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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Geld. Er hatte sich dafür verpflichten müssen, nicht wieder an Rosemarie Thürke und ihre Getreuen heranzutreten.Nein, er dachte nicht daran, diesen Vertrag zu verletzen, er fuhr mit seinem Kahn nicht ans Ufer, der dämliche Bengel mochte seinen Stein werfen oder nicht. Aber er sah das wachsende Haus an, es litt ihn nicht, wenn er Zeit hatte, fuhr er hin und sah es an. Aus der Asche wieder aufgebaut. Seine Frau war noch immer in der Anstalt, sie wollte nicht zurück zu ihm. Nun gut, da er niemand quälen konnte, konnte er doch sich noch quälen.
    Das Boot treibt langsam um die Ecke – das stattliche Haus ist nicht mehr zu sehen. Zu Philipp kommt nun Trudi Beier mit einem Korb und bringt ihm seinen Anteil am Richtschmaus. Als sie wieder fort ist, klettert Philipp durch ein Fensterloch des Rohbaus in eine Kammer; es sind nur erst die vier nackten Wände. Aber hier setzt er sich auf einen umgestürzten Wassereimer und ißt mit dem Hund sein Essen: es wird seine Kammer werden, Philipps Kammer, in der er jetzt sitzt. Vier Wände, ein Fenster, ganz allein für Philipp Münzer erbaut! Etwas Herrliches!
    Und nun wird es langsam dunkel …
    Vor dem Krug von Otto Beier steht ein Automobil, nicht der alte Kasten vom Bierverleger Tengelmann, sondern der neue Wagen des Doktor Georg Kimmknirsch. Der Arzt ist aus dem Landstädtchen Kriwitz gekommen, um am Richtfest seiner Freunde teilzunehmen, und den Amtsgerichtsrat Schulz hat er auch mitgebracht.
    Viele Dorfleute stehen an den Fenstern von Beiers großem Tanzsaal und spähen hinein und sehen sie da sitzen: neben dem Professor der Amtsgerichtsrat und das junge Mädchen Rosemarie Thürke zwischen dem Arzt Doktor Kimmknirsch und dem Hütefritz. Eben hat sich der Professor gesetzt, er hat eine Rede gehalten, er ist sehr bewegt, der alte Mann. Er hat all seinen Helfern am Werk gedankt, und er hat davon gesprochen, daß sie viel mehr gebaut haben als nur ein Haus, er hat sie an den altenSpruch erinnert, daß wir hier wohl unser Haus bauen, aber auch für die Ewigkeit drüben. Er hat ihnen erzählt, daß er schon ein sehr alter Mann ist, der gemeint hatte, sein Leben sei vorbei, es gebe nur noch ein bißchen Papiergekritzel für ihn. Aber dann ist ihm hier in Unsadel viel mehr verbrannt als ein altes Haus, ein eigensüchtiges Leben ist verbrannt; er hat sich daran klammern wollen, er hatte gemeint, nicht ohne das leben zu können, und nun war etwas viel Schöneres daraus entstanden. Manches andere noch sei vielleicht verbrannt, und hier nickte Rosemarie mit dem Kopf –, aber nun wehe die Krone mit ihren bunten Bändern über dem neuen Haus.
    Eine etwas ungewöhnliche Richtfestrede – aber jeder konnte sich etwas aus ihr nehmen. Nicht nur Rosemarie, auch die Kinder alle, ihre Freunde, nickten. Und die Bauarbeiter nickten – sie waren alle zufrieden mit dieser Rede.
    Nun ist das Essen vorbei, die Ziehharmonikas treten in Tätigkeit, die Jugend tanzt los.
    »Nein, Herr Straten«, sagte der junge Arzt. »Ich weiß wohl, Ihnen steht der erste Tanz mit Fräulein Thürke zu, aber diesmal lassen Sie ihn mir – ich muß nämlich gleich noch fort zu einer Geburt. Und da bekäme ich ja gar keinen Tanz.«
    »Immer zu, Herr Doktor!« lacht Straten. »Wir sind schon in den Fünfzigern, wir können es abwarten.«
    Und nun tanzen die beiden. Sie tanzen einmal herum, zweimal herum, durch das Gewühl der andern, dann bleiben sie in der Tür stehen und sehen, rascher atmend, in die Juninacht hinaus.
    »Wollen wir –?« fragt der junge Arzt.
    »Ja«, sagt sie – und so laufen die beiden durch den dämmrigen Garten zum See hinunter.
    Am Ufer stehen sie beide still und lauschen. Vom Saal her jubelt und singt es, im Rohr weht leise der Nachtwind,etwas links, über den See weg, sehen sie ein kleines, rötliches Licht.
    »Das ist Philipps Laterne«, sagt Rosemarie und zeigt. »Dort steht das Haus.«
    »Ja, dort steht es«, bestätigt der Doktor.
    »Finden Sie, es ist zu abgelegen?« fragt Rosemarie etwas ängstlich. Der Doktor überlegt, dann antwortet er etwas rätselhaft: »Abgelegen, ja – zu abgelegen, nein. Ich habe ja jetzt ein Auto.«
    Nun ist es an Rosemarie zu überlegen. »Lohnt sich das Auto?« fragt sie zögernd.
    »Ja«, antwortet er. »Faulmann hat entdeckt, daß er wirklich alt wird, und gibt mir gerne seine Überlandpraxis ab. Die Geburt heute abend habe ich auch von ihm.«
    »Ach …«, sagt Rosemarie nur. Und dann schweigen sie beide. Sie stehen mindestens einen Schritt voneinander

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