Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
sollen wir uns denn von denen vorschreiben lassen, wohin wir gehen dürfen und wohin nicht?«
    »Aber sie sind dermaßen viele! Und wir haben Harruel und Konya nicht mehr bei uns!«
    Koshmar funkelte ihn wütend an. »Diese Namen werden hier nie wieder genannt, Junge! Waren sie denn unsere einzigen Krieger? Nein, wir können in jedem Kampf auch so zurechtkommen. Geh und zähl die Beng. Geh schon und zähl sie!«
    Nach einigen Tagen erstatteten Haniman und Orbin Bericht, daß es einhundertundsiebzehn Beng gebe, Frauen und Kinder eingeschlossen, möglicherweise aber hätten sie einige der in den Häusern lebenden Säuglinge nicht miterfaßt. Mindestens vierzig Beng schienen Krieger zu sein. Koshmar brütete über diesem Zahlenmaterial und war beunruhigt. Das Volk verfügte über nur noch elf Krieger, und die waren nicht sämtlich in Höchstkondition für den Kampf. Vierzig Kämpfer dagegen, das stellte wahrlich ein gewichtiges Aufgebot dar.
    Und diese Tiere der Beng, ihre höckerigen Zinnobären, die frei und ungestört umhertrampelten und herumschnüffelten – auch sie fielen ins Gewicht, wenn auch auf andere Art. Sie zogen nämlich durch Vengiboneeza, wohin immer ihr Verlangen sie trieb, und kamen häufig direkt mitten in die Siedlung des Volkes, wo sie kleinere Bauten beschädigten, Sachen, die man zum Trocknen in der Sonne gebreitet hatte, verstreuten und zertrampelten und die Kinder in Angst und Schrecken versetzten. Koshmar war sich darüber im klaren, daß bei jedem Gefecht ihre Krieger gegen die auf diesen Bestien reitenden Krieger der Beng würden antreten müssen. Und ein solcher Kampf wäre der schlechte Irrsinn.
    Es gibt keine Möglichkeit, wie wir uns gegen diese Leute wehren könnten, dachte sie. Sie werden uns Vengiboneeza wegnehmen, ohne auch nur den kleinen Finger zu rühren.
    Wir sollten sofort von hier wegziehen – trotz der Weissagungen im Buch des Weges.
    Nein. Nein. Nein. Nein.
    »Du mußt uns allen die Sprache der Beng beibringen«, befahl Koshmar dem Hresh. Wenn die Beng – und das stand ja nun noch längst nicht sicher fest – tatsächlich Feinde des Volkes sein sollten… In vielerlei Hinsicht bemühten sie sich nämlich um ausgesprochen höfliches, ja sogar freundliches Betragen… jedoch, wenn es nötig werden sollte, mußte man in der Lage sein, sie auszuspionieren, und dazu mußte man verstehen, was sie sprachen. Hresh hatte irgendwie einen Weg gefunden, die Sprache zu meistern, ganz so, wie sie es erwartet hatte. Doch er behauptete, er sei noch nicht soweit, andere zu unterrichten. Er benötige ein festeres Fundament in der Sprache, zunächst einmal, und viel mehr Zeit für die Analyse und Klassifizierung seiner Kenntnisse, ehe er sein Wissen dem Stamm mitteilen könne.
    Koshmar war klar, daß Hresh log; er verbarg einfach vor ihr und Torlyri, wie geläufig er bereits in der Zunge der Beng-Leute sprechen konnte. Immer schon war er so gewesen, immer schon hatte er sein Ansehen und seinen Einfluß zu steigern gewußt, indem er besonderes Wissen für sich behielt. Jetzt jedoch war es seine verdammte Pflicht, seine Kenntnisse den anderen mitzuteilen, und Koshmar gab ihm zu verstehen, daß sie sein Spielchen durchschaue.
    »Nur noch ein paar Stunden mit Noum om Beng«, versprach Hresh. »Dann fange ich hier an und gebe Unterricht, Koshmar. Jeder kann es dann lernen.«
    »Aber werden wir es denn lernen können?«
    »Ach, das ja. Ja. Es gibt da keine wirklichen Schwierigkeiten an der Sprache, sobald man die Grundprinzipien einmal begriffen hat.«
    »Das gilt vielleicht für dich, Hresh.«
    »Wir alle werden bengisch reden wie die Beng«, sagte er. »Laß mir nur noch ein ganz klein bißchen Zeit, mich damit vertraut zu machen, dann werde ich – was ich weiß – mit allen und jedem teilen. Das verspreche ich dir.«
    Koshmar lächelte und bedachte ihn mit einer Umarmung. Der herrliche Hresh! Der unersetzliche Hresh! Kein anderer hätte das Volk durch diese schwere Durststrecke hindurchführen können. Was wäre es für ein Unglück gewesen, wenn Hresh seiner Mutter, Minbain, gefolgt und mit dem Harruel davongezogen wäre! Aber Koshmar wußte auch, daß sie ihn niemals hätte ziehen lassen. In diesem Punkt wäre sie unerbittlich geblieben; hier hätte sie gekämpft, selbst wenn dies ihren Tod, den Tod von allen bedeutet hätte. Ohne Hresh war der Stamm verloren. Und sie wußte dies.
    Sie sprachen eine Weile von dem Vordringen der Beng und von den Sperren, die an verschiedenen Stellen der

Weitere Kostenlose Bücher