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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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mitlächelten, konnte ich nicht erkennen, weil sie eine große Sonnenbrille mit runden schwarzen Gläsern trug, die ihr das Aussehen eines erstaunt dreinblickenden Käfers verlieh.
    Im Schritttempo rollte sie näher und versuchte genau wie ich vorhin, auf den Vorplatz zu fahren, aber dort stand bereits der Transporter der Musiker. Ich beschloss, ein bisschen den Parkwächter zu spielen. Schließlich hatte Jutta mir aufgetragen, mich nützlich zu machen.
    »Hier geht’s leider nicht weiter«, sagte ich. »Die Partygäste sollen hinten auf der Wiese parken. Sie müssen ein Stück zurücksetzen.«
    Ich überlegte, ob sie überhaupt ein Partygast war. Aber das bunt verpackte Geschenk auf dem Beifahrersitz sprach dafür.
    Sie drehte den Kopf und präsentierte mir dabei ihren hellen Nacken, der mich von ihren langen Beinen ablenkte, die ich, seit ich an das Auto herangetreten war, ausgiebig bewundern konnte. Ein fast unverschämt kurzer weißer Baumwollrock mit roten, blauen und gelben Blumen umschmeichelte ihre Oberschenkel. Ihre nackten Füße steckten in schwarzen Sandalen, wie sie gerade modern waren: mit bis zur Wade hochgeschnürten Riemen, als habe sie sie auf dem Markt von Asterix’ Dorf erworben und mit Sesterzen bezahlt.
    »Würden Sie mich bitte einweisen?« Die Stimme klang golden und weich. Wie Honig.
    Sie schob die Sonnenbrille hoch, als wolle sie mich genauer unter die Lupe nehmen; dabei wurde ihr Lächeln intensiver. Es wirkte belustigt, als würde sie gleich in Gelächter ausbrechen, könne sich aber gerade noch so beherrschen. Ein heiterer Blick aufs Leben, dachte ich. So was konnte man nur beneiden.
    Wer sie wohl war? Jutta hatte mir vor allen Dingen Namen von Leuten vorgelesen, die mindestens so alt waren wie sie. Diese Frau hier war deutlich jünger.
    Lautes Gehupe ertönte. Hinter dem roten Fiat war ein weiterer Wagen aufgetaucht. Ein Taxi. »Ich mach das schon«, rief ich der Blondine zu. Dann gab ich dem Taxifahrer ein Zeichen: Zurücksetzen. Auf dem Feldweg, der auf das Grundstück führte, wurden in der Ferne weitere Fahrzeuge sichtbar.
    »Was ist denn hier los?« Jutta stand plötzlich neben mir.
    »Du hättest mich als Parkwächter engagieren sollen, nicht als Mappenverteiler«, sagte ich.
    Ich hatte den Eindruck, dass sie noch etwas sagen wollte, doch dann bemerkte sie die blonde Frau. Erstaunen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie wandte sich ab und winkte in das Taxi hinein, auf dessen Rücksitz ein älteres Ehepaar saß. Einen Augenblick hatte ich das Gefühl, sie würde mich gleich anschnauzen, weil ich ihrer Meinung nach etwas falsch gemacht hatte. Es gelang mir -nach meiner Ansicht bravourös - das Taxi zur Seite zu dirigieren, damit die rote Kugel mit aufknatterndem Motor zurücksetzen und auf die Wiese fahren konnte. Wo ich schon mal dabei war, wies ich auch die anderen Neuankömmlinge auf den improvisierten Parkplatz, während Jutta nach und nach alle Aussteigenden begrüßte.
    Ich kam mir super vor und genoss den Anblick der Blondine, die - ihre Sonnenbrille immer noch nach oben geschoben - gemächlich ausstieg, weitere ausgiebige Blicke auf ihre Beine ermöglichte und mit dem Geschenk unter dem Arm auf Jutta zustakste.
    Das Taxi wendete umständlich und trat den Rückweg an. Neue Autos kamen an. Die Kellner waren damit beschäftigt, Getränke zu servieren. Es sah etwas seltsam aus, wie sie in ihren weißen Hemden und schwarzen Hosen zwischen den Obstbäumen umherliefen und ihre Tabletts balancierten. Man vermisste das Schloss oder das Schlosshotel.
    Ich hielt mich zurück. Jutta war mit Begrüßen, Händeschütteln, Küsschengeben und Ein-nettes-Gesicht-Machen beschäftigt. Einen alkoholfreien orangefarbenen Cocktail in der Hand, hörte ich mit halbem Ohr hin und bekam mit, dass die Gäste aus dem Taxi Siegfried Mathisen und seine Frau waren. Der Mann gehörte für mich zum Typ ältlicher Schwerenöter: Dünnes, langes, nach hinten gekämmtes Haar; die Sonnenbrille war nicht hochgeschoben, sondern hing im Ausschnitt eines schwarzen Designer T-Shirts, das Jackett seines hellen Sommeranzugs hatte er sich leger über die Schulter gelegt. Seine Stimme schallte laut und dominant über die ganze Wiese.
    Ein lächerliches Detail fiel mir auf: Er trug gleich zwei goldglänzende Armbanduhren. An jedem Handgelenk eine. So was hatte ich bisher nur einmal gesehen: bei dem argentinischen Fußballstar Diego Maradona.
    Ich tippte auf Schauspieler oder so was und trank weiter meinen

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