Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
Schmerzen und einen Psychopathen unmittelbar vor mir.
Aber nun hatte ich außerdem eine Waffe.
Jäh drehte ich die Hand herum, zwang meine Finger, sich um den Griff des Messers zu legen, und rammte es vorwärts.
Irgendetwas
traf ich eindeutig.
Ohne auf die unsäglichen Qualen zu achten, zog ich das Messer heraus und stieß erneut zu.
Daniel gab einen leisen, japsenden Laut von sich.
Beim dritten Stoß rutschte er von der Klinge und ging zu Boden.
* * *
Ich stand mit dem Kopf im Waschbecken, und warmes Wasser strömte über mich, während Charlotte meine Augen offen hielt. Es war ein harter Kampf, zur Tür des Hauses zu gelangen, aber ich schaffte es und rief um Hilfe, bevor ich das Bewusstsein verlor.
»Wie fühlt es sich an?«
Ich zog den Kopf unter dem Wasserstrahl hervor und blinzelte einige Male. »Besser.«
»Können Sie sehen?«
»Nicht perfekt, aber ja. Danke.«
»Nein, ich danke
Ihnen
.«
Der Rest der Gefangenen war befreit. Nach mehreren Versuchen war Roger dahintergekommen, dass sich nur jeweils eine Zellentür öffnen ließ, er musste also immer die vorherige wieder schließen, bevor er die nächsten Gefangenen befreien konnte.
Die früheren Entführungsopfer plünderten gerade die Küche. Ich hatte vor, mich ihnen sehr bald anzuschließen. Nach einer heißen Dusche.
Es dauerte eine Weile, aber letztlich fand jemand ein Mobiltelefon. Ein Helikopter war bereits unterwegs, um die Lage des Anwesens zu peilen.
»Du bist dran«, sagte Roger, betrat das Badezimmer und hielt mir das Mobiltelefon entgegen.
Ich dankte ihm und rief Helen an.
* * *
»Also, wer hat dich in dieser Situation gerettet?«, fragte Roger und trank einen Schluck Wurzelbier, während wir auf der Couch saßen und uns eine miese Sitcom auf dem Breitbildfernseher reinzogen.
»Ich habe dich gerettet«, erinnerte ich ihn.
»Das glaube ich kaum. Du wärst hinter diesem großen Würfel unzweifelhaft gestorben, wenn ich nicht aufgetaucht wäre.«
»Und du wärst zum Teilnehmer an einem ihrer Spiele geworden, wenn ich nicht darauf hingearbeitet hätte, dich zu befreien. Ich weiß nicht mal, was für Disziplinen ich verpasst habe.«
»Okay, schon verstanden, aber denken wir mal etwas weiter zurück und überlegen, in wie viel Gefahr ich geschwebt hätte, wenn du mich gar nicht erst in diese Geschichte mit reingezogen hättest? Hmmm … mal sehen … in gar keiner?«
»Da irrst du dich. Damit wiederum habe ich dich mehrere Tage lang vor Angriffen durch Rußflocke bewahrt«, hielt ich seiner Argumentation entgegen.
»Du nimmst diese dämliche Katze doch, oder? Das hast du versprochen.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.«
»Wollen Sie beide bloß rumsitzen und diskutieren, bis man uns findet?«, fragte Charlotte. Sie versuchte, sich verärgert anzuhören, aber das Wissen, dass sie sehr bald mit ihrem Ehemann wiedervereint sein würde, hatte sie vor lauter Vorfreude regelrecht berauscht.
»Sicher«, gab Roger zurück. »Was könnten wir denn sonst tun?«
»
Du
könntest die Klappe halten und mich in Ruhe fernsehen lassen«, sagte ich. »Meine Hand schmerzt, meine Schulter schmerzt, meine Augen schmerzen, und mir wäre lieber, wenn du dich einfach verziehst.«
»Ich liebe dich«, teilte mir Roger mit.
»Ich dich auch. Und jetzt hau ab.«
Roger klopfte mir auf die unversehrte Schulter und verließ das Zimmer. Ich lehnte mich zurück, schloss die Augen und döste, bis ich den Rettungshubschrauber über dem Haus hörte.
R OGERS ABSCHLIESSENDE W ORTE
He, ich habe den Kassettenrekorder gefunden! Es scheint nicht mehr viel Band übrig zu sein, ich möchte also nur sagen, dass wir es geschafft haben. Nicht alle von uns, wie ich leider berichten muss, aber die meisten.
Mann, ich weiß echt nicht, was ich sagen soll, um dieses Abenteuer zusammenzufassen. Es gab mehrere Momente, da hätte ich nicht gedacht, mit dem Leben davonzukommen. Dem Tod so nah zu sein, eröffnet eine völlig neue Perspektive auf die Dinge.
Eigentlich weiß ich gar nicht genau, was ich sagen will. Man möge mir verzeihen, wenn ich mal kurz tiefschürfend und bedeutungsvoll werde. Sie alle da draußen, bitte, geloben Sie sich hoch und heilig, dass Sie, ganz gleich, was geschieht, ganz gleich, welchen Verlauf Ihr Leben nimmt, nie vergessen werden, was das Wichtigste überhaupt ist, nämlich …
(Bandende.)
JEFF STRAND
GRABRÄUBER GESUCHT
KEINE BESONDEREN
KENNTNISSE ERFORDERLICH
eISBN 978-3-7090-0014-4
Andrew Mayhem ist ständig knapp bei Kasse. Da
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