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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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die Müllern. Freilich, da hatte der Professor zuviel von ihr verlangt, wo die Schlüssel waren, das wußte sie wirklich nicht. Aber sie brauchte das auch gar nicht zu wissen, denn das, was die Schlüssel Herrn Professor Kittguß verschaffen sollten, das Sparbuch, das hatte sie! Sie hatte es noch nicht lange, drei Stunden erst, erst seit sie die Kleider des Professors aus dem Badezimmer genommen hatte. Denn da hatte sie das Sparbuch in der linken, inneren Brusttasche seines Jacketts gefunden!
    Der Professor hatte Herrn Amtsgerichtsrat Schulz in arge Erregung gebracht, weil er sein Sparbuch so unbeaufsichtigt in der Berliner Wohnung liegengelassen hatte, aber während alldem hatte es stumm und bescheiden in seiner Brusttasche gesessen, und nicht einmal bei der erregten Nachsuche auf der Lüttenhäger Dorfstraße hatte es sich gemeldet –!
    Es konnte ja auch gar nicht anders sein, vor vier Tagen hatte der Professor das Buch am Morgen aus dem Schreibtisch genommen, das Sparbuch in der einen, die schwarze Reisetasche in der andern Hand, war er zur Kasse gewandert. Da hatte er zweihundertfünfzig Mark erhoben, das Geld wanderte in die Brieftasche, die Brieftasche in die rechte Brusttasche, das Sparbuch in die linke. Nun ging der Professor zur Bahn und all jenen Abenteuern entgegen, die wir geschildert haben.
    Das Sparbuch wurde vergessen, und mit dem Sparbuch saß nun die Müllern im Bett, sie brannte noch Licht, sie las immer wieder die Zahl der Endsumme – es war wirklich eine recht unvernünftige Zahl für ein so behandeltes Sparbuch. Und das alles sollte diesen Räubern, diesem verkommenen Burschen in die Hände fallen?! Nie und nimmer, der Professor war zu gut. Die Witwe Müller löschte das Licht, sie schlief ein, das Buch mit beiden Händen umklammernd und mit dem festen Entschluß: nie und nimmer! Der Professor wachte recht früh auf, schon kurz nach sieben, aberdie Müllern mußte noch früher wach gewesen sein, denn der Frühstückstisch war schon gedeckt. Der Kaffee stand unter der Mütze, zwei Eier lagen unter einer wärmenden Wattedecke im Körbchen, echt Berliner Knüppel, frische Butter, Marmelade – alles, wie es der Professor liebte.
    Trotz Sturm und Regen draußen frühstückte Professor Kittguß mit viel Behagen und Appetit. Dann stand er auf und rief nach Frau Müller, sie kam nicht. Vielleicht war sie einen Augenblick für Besorgungen weggegangen, der Professor entschloß sich zu warten, trotzdem es schon halb neun war.
    Er ging ungeduldig auf und ab, es wurde langsam Zeit, sein Zug wartete nicht, und seinen Zug mußte er erreichen – aber sie kam nicht. Es war erstaunlich, wie schnell die Zeit verging, und es war eigentlich noch erstaunlicher, wie zornig der Professor auf seine alte, treue Wirtschafterin werden konnte. Mußte er doch beinahe annehmen, daß dies Frauenzimmer einer Auseinandersetzung wegen der Schlüssel absichtlich aus dem Wege gegangen war.
    Um neun Uhr zwanzig brach der Professor dies unnütze Warten ab. Sie würde nicht kommen, und für ihn eilte es. Vielleicht war der Zug doch noch zu erreichen.
    Der Professor zog die Wohnungstür hinter sich zu. Der einfachste Weg ist immer der beste. Er würde zur Sparkasse gehen, der Beamte würde ihn kennen, am Ende war es doch sein Geld, er würde sein Geld schon bekommen. Schicksal von Büchern war es, häufig abhanden zu kommen. Sein Fall würde dort nichts Neues sein.
    Eine gewisse zornige Entschlossenheit beseelte ihn, die widerspenstige Müllern hatte sein Blut angefacht, am Schalter sagte er entschieden: »Ich bin der Professor Gotthold Kittguß aus der Akazienstraße 19. Ich habe mein Sparbuch verlegt. Würden Sie mir bitte zweitausend Mark geben? Ich bin bereit, darüber zu quittieren.«
    Der Beamte hinter dem Schalter sah ihn von unten her durch seine spiegelnde Brille an, mit gespitzten Lippen, als wolle er pfeifen.
    »Bitte, rasch«, sagte der Professor ernst. »Ich habe nur noch eine halbe Stunde bis zu meinem Zug.«
    »Gewiß! Gewiß!« sagte der Beamte eilig und lächelte mit so viel falscher Freundlichkeit, daß es sogar dem Professor auffiel. »Verlegte Sparbücher erledigt dieser Herr – wenn Sie ihm bitte folgen wollen?«
    Er sah den Professor lächelnd und dabei doch ängstlich an, als fürchte er sich vor ihm.
    »Bitte schön, Herr Professor«, sagte ein älterer würdiger Herr im Cutaway, der plötzlich auftauchte. »Wenn ich Ihnen den Weg zeigen darf …«
    »Aber es muß schnell gehen«, sagte der Professor

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