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Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F Pusch
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Unwissende »lachhaften« Wort Keuschheitsgürtel ein mittelalterliches Folterinstrument für Frauen, mit Schmuck oder schwere Zierde ein lebenslängliches Folterinstrument für Frauen, das noch heute in Gebrauch ist (s. u.).

    Ich zitiere aus einem noch immer aktuellen, weil typischen Text, einem Paradebeispiel männlicher Imagepolitik mittels Löschung, Fusion, Verharmlosung und Verdrehung ( Frankfurter Rundschau, 19. 9. 1985):

    Kinder sexuell mißbraucht
    Bonn, 18. Sept. (AP) Wie das Bundesgesundheitsministerium [...] bekanntgab, wurden 1984 insgesamt 10.589 Fälle von sexuellem Mißbrauch an Kindern bekannt [...]
    »Sexueller Mißbrauch von Kindern ist ein Verhalten, bei dem der Stärkere sich in besonders verwerflicher Weise über den Schwächeren, dessen Rechte und Würde hinwegsetzt«, teilte Bundesfamilienminister Heiner Geißler mit. Es ist Aufgabe des Staates und der Gesellschaft, den Schwächeren, das Kind, vor Übergriffen dieser Art möglichst zu schützen. [...]
    Die Bundesregierung stellt [...] weiter fest, daß es zum Schutz der Kinder vor sexuellem Mißbrauch neben den Mitteln des Strafrechts auch eines wirksamen Jugendschutzes bedarf [...] Ebenso wichtig sei aber auch eine Erziehung der Kinder in Elternhaus und Schule, die bei der sexuellen Aufklärung Verantwortung und Partnerschaft betont.
    [...] verstärke die Regierung die Förderung der Familie, um durch Verbesserung der Lebensbedingungen von Familien und durch Unterstützung der Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe dazu beizutragen, daß die Kinder in der Gesellschaft weniger gefährdet seien.

    Es geht um den Sexualterror des männlichen Geschlechts gegen das weibliche Geschlecht, noch abscheulicher: um den Sexualterror von Männern gegen Mädchen (hier auch »der Schwächere« genannt!). Das muß frau aber schon wissen — aus dem Text erfährt sie es nicht. Es kommt weder das Wort Männer vor noch das Wort Mädchen. Die männlichen Täter verschwinden entweder in der syntaktischen Versenkung der Passivkonstruktion und verwandter Konstruktionen oder in den beide Geschlechter meinenden Wörtern Gesellschaft , Familie, Kinder, Eltern. Kinder (lies: Mädchen) sind nicht »in der Gesellschaft« gefährdet, wie es im Schlußsatz so beschönigend heißt, sondern ausschließlich durch den männlichen Teil dieser Gesellschaft.
    Verharmlosung: Der Ausdruck sexueller Mißbrauch impliziert, daß es auch eine angemessene Art des. Gebrauchs gibt, denken wir etwa an Alkoholmißbrauch, Tablettenmißbrauch. Beim sexuellen »Kinder«mißbrauch (lies: Mädchenmißbrauch) wurde die Sache halt nur ein bißchen übertrieben. Es empfiehlt sich aber maßvoller Gebrauch, sowohl von Alkohol als auch von Mädchen??
    Weiter erfahren wir, daß »sexueller Mißbrauch« von »Kindern« »ein Verhalten« sei. Kein Verbrechen, sondern ein Verhalten — ein interessantes Forschungsfeld für die Verhaltensforschung vielleicht? Die Statistik wird ja auch nicht etwa im Bundeskriminalamt geführt, sondern im Gesundheitsministerium!
    Verdrehung (u. a. mittels Fusion): Es ist bekannt, daß der sexuelle und sonstige Terror von Männern gegen Mädchen und Frauen überwiegend in der Familie stattfindet. Was empfiehlt daher der Familienminister? Die Förderung der Familie! Er empfiehlt auch eine sexuelle Aufklärung, die »Verantwortung und Partnerschaft betont«. Es ist sicher vernünftig, die angehenden Sexualterroristen an »Verantwortung und Partnerschaft« zu erinnern. Den angehenden Opfern ist damit allerdings kaum gedient. Sie müssen vielmehr, im eigenen Überlebensinteresse, so früh wie möglich radikales Mißtrauen und ständige Verteidigungsbereitschaft entwickeln. Es ist ja gerade der wirklichkeitsfremde Glaube an »Partnerschaft«, der Frauen und Mädchen immer wieder in die Falle lockt.

4 Sex — das Schlüsselwort bei der Vermarktung sexueller Gewalt gegen Frauen in den Medien

    In der scharfsinnigen und bestürzenden Analyse von Texten der Boulevardpresse, die Frauen vom Münchner Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen erarbeitet und am 13. April 1989 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt haben, kommt immer wieder das Wort Sex vor. Es wäre schon enorm viel gewonnen, wenn dieses Wort aus der Berichterstattung über Sexualstraftaten getilgt würde, wenn alle Zeitungsredaktionen es ächten und beschließen würden, es nicht mehr zu verwenden.
    Ich zitiere noch einmal aus der Analyse der Notruf-Frauen:

    Da ist verniedlichend die Rede von Sex-Gangstern und

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