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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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nur war die kunstvoll filigrane Linienführung der japanischen Bauweise einer klotzigen Monumentalität gewichen, denn der quadratische Pavillon war drei Stockwerke hoch und hatte eine Seitenlänge von fast fünfzig Metern.
    Elena Kafka parkte den Porsche seitlich vom Eingang und lief die Treppe hinauf. Kaum hatte sie die sich automatisch öffnenden Türen passiert, schlug ihr auch bereits der typische Krankenhausgeruch entgegen: zu warme, abgestandene Luft, vermischt mit Desinfektionsmitteln, Zitronenduft und Angst.
    Angst, jawohl, Angst.
    Elena Kafkas Knie zitterten und sie schleppte sich ganz langsam zu einer mit japanischen Drachen verzierten Sitzgruppe gegenüber der Anmeldung. Sie musste sich setzen und tief durchatmen, sie war nicht in der Lage aufzustehen und nach Polina Porzikova zu fragen. Sie saß einfach nur da und kaute wie verrückt auf ihrem Nikotinkaugummi herum, so fest, dass ihre Zähne schmerzten.
    Der Empfangsbereich mit Ärzten, Patienten, Schwestern und Angehörigen war für sie ein einziges Flashback. Eine grausame Erinnerung an Washington, an das General Hospital, an das hektische Stimmengewirr und das Knistern der Mikros auf den Schultern der Cops. Eine Erinnerung an die vietnamesische Ärztin, die sie freundlich, aber bestimmt von Dave wegdrängen wollte und der sie einfach ihre Pistole an die Schläfe gedrückt hatte. Noch jetzt spürte sie die fest zupackenden Hände des Einsatzleiters der City Police, der sie an den Schultern packte, von der Ärztin wegschob und ihr die Pistole aus der Hand wand. Als der Cop sie langsam nach draußen führte, wo bereits der Commissioner auf sie wartete, drehte sie sich noch einmal um und sah die Krankenbahre mit Dave im Lift verschwinden. Sie erinnerte sich mit schmerzlicher Deutlichkeit an seine kraftlos nach unten baumelnde rechte Hand, die mehrmals komplett durchstochen war, aber nicht mehr blutete. Am Handgelenk hing noch immer die Uhr, das geheime Erkennungsmerkmal ihrer verschworenen Gemeinschaft, mit blutverschmiertem Glas.
    „Geht’s dir nicht gut?“ Ein kleines Mädchen in einem geblümten Kleid blickte neugierig zu Elena Kafka hoch.
    „Nein, nein. Mir geht es gut“, lächelte sie zaghaft.
    „Du siehst so traurig aus“, ließ sich das Mädchen aber nicht beirren.
    „Ich sagte doch, es geht mir gut. Verdammt noch einmal“, schrie sie das kleine Mädchen an, das erstarrte und dann weinend nach hinten zu einer Gruppe von Menschen lief.
    „Es tut mir leid. Ich habe es nicht so gemeint“, rief ihr Elena Kafka noch hinterher, doch das Mädchen drehte sich nicht mehr um.
    „Ich suche das Zimmer von Polina Porzikova.“ Elena Kafka war aufgestanden und hielt der Schwester am Empfang ihren Ausweis entgegen.
    „Tut mir leid.“ Die Schwester machte ein betrübtes Gesicht. „Ich habe strikte Anweisung, niemand zu Frau Porzikova zu lassen.“
    „Hören Sie mir einmal zu“, fauchte Elena Kafka. „Es handelt sich hier um einen Polizeieinsatz. Wenn Sie mir nicht sofort sagen, wo ich Polina Porzikova finde, lasse ich Sie wegen Behinderung der Polizei festnehmen. Haben wir uns verstanden?!“
    „Dritter Stock. Es sind die Privatsuiten. Frau Porzikova ist im Augenblick die einzige Patientin“, antwortete die Empfangsschwester eingeschüchtert und wurde knallrot im Gesicht.
    Der Bann war gebrochen. Die Erinnerung war weggespült wie der Schmutz draußen auf dem Parkplatz vom Regen in den Gully. Elena Kafka war fokussiert auf ihr Ziel und dieses Ziel war Polina Porzikova, die aus dem Spital geholt werden musste. Erst im Aufzug nach oben fiel ihr ein, dass sie völlig unprofessionell gehandelt hatte. Sie war alleine gekommen, hatte keine Streife angefordert und außer Chiara wusste niemand, wo sie überhaupt war. Sie hatte genauso überstürzt und chaotisch reagiert wie damals in Washington. Da war sie wieder, die Erinnerung und mit ihr kam die Angst.
    Der dritte Stock wirkte wie ausgestorben. Dicke, flauschige Teppiche in einem scheußlichen Baby-Blau dämpften ihre Schritte und an den Wänden hingen kitschige Tierbilder, die von einem anscheinend bekannten Maler stammten, denn sie waren alle für absurd hohe Beträge zu kaufen. Der Empfang aus elegantem Teakholz war leer, wahrscheinlich saß die diensthabende Schwester hinten in der Küche bei ihrem Kaffee. Elena Kafka drehte ein auf dem Tresen liegendes Klemmbord zu sich herum, auf dem ein Zimmerplan hing. P. P. Polina Porzikova lag in Suite Nummer 4, am hinteren Ende des Korridors.
    Wieder

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