn
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