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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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…«
    »Fertig!«, schrie Jutta von hinten, und die ganze Gesellschaft brach in Gelächter aus. Auch Yvonne. Sie musste sogar die Hand vor den Mund halten, weil sie ein Hustenanfall schüttelte. Wahrscheinlich hatte sie sich verschluckt. Die Kellner, die meine Ansprache duldsam ertragen hatten, standen im Hintergrund und grinsten sich eins.
    Jutta kam mit dem Stapel Mappen aus der Einsatzzentrale und raunte mir etwas zu, das ich nicht verstand.
    »Gleich geht’s los«, rief sie. »Jedes Team bekommt eine Mappe.« Und zu mir, leiser: »Hast du verstanden? Geh schon!«
    »Nein, ich habe nichts verstanden«, raunte ich zurück. »Was willst du?«
    »Geh ins Haus und kopier eine. Ich rede noch ein bisschen. Nimm alles mit, damit es nicht auffällt.«
    Der Groschen fiel. Wir hatten jetzt ein Team mehr und mussten natürlich auch eine zusätzliche Mappe haben. Ich marschierte mit den Unterlagen auf das Haus zu.
    Hier sollte es einen Kopierer geben? In dem alten Bauernhaus?
    Mir fiel ein, dass Jutta einen Mieter erwähnt hatte.
    Fast hätte ich mir im unteren schmalen Flur den Kopf angeschlagen, so niedrig war es hier. Ich checkte das Erdgeschoss. Links lag eine kleine, bemerkenswert modern eingerichtete Küche, an die ich mich noch von meinem letzten Aufenthalt erinnern konnte. Auf der anderen Seite ging es in ein winziges Wohnzimmer. Es war eher ein Büro. Mit einem Schreibtisch aus hellem Holz, einem modernen Telefon, Fax und Kopierer.
    Durch die offene Tür hinter mir hörte ich Jutta immer noch reden. Ich machte rasch die Kopien und fand sogar einen Locher und einen Schnellhefter, der so ähnlich aussah wie die anderen.
    Als ich zurückkam, gab Jutta gerade die Zusammensetzung der Teams bekannt.
    Jede Entscheidung der Rallyeleitung wurde mit Applaus begrüßt. Gerade wurde Dr. Heimlich Hermine Weißenburg zugeteilt.
    Vorfreude erfasste mich, als Jutta endlich meinen Namen vorlas und erklärte, wer meine Partnerin sein würde. Aus dem Mund der verbliebenen Herren kam ein kaum unterdrückter Laut der Enttäuschung. Wie unritterlich den restlichen Damen gegenüber, dachte ich.
    Ich ging zu Yvonne, die immer noch abseits der Gruppe stand, und stellte mich vor.
    »Remigius Rott«, sagte ich. »Freut mich, Sie kennenzulernen.« Ich wusste nicht, was ich weiter sagen sollte, und fügte hinzu: »Ob wir gewinnen?«
    »Haben wir jetzt schon«, sagte sie. »Sie zumindest.«
    Wie meinte sie das denn? Etwa so, wie ich dachte, dass sie es meinte?
    »Man liest Ihnen alles von den Augen ab, wussten Sie das? Reden scheint nicht gerade Ihre Stärke zu sein. Lassen wir das Siezen. Und lass auch das Ypsilon weg.«
    »Welches Ypsilon?«
    »Das in meinem Namen.«
    »Wird er mit I geschrieben?«
    Sie sah mich mit ihrer unbändigen Fröhlichkeit an und schüttelte den Kopf. »Du bist aber schwer von Begriff.«
    »Wieso? Yvonne - ohne Ypsilon.«
    »Gibt was?«
    »Vonne?«
    »Genau.« Sie lächelte. »So werde ich am liebsten genannt.«
    Vonne, dachte ich. Vonne wie Wonne.
    Es passte so gut, als würde ein Schloss einrasten.
    »Remi«, sagte ich heiser, »nennen mich meine Freunde.«
    »Du bist der Detektiv, stimmt’s?«
    »Stimmt. Nicht der richtige Beruf für jemanden, dem man alles von den Augen abliest«, sagte ich in gespielter Entrüstung. »Und der nichts kapiert.«
    Sie nickte, und ihr Lächeln riss nicht ab.
    Ich ließ mich anstecken. Die Welt war heiter. Und ich war mittendrin.
    »Da habe ich ja verdammtes Glück gehabt«, sagte sie. »Aber du hast dran gedreht, oder?«
    Jemand rempelte mich an. Jutta. »Hier, eure Mappe. Viel Spaß.« Es klang ironisch.
    »Haben wir unter Garantie«, sagte Wonne, ohne Jutta anzublicken. Stattdessen nahm sie die Sonnenbrille ab, schob den einen Bügel in den Mund und betrachtete mich ein Weilchen.
    Plötzlich spürte ich die stechende Sonne.
    Nach endlosen Sekunden nickte Wonne in Richtung Parkplatz. »Nun komm schon«, sagte sie schließlich. »Fangen wir an.« Sie ging davon.
    Ich folgte ihr und bekam mit jedem Schritt weichere Knie.

3. Kapitel
    Wie selbstverständlich hatten wir ihren Wagen genommen.
    Es war nicht leicht gewesen, darin Platz zu nehmen. Jeder Mensch mit einer Körpergröße von über einsfünfzig war für die Nussschale ungeeignet. Als ich mich endlich auf den Beifahrersitz gequetscht hatte, ragten meine Knie in die Höhe wie zwei kleine Berggipfel, über die ich das Panorama der Windschutzscheibe betrachten konnte. Ich kam mir vor wie bei einer seltsamen Yoga-Übung. Auch Wonne

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