Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
.Am Vorabend der Ewigkeit

.Am Vorabend der Ewigkeit

Titel: .Am Vorabend der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: .Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
notwendig, denn die Gefangenen sahen nicht sehr vertrauenerweckend aus.
    Es waren acht, und sie saßen in großen, durchsichtigen Käfigen, die man derart im Halbkreis aufgestellt hatte, daß sie sich gegenseitig ansehen konnten. Band Appa Bondi führte die drei Neuankömmlinge in die Mitte dieses Halbkreises.
    Jetzt konnten sie die Gefangenen besser betrachten. Jeder von ihnen litt an einer Verkrüppelung. Dem einen fehlten beide Beine. Bei dem zweiten fehlte das Fleisch am Unterkiefer, während der dritte vier deformierte Arme besaß. Der auffälligste hatte zwei Köpfe, von denen der eine Lily-Yo mißbilligend ansah. Er schien der Sprecher der Gefangenen zu sein, denn er war es, der ihnen zunickte und mit einem seiner beiden Münder zu reden begann.
    »Ich bin der Hauptgefangene und begrüße euch, Kinder. Ihr kommt von der Schweren Welt zu unserer Wahren Welt. Ihr werdet euch zu uns gesellen, weil ihr zu uns gehört. Wenn eure Schwingen und eure Haut auch neu sind, seid ihr uns doch willkommen.«
    »Ich bin Lily-Yo. Wir drei sind Menschen, ihr seid Flugmenschen. Wir wollen nichts mit euch zu tun haben.«
    Der Sprecher grunzte abfällig.
    »Immer derselbe Unsinn! Ihr seid schon Flugmenschen, und ihr gehört bereits zu uns. Ihr wißt wenig, wir aber wissen sehr viel.«
    »Aber wir ...«
    »Schweig!«
    »Wir sind ...«
    »Du schweigst jetzt, Weib! Hör zu!« Band Appa Bondi unterstrich seine Worte durch eine Gebärde der Ungeduld.
    »Wir wissen viel«, wiederholte der Hauptgefangene. »Ein wenig davon werden wir euch jetzt berichten. Jeder, der von der Schweren Welt hierher gelangt, verändert sich. Einige sterben auch, aber den meisten wachsen Schwingen. Die Veränderung wird durch die Strahlung verursacht, von der der Raum zwischen den beiden Welten voll ist. Erst als ihr zur Wahren Welt kamt, wurdet ihr auch wahre Menschen. Die Made der Tigerfliege wird auch erst dann zur Tigerfliege, wenn sie sich verwandelt hat. Genauso verwandeln sich auch die Menschen in Flugmenschen.«
    »Ich verstehe kein Wort«, knurrte Haris und warf sich auf den Boden. Lily-Yo und Flor aber hörten weiter zu. Erstere sagte:
    »Wir kamen hierher, weil wir glaubten, sterben zu müssen.«
    »Auch die Larve der Tigerfliege glaubt das, bevor sie sich verwandelt.« Der Hauptgefangene streckte die Hände aus. »Ihr seid jung, denn euer Leben beginnt erst. Wo sind eure Seelen?«
    Lily-Yo und Flor sahen sich unschlüssig an. Während ihrer Flucht vor der Mordschlange hatten sie ihre Seelen verloren.
    »Nicht weiter schlimm, denn ihr benötigt sie jetzt nicht mehr. Ihr werdet Kinder haben, und einige der Kinder werden vielleicht schon mit Flügeln geboren werden.«
    Der Gefangene ohne Arme fügte hinzu:
    »Einige werden auch verkrüppelt geboren werden, so wie wir.«
    »Warum hat man euch nicht gleich getötet«, grollte Haris.
    »Weil wir alle Dinge wissen. Nicht die äußeren Formen allein sind wichtig. Es ist genauso wichtig, viel zu wissen. Weil wir uns nicht gut bewegen können, denken wir viel. Dieser Stamm ist klug und hat den Wert des Wissens begriffen, darum lassen sie uns regieren.«
    Lily-Yo warf Flor einen verwunderten Blick zu.
    »Du willst damit sagen, daß ihr armen Krüppel diese Welt regiert?« fragte sie. »Warum seid ihr dann Gefangene?«
    »Herrschen bedeutet dienen, Weib. Diejenigen, welche Macht haben, werden auch von ihr beherrscht. Nur der Gesetzlose ist frei. Weil wir Gefangene sind, haben wir Zeit zum Sprechen, Denken und Planen. Wir sind die Macht, aber wir herrschen ohne Macht.«
    »Niemand wird euch belästigen, Lily-Yo«, sagte Band Appa Bondi. »Ihr werdet frei unter uns leben und glücklich sein.«
    »Nein«, widersprach der Hauptgefangene mit beiden Mündern zugleich. »Bevor sie ganz zu uns gehören, sollen sie helfen, unseren großen Plan zu verwirklichen. Die beiden Frauen –, denn der Mann ist zu schwach.«
    »Du meinst, wir sollten ihnen von der Invasion erzählen?« fragte Bondi verwundert.
    »Warum nicht? Flor und Lily-Yo, ihr kamt zur rechten Zeit. Die Erinnerung an die Schwere Welt ist noch frisch bei euch. Wir benötigen diese Erinnerungen. Wir bitten euch also, in die alte Heimat zurückzukehren – im Zuge eines Unternehmens, das wir planen.«
    »Zurückgehen?« Flor war entsetzt.
    »Ja, denn wir haben vor, die Schwere Welt anzugreifen. Ihr sollt uns dabei helfen und uns führen.«

6
     
    Der lange Nachmittag der Ewigkeit dauerte an. Eines Tages würde er zur ewigen Nacht werden. Bis dahin stand die

Weitere Kostenlose Bücher