Am Ende des Winters
Stadt errichtet worden waren. Hresh war der Überzeugung, daß die Beng bestimmte örtlichkeiten aus rein religiösen Gründen abgrenzten und nicht um ihren Anspruch auf dort möglicherweise befindliche Maschinen aus der Großen Welt zu fixieren. Doch sei er sich da bei weitem nicht sicher, sagte er, und es dränge ihn, sich wieder seinen eigenen Forschungen zu widmen, sobald die Bedingungen in der Stadt wieder sicherer geworden wären, damit nicht die Beng auf Sachen stießen, die für das Volk von Wert sein könnten.
Dann schwiegen sie. Allerdings gab es noch ein Thema, über das Koshmar mit ihm zu reden gedachte.
Nach einer Weile sagte sie also: »Sag mal, Hresh, zwischen dir und Taniane – gibt es da Schwierigkeiten?«
»Schwierigkeiten?« fragte er zurück und wich ihrem Blick aus. »Was denn für Schwierigkeiten?«
»Du möchtest gern mit ihr tvinnern.«
»Schon möglich.« Seine Stimme klang sehr dunkel.
»Hast du sie denn gebeten?«
»Einmal. Ich hab es ziemlich dumm angestellt.«
»Du solltest sie noch einmal bitten.«
Hresh sah ausgesprochen unbehaglich drein. »Sie kopuliert mit dem Haniman.«
»Kopulation und Tvinnr haben nichts miteinander gemein.«
»Ja, aber sie wird sich dem Haniman ehelich verbinden, oder nicht?«
»Keiner von den zweien hat irgendwas davon zu mir gesagt.«
»Aber sie werden es tun. Alle verbinden sich jetzt. Sogar…« Er unterbrach sich.
»Sprich nur weiter, Hresh.«
»Sogar Torlyri hatte für eine Weile einen festen Geliebten«, sagte er und sah elendiglich verlegen aus. »Tut mir leid, Koshmar. Ich wollte nicht…«
»Du brauchst gar nicht so zerknirscht zu sein. Meinst du denn, ich hätte das zwischen Torlyri und Lakkamai nicht gewußt? Aber das ist ja genau, worauf ich hinaus will. Selbst wenn Taniane sich mit Haniman verbandelt, und wohlgemerkt, ich sage keineswegs, daß sie das tun wird, dann hat diese Verbindung noch immer nichts mit dem Tvinnern zu tun, ebenso wenig wie eine Kopulation. Sie könnte trotzdem deine Tvinnr-Partnerin sein, wenn du das willst. Aber – du mußt sie eben darum bitten. Sie wird nämlich nicht dich bitten, begreifst du?«
»Aber, ich hab dir doch gesagt, ich hab sie schon einmal gebeten. Es hat nicht geklappt.«
»Bitte sie erneut, Hresh!«
»Es wird auch beim zweitenmal nicht klappen. Wenn sie dazu bereit ist, mit mir zu tvinnern, warum gibt sie mir das dann nicht irgendwie zu verstehen?«
»Sie hat Angst vor dir«, sagte Koshmar.
Er blickte zu ihr auf. Seine riesigen Augen schimmerten vor Verblüffung. »Angst – vor mir?«
»Ja, weißt du denn nicht, wie außergewöhnlich du bist? Meinst du nicht, daß dein Gehirn den ändern manchmal Furcht einjagt? Und das Tvinnr – die Begegnung zweier Bewußtheiten…«
»Taniane hat selbst ein starkes Bewußtsein«, sagte Hresh. »Für sie besteht überhaupt kein Anlaß, sich vor dem Tvinnr mit mir zu fürchten.«
»Gewiß, sie ist stark.« Stark genug, um eines Tages Führerin und Häuptling zu sein, sagte Koshmar bei sich selbst. Nur nicht gar so rasch, wie es ihr wohl lieb wäre. »Aber sie weiß nicht, ob sie dir im Tvinnr gewachsen wäre. Ich glaube jedoch, sie wäre wohl bereit, das zu wagen, wenn du sie nur noch einmal bitten würdest.«
»Glaubst du das wirklich, Koshmar?«
»Ja, das glaube ich. Aber sie wird nie von sich aus und zuerst an dich herantreten. Du mußt schon derjenige sein, der bittet.«
Er nickte. Sie konnte die wilden Gedanken hinter seinen Augen rasen sehen.
»Also, dann werde ich es tun! Und – danke, Koshmar. Ja, ich will mit ihr tvinnern! Ich will es!«
Hastig wandte er den Blick ab. Er schien vor Ungeduld zu glühen.
»Hresh?«
»Ja?« Es kam zögernd.
»Bitte sie, aber nicht heute, verstehst du? Nicht, solange die Vorstellung davon noch so in deinem Hirn brodelt. Laß dir Zeit und denk zunächst einmal darüber nach. Nimm dir Zeit und denke!«
Hresh lächelte. »Mach ich«, sagte er. »Du bist sehr klug, Koshmar. Du durchschaust das alles so viel besser als ich.« Und er ergriff ihre beiden Hände und drückte sie. Dann schoß er wie ein Pfeil über den Platz davon.
Koshmar blickte ihm nach. Er ist so gescheit, dachte sie. Und doch noch dermaßen jung, fast noch ein Knabe, und dabei so ernst – und so töricht. Aber alles wird sich für ihn zum Guten wenden.
Es ist so leicht, dachte sie, anderen in derlei Dingen zu helfen.
Dann sah sie Torlyri nahe der Tempelecke stehen. Ein Behelmter war von irgendwo aufgetaucht und mühte sich ab, ihr
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