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Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)

Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)

Titel: Alle müssen sterben - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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würde er ans Ende der Welt laufen. Er lief und lief, doch die Gedanken blieben nicht weit zurück, sondern waren immer dabei, traten aus seinem Windschatten, überholten ihn und stellten sich in den Weg, wenn er am wenigsten damit rechnete.
    So wie in Petersens Nachtclub, als er mit blutigen Händen Elena Kafka gegenübersaß, die seinen Bericht von einem Polizeiassistenten auf Band aufnehmen ließ.
    „Hat Ihr Partner mit Petersen zusammengearbeitet?“ Braun hatte diese Frage von Elena Kafka erwartet und nur verneinend den Kopf geschüttelt.
    „Gruber war mein Partner und ein guter Polizist“, hätte er sagen müssen, brachte es aber nicht über die Lippen. Das würde er später zu Elena Kafka sagen oder bei der internen Ermittlung zu Protokoll geben. Grubers Warnung auf seiner Mailbox hatte er schon früher gelöscht.
    Tags darauf hatten sich Elena Kafka, Oberstaatsanwalt Ritter und Braun in Ritters Büro getroffen, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Wie immer wollte Ritter den Fall so schnell wie möglich zu den Akten legen und hatte dafür auch einige stichhaltige Argumente: Als Petersen damals von Braun über die vereiste Donau gejagt worden war, da hatte dieser geschworen, sich zu rächen. Petersens Rache hatte darin bestanden, Braun mit seinem Range Rover in die Luft zu jagen.
    Weshalb allerdings Gruber Brauns Wagentür geöffnet hatte, konnte Ritter sich zunächst nicht erklären, doch Braun hatte eine einleuchtende Begründung dafür: „Gruber wollte im Wagen auf mich warten, um über seine Freundin Lenka mit mir zu reden.“
    Elena Kafka und Ritter hatten skeptische Blicke ausgetauscht, sich dann aber mit Brauns Erklärung zufrieden gegeben. Nicht zufrieden gegeben hingegen hatte sich Braun mit der Tatsache, dass Ritter den Fall für abgeschlossen betrachtete. Knapp bevor er explodiert wäre und dem beschissenen Oberstaatsanwalt die Meinung gesagt hätte, war Elena Kafka dazwischengetreten und hatte mit einem „Natürlich ist der Fall abgeschlossen!“ Braun aus Ritters Büro bugsiert.
    „Fuck!“, hatte Elena Kafka gesagt, als sie sich eine Zigarette angezündet und sich an den Kühler ihres Porsches gelehnt hatte. „Machen Sie einfach weiter, Braun. Ich halte Ihnen Oberstaatsanwalt Ritter vom Leib.“ Sie hatte ihr Kinn trotzig vorgestreckt und den Regen über ihre Stirn rinnen lassen. In dem verschwommenen Neonlicht am Parkplatz hatten die scharfen Konturen ihres Gesichts noch härter gewirkt.
    „Fuck!“ hatte auch damals Jonas Blau gesagt, mit dem alles begonnen hatte. Das fiel Braun jetzt ein, als er vom Damm auf die Straße wechselte und eine Böschung hinunterlief, um zu der hell erleuchteten Brücke zu gelangen, die vom Stahlwerk auf die andere Seite der Donau führte. Doch hier war der Laufweg bereits überschwemmt und er musste wieder auf den Damm und zurück in die Stadt laufen. Wie in Trance spulte er Kilometer um Kilometer ab, wich neugierigen Füchsen und Wildkatzen aus, ein einsamer Läufer, dem nur der helle Strahl seiner Stirnlampe den Weg wies.
    Der Film in seinem Kopf lief ab und Braun war ein genauer Zuschauer: Er fuhr mit einem unauffälligen Wagen aus dem Polizeifundus zu Petersens Nachtclub und parkte unweit eines Harley-Davidsons-Treffs. Er ging zum hinteren Eingang. Knackte die Tür. Schlich in den Bar-Raum, dort, wo früher die Animiermädchen auf ihren Plüschhockern auf Kundschaft gewartet hatten. Oben wurde eine Tür geöffnet und jemand trampelte die Stufen herunter. Ein Mann, der telefonierte. Er wartete, bis der Mann weggefahren war, schlich dann nach oben bis vor die Tür aus blauem Samt, die Tür zu Petersens Büro.
    Aber da gab es nur eine leere Tonspur in Brauns Gedächtnis, keine Worte, nur Rauschen. Stopp und zurück: Der Mann kommt die Treppe herunter. Dicke, wulstige Lippen, das Telefon am Ohr.
    „Schlechter Empfang hier auf dem Land. Wie schon gesagt, jetzt brauchen wir uns nur noch um deine kleine klavierspielende Nutte zu kümmern.“ Der Rest war wieder nur Rauschen in Brauns Erinnerung.
    Was hatte das zu bedeuten? Hatte es überhaupt etwas zu bedeuten?
    Egal, er würde später darüber nachdenken, jetzt musste er weiterlaufen. Immer weiter in die schlafende Stadt hineinlaufen, über menschenleere Plätze, durch einsame Straßen, an dunklen Häuserfronten vorbeilaufen. Er musste für seinen imaginären Marathon trainieren, den er nie laufen würde, den er früher mit einem Freund gerne gelaufen wäre, der nun kein Freund mehr war.

62. Eine

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