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Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Duffy
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Prolog
    Dieriesengroß e Sandkiste für Erwachsene
    Ich bin zu alt dafür.
    Klick.
    Um sechs Uhr morgens meldet sich mein Radiowecker, plärrende Musik zerstört die wunderbare Stille, und der neueste Song von Beyoncé erinnert mich daran, dass das Wochenende vorbei ist. An Montagen aufzuwachen ist an sich schon ätzend, aber an Montagen mit einem wahnwitzigen Kater aufzuwachen, einem Kater, der bis zu den schmerzenden Fußnägeln reicht, ist nahezu unmöglich. Halb im Koma taste ich unter dem Kissenstapel am Kopfende nach der Fernbedienung des Weckers, um noch weitere köstliche zehn, vielleicht zwanzig Minuten zu dösen. Glücklicherweise finde ich die Fernbedienung irgendwo in der oberen rechten Ecke des Betts, schwenke sie in Richtung Nachttisch und bete darum, dass es wieder leise wird im Zimmer. Soweit es in einem Apartment im dritten Stock in Manhattan überhaupt jemals leise sein kann.
    Viele Menschen träumen davon, in New York City aufzuwachen. Verdammt, Sinatra hat sogar einen Song darüber geschrieben! Es sei denn, man versucht zu schlafen ; dann kann New York mörderisch sein, besonders für sehr müde, verkaterte Menschen. Wenn man wie ich entschlossen ist, seinen Horror vor dem Sonntagabend in eineinhalb Flaschen Pinot Noir zu ertränken und bis ein Uhr morgens zu den Wiederholungen von Law and Order eine Schachtel Parliaments zu rauchen, dann ist New York City um sechs Uhr morgens unbestreitbar die Hölle auf Erden. Als ich mein schuhkartongroßes Apartment in West Village für 4 000 Dollar monatlich anmietete, hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass ein Fenster im dritten Stock in der Greenwich Avenue mit freier Sicht auf eine Feuerwache nicht das Beste für den REM -Schlaf ist. Seit ich hier wohne, kenne ich so etwas wie Ausschlafen – oder auch nur Tiefschlafphasen – nicht mehr.
    Ich döse gerade wieder ein, als der blöde Radiowecker sich erneut einschaltet. Jetzt verkündet der widerwärtig muntere DJ die Uhrzeit, die Verkehrsnachrichten und das Wetter. »Besser ihr kommt in die Gänge, Leute! Es wird ein weiterer feuchter, heißer und schwülwarmer Tag im Big Apple.« Offensichtlich hat der DJ keinen Sonntagabendblues gehabt. Oder vielleicht liebt er einfach seinen Job und muss sich sonntagabends nicht besaufen. Es soll Leute geben, die dieses Glück haben.
    Ich muntere mich selbst auf, so wie jeden Morgen, bevor ich mich zu Cromwell Pierce aufmache, einem der größten Machtzentren der Wall Street. Du kannst das, Alex ! Du schaffst das! Du lässt dich nicht von ihm unterkriegen! Selbstgespräche zu führen, ist mir zur Gewohnheit geworden, seit ich an der Wall Street arbeite. Wenn es in dieser Geschwindigkeit weitergeht, werde ich mit dreißig vollkommen durchgeknallt sein.
    Zu meinem Entsetzen stelle ich fest, dass die Großpackung Schmerztabletten, die mir über die vergangenen sechs Monate geholfen hat, im Badezimmer liegt. Aber da mein Kopf bestimmt gleich explodiert, bleibt mir keine andere Wahl, als aufzustehen. Ich schwinge die Beine aus dem Bett und stelle die Füße auf den kühlen Holzfußboden. In Kürze werde ich meine schmerzenden Zehen in zwölf Zentimeter hohe Stilettos zwängen, in denen meine vierundzwanzig Jahre alten Knie sich wie die einer Sechzigjährigen fühlen. Ich schlurfe ins Bad und betätige den Schalter an der Wand, was dank der grellen Beleuchtung des Spiegelschranks einem tätlichen Angriff auf meine Augäpfel gleichkommt. Stöhnend blinzele ich, bis die blauen Pünktchen verschwinden und ich mich auf mein Spiegelbild konzentrieren kann. Blindheit wäre eine Gnade. Auf dem College war es nie so schlimm, die Schäden einer durchzechten Nacht zu begutachten, und irgendwie sehe ich nur zwei Jahre nach dem Examen abgehärmter aus als früher nach einer vergleichbaren Nacht an der University of Virginia. Ich beschließe, das auf die Beleuchtung zu schieben.
    Der Blick in den Spiegel sagt mir, dass ich die ganze Nacht mein Gesicht ins Bettzeug gepresst haben muss; ich befürchte, dass die Abdrücke auf der einen Seite nur chirurgisch entfernt werden können. Meine langen, dunklen Haare sind total verknotet; ich werde mindestens eine Stunde brauchen, um sie durchzukämmen. Mein gewöhnlich rosiger Teint ist blass und ausgetrocknet, und ich habe dunkle, geschwollene Ringe unter meinen grünen Augen. Ich habe es versäumt, mir die Zähne zu putzen, bevor ich mein Gesicht ins Kissen gebohrt habe; heute Morgen sind sie blau, und auf meinen Lippen prangt eine

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