.Am Vorabend der Ewigkeit
gelangten zum Hinterteil des Tieres, wo keine Gefahr mehr bestand, daß sie von ihm gesehen wurden. Alles war so ruhig und still, als wären sie auf dem Gipfel eines einsamen Berges.
Sie hielten sich bei den Händen und begannen mit dem Abstieg. Am einen Ende ging Bondi, am anderen Lily-Yo. Der Körper des Traversers war voller Narben und Hindernisse. Die Haut war fleckig und vielfarbig und gut getarnt. An vielen Stellen wuchsen pflanzliche Parasiten, deren Wurzeln Kraft aus dem Gastkörper holten. Die meisten von ihnen würden eingehen, sobald der Traverser die Atmosphäre der Wahren Welt verließ.
Es dauerte lange, bis die Menschen endlich fanden, was sie suchten.
»Hier!« rief Y-Coyin, eine der Frauen. »Das muß es sein!«
Sie scharten sich um sie, vorsichtshalber die Messer in der Hand.
Ja, das war es, was sie nach dem Willen der Gefangenen finden sollten! Ein Teil der Haut und der Haare waren fein säuberlich abgebissen worden. An ihrer Stelle war eine runde Narbe zu sehen. Lily-Yo bückte sich, um sie zu untersuchen. Sie war hart und fest. Lo Jint legte sein Ohr dagegen und lauschte. Schweigen.
Sie sahen sich an, aber ein Befehl von Bondi war unnötig. Sie wußten, was sie zu tun hatten.
Sie knieten nieder und begannen die Kruste mit ihren Messern abzulösen. Einmal rührte sich der Traverser, aber für ihn konnte der Schmerz nicht mehr als ein kaum merkliches Jucken sein. Nach kurzer Unterbrechung gruben sie weiter.
Endlich ließ sich der Narbendeckel abheben. Dahinter war ein dunkler, runder Gang. Er führte in den Leib des Traversers hinein.
»Ich werde vorangehen«, sagte Bondi.
Er bückte sich und verschwand in dem Tunnel. Die anderen folgten ihm. Der letzte zog den Deckel wieder zu, und mit einem schmatzenden Geräusch begann sofort der Heilprozeß, der ihn wieder fest mit dem Körper verschweißen würde.
Abwartend blieben sie stehen, wo sie waren. Um sie herum war ein dumpfes Pulsieren und Vibrieren. Die Luft war stickig. Ihre Herzen schlugen aufgeregt.
Sie waren in doppelter Hinsicht auf feindlichem Boden angelangt. Die Traverser waren nur selten und meist unbeabsichtigt die Verbündeten der Menschen. Meist verzehrten sie sie mit dem gleichen Appetit wie ihre andere Beute. Die Höhle, in der sie jetzt standen, war das Werk der weiblichen Tigerfliege. Ihr war es gelungen, das mächtigste aller Lebewesen zur Nahrung für ihren Nachwuchs zu bestimmen. Alle Tigerfliegen taten das.
Sie hatte mit ihrem Stachel einen Tunnel in den Leib des Traversers gebohrt und eine Höhle geschaffen, deren Wände sie mit einer Körperflüssigkeit derart präparierte, daß eine Heilung nicht stattfinden konnte. Dann hatte sie ihre Eier gelegt, den Tunnel verschlossen und war davongeflogen. Wenn die Larven ausschlüpften, würden sie keinen Hunger haben.
Nachdem sie fünf Minuten lang ohne jeden Laut gewartet hatten, gab Bondi das Zeichen zum Weitermarsch. Erst jetzt gelangten sie nach einer Biegung in die eigentliche Geburtskammer, wo die Eier abgelegt worden waren.
Irgend etwas vor ihnen bewegte sich.
»Vorsicht!« rief Bondi besorgt.
Aus der Dunkelheit heraus stürzte sich etwas auf sie.
Die Larven der Tigerfliege waren bereits ausgeschlüpft. Mit ihren Beißwerkzeugen, größer als Männerarme, griffen sie die Eindringlinge an.
Es gelang Bondi, die erste Larve aufzuschlitzen, aber schon die zweite biß ihm den Kopf ab. Er stürzte, und über ihn hinweg drangen die restlichen elf Menschen vor und griffen die räuberischen Larven mit aller Entschlossenheit an. Sie waren leicht zu verwunden, denn ihre Leiber besaßen keinen Panzer und waren weich. Nur die Köpfe mit den scharfen Zähnen konnten gefährlich werden, wenn sie gewußt hätten, wie man einen Gegner bekämpft.
Die elf Menschen aber wußten es.
Sie stachen zu, traten und töteten, bis sie knöcheltief im Blut der Larven standen. Sie fühlten weder Haß noch Erbarmen, aber sie wußten, daß der Tod der Larven für sie das Leben bedeutete.
Endlich starb die letzte. Bondi war tot. Elf waren sie jetzt nur noch, und sie krochen in einer Ecke zusammen, um zu warten.
Es würde ein langes Warten werden.
Der Traverser rührte sich.
Vor ihm lag eine Aufgabe, ahnte er. Er hatte etwas zu tun, das getan werden mußte. Er pumpte sich voll Sauerstoff und stieg langsam an seinem Tau in die Höhe.
Langsam zuerst, dann schneller, bis die Luft dünner wurde. Früher hatte er hier haltgemacht, aber heute war kein Grund dafür vorhanden. Luft
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