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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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der Gefährte Thaloins.
    »Wir werden kopulieren, wie es uns gefällt«, erklärte Harruel. »Wir alle – nicht nur der König!« Er hatte aus der Kreun-Affäre die Erfahrung gelernt, daß er besser behutsam verfahre, wenn er Sonderprivilegien für sich beanspruchte: Er durfte sich bis zu einem gewissen Punkt vorwagen, aber nicht weiter, sonst würden seine Leute sich wider ihn erheben und ihn stürzen oder ihn schlagen, wenn er schlief.
     Aber er war dann doch nicht entzückt, als Lakkamai und Minbain einige Nächte später sich davonmachten, um zu kopulieren. Doch es war nun einmal Gesetz, und er konnte sich schwerlich dagegen auflehnen. Also schluckte er sein Mißvergnügen hinunter. Und mit der Zeit gewöhnte er sich daran, daß die anderen Männer mit Minbain kopulierten; und er selbst tat das sowieso, wie es ihm beliebte.
    Inzwischen machte sich niemand mehr über das Thema der Kopulation weiter Gedanken. Zur Kopulationszeit an diesem Abend erwählte sich Harruel die Weiawala. Ihr Fell war weich und schimmerte, und ihr Atem duftete warm und angenehm. Wenn sie überhaupt einen Fehler hatte, dann den, daß sie zu leidenschaftlich war und sich immer und immer wieder aufs neue an ihn drängte, bis er sie schließlich wegstoßen mußte, um sich ein wenig auszuruhen.
    In der Ferne schnatterten und röhrten und sangen Tiere grell durch die Nacht. Dann begann es zu regnen, wolkenbruchartig, und ihr Feuer erlosch. Niedergeschlagen kauerten sie sich alle dicht zusammen und wurden triefnaß. Weiter drüben hörte Harruel jemand brummen, daß man in Vengiboneeza doch wenigstens ein Dach überm Kopf gehabt hatte. Er fragte sich, wer das gesagt hatte: das konnte ein potentieller Störenfried werden. Doch Weiawala klammerte sich wieder an ihn und lenkte ihn ab, und er vergaß das Murren. Nach einer Weile ließen die Regengüsse nach, und er versank in Schlaf.
    Am anderen Morgen brachen sie ihr Lager ab und stiegen rutschend und kullernd die vom Regen glattgemachte Hangflanke hinab. Jene, die am Abend zuvor dem gewaltigen Becken inmitten des Graslandes wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatten, betrachteten es nun bei der Annäherung mit Interesse. Besonders Salaman schien davon fasziniert zu sein und blieb mehr als einmal stehen, um hinabzustarren.
    Als sie dann tief genug hinabgestiegen und so nahe herangekommen waren, daß sie nicht länger die ganze weite Mulde oder Schüssel erkennen konnten, sondern nur mehr die Biegung des ihnen nächstgelegenen Abschnitts des Randes, sagte Salaman plötzlich. »Ich weiß, was das ist.«
    »So, weißt du das?« sagte Harruel.
    »Es muß ein Ort sein, an dem ein Todesstern auf die Erde niedergeschlagen ist.«
    Harruel lachte rauh auf. »Oh, du Weitschauender! Du Hüter der Weisheit!«
    »Verspotte mich, wenn es dir beliebt«, sagte Salaman. »Ich glaube trotzdem, daß es so ist. Da, sieh dir einmal das an!«
    Auf der Strecke vor ihnen lag eine Vertiefung, in der sich der Regen gesammelt hatte, die aber nun kaum mehr als ein Tümpel voller weichen grauen Schlammes war. Salaman packte einen Steinbrocken, so schwer, daß er ihn kaum zu heben vermochte, und schleuderte ihn mit aller Kraft in einem hohen Bogen von sich, so daß er mit lautem Platschen mitten in den Tümpel fiel. Schlamm spritzte überall weit umher und traf Nittin und Galihine und Bruikkos.
    Salaman überhörte ihr zorniges Protestgeschrei. Er rannte los und zeigte auf die Stelle, an der der Steinbrocken niedergestürzt war. Er lag in dem aufgeweichten Boden halb begraben, und ringsum war der Modder gleichmäßig weggedrängt worden und formte einen kreisrunden Krater mit deutlich abgezeichnetem Rand.
    »Siehst du? Verstehst du?« fragte er. »Der Todesstern fällt in die Mitte des Graslandes. Und die Erde fliegt nach allen Seiten davon. Und das ist dann, was dabei herauskommt.«
    Harruel stierte ihn verdutzt an.
    Er hätte nicht gewußt, wie er entscheiden könnte, ob das, was Salaman da behauptete, wahr sei oder nicht. Wer hätte schon sagen können, was sich hier vor Hunderten von tausend Jahren wirklich abgespielt hatte? Was ihn allerdings erstaunte und beunruhigte, das war die scharfe Logik in Salamans Argumentation. Dies alles so durchzudenken, sich den Krater vorzustellen, zu vermuten, wie er sich gebildet haben konnte, sich bewußt zu werden, daß er die gleiche Wirkung erzielen könne, indem er einen Stein in den Schlamm schleuderte – also, wahrlich so etwas hätte man vielleicht von Hresh erwartet, aber von keinem

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