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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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die Frage: »Ich –? Wirklich ich?«

24. NACH- UND SCHLUSSKAPITEL
    Worin gegessen, getrunken und getanzt wird; aber zwei stehn für sich
    Dreiviertel Jahre sind nicht so sehr viel Zeit, darum kann doch viel geschehen sein in solchem Dreivierteljahr vom Oktober bis Juni. Ja, es ist jetzt Juni, Juni 1913, und auf den Unsadeler Seewiesen mähen sie das Gras. Auf dem Firstbalken eines Hauses am Unsadeler See steckt der Stock mit der Tannengrün-Krone und den wehenden bunten Seidenbändern, und Zimmerpolier Straten mit dem roten Gesicht hat den Richtspruch gesprochen, der dem gnädigen Herrn einen güldenen Tisch und der gnädigen Frau viel Braten und Fisch wünscht.
    Die Leute haben sich ein bißchen angestoßen und gegrinst, denn das war wohl ein seltsames Paar, dem die Wünsche galten: der alte greise Professor Gotthold Kittguß und das blutjunge Mägdlein Rosemarie Thürke. Aber sie haben nicht bösartig, sondern freundschaftlich gegrinst, denn was sie für eine Bauherrschaft hatten, das haben sie nicht nur aus mancher Zigarre und mancher Flasche Bier erfahren,sondern mehr noch aus freundlicher Gesinnung und gütigem Wort.
    Nun ist es Feierabend geworden, und die Leute stehen in kleinen Grüppchen und sehen wartend auf die Herrschaft, die ihnen zum Kruge und Richtfest voranschreiten soll. Die Rosemarie spricht noch mit dem Jungen Philipp, den sie auch mithaben möchte.
    »Philipp«, sagt sie, »lieber Philipp, komm doch heute einmal mit, wir wollen auch tanzen.«
    Aber der Junge schüttelt den Kopf: »Nein, Rosemarie, ich bleibe beim Haus. Das Haus soll nicht allein bleiben.«
    Sie sieht ihn an, und dann lacht sie: »Alter Philipp, guter Philipp, warte, ich schicke dir und dem Bello auch Braten und Fisch. – Komm, Pate, Philipp will nicht, er mag das Haus nicht allein lassen.«
    »Da hat er so unrecht nicht, Fräulein«, sagt der Zimmerpolier Straten und geht mit ihr und dem Professor an die Spitze des Zuges – und hinter ihnen singen und wimmern die beiden Ziehharmonikas. »Ein Haus, das wächst, soll an das Lebendige gewöhnt werden. Sonst wird es kein Haus, sondern bloß ein Steinkasten.«
    Philipp horcht und schaut dem Zuge nach. Nun klettert er die Leiter empor und hockt sich oben in das Dachgebälk. Aber er sieht nicht nach dem Dorf hinüber, wo zwischen den Häusern Lachen und Musik allmählich verklingen – er sieht auf den See hinaus.
    Der See ist wie eine mattglänzende Scheibe im Sonnenschein, aber nachdem Philipp eine Weile darauf gesehen hat, entdeckt er doch den schwarzen Punkt, auf den er gewartet hat.
    Nun klettert Philipp wieder hinab vom Dachstuhl holt den Hund Bello und geht mit ihm ans Wasser. Der schwarze Punkt ist unterdes ein Kahn geworden, der Mann darin tut jetzt nur manchmal einen Ruderschlag und treibt sachtelängs des Seeufers hin. Philipp hebt einen Stein und wirft ihn gegen den Kahn. Der Stein fällt fünf, acht Meter vom Kahn nach Philipps Seite zu ins Wasser.
    Philipp nickt befriedigt, das ist das stillschweigende Abkommen, das er mit dem Manne im Kahn, Päule Schlieker aus Biestow, getroffen hat bis so weit, aber nicht weiter!
    Und nun gehen Philipp und Bello am Ufer auf und ab, bis der Kahn langsam treibend um die Biestower Spitze verschwunden ist. Sie halten beide ihre gute Wacht, sie sind sorgsam und aufmerkend, obwohl die Wacht nicht mehr nötig ist. Denn jener Mann im Boot würde das Land auch nicht betreten, wenn keiner dort stünde, ihn zu hindern. Zu viel ging ihm dort verloren. Für ihn ist es verhextes Land, verwunschenes Land – er ist von ihm freigekommen, warum sollte er zurückkehren?
    Es war eine furchtbare Nacht gewesen, da er kopflos vor den Flammen in den schwarzen, winddurchheulten Wald gestürzt war; es war eine bittere, lange Zeit gewesen, als er schwerkrank im Stift gelegen hatte, ohne einen Menschen. Er war noch jung, er konnte etwas zulernen, er hatte irgendwie begriffen, daß der Macht des Bösen ein Ziel gesetzt ist auf dieser Erde, daß am Ende die Werke des Bösen einander auffressen.
    Er war darum nicht gut geworden, beileibe nicht. Jetzt hatte er sich auf den Fischhandel gelegt, mit Wagen, Pferd und Fisch fuhr er über Land und haute die Leute ein wenig übers Ohr, wo es eben ging. Kleine Freuden eines Bösewichts und Quälers, gewiß, der einmal große Freuden gehabt hatte.
    Aber wenn er nicht gut geworden war, so war er doch klüger geworden. Er hatte einen Vertrag gemacht, er hatte gutes Geld bekommen – für einen so mißratenen Fall sehr viel

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