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Amerika

Amerika

Titel: Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Frau, ging mit einer bei ihrer Dicke bewunderungswerten Beweglichkeit zu einem Tisch hin, schnitt mit einem langen, dünnen, sägeblattartigen Messer ein großes Stück mit viel Fleisch durchwachsenen Specks ab, nahm aus einem Regal einen Laib Brot, hob vom Boden drei
    Flaschen Bier auf und legte alles in einen leichten Strohkorb, den sie Karl reichte. Zwischendurch erklärte sie Karl, sie habe ihn deshalb hierhergeführt, weil die Eßwaren draußen auf dem
    Büfett im Rauch und in den vielen Ausdünstungen trotz dem schnellen Verbrauch immer die Frische verlieren. Für die Leute draußen sei aber alles gut genug. Karl sagte nun gar nichts mehr, denn er wußte nicht, wodurch er diese auszeichnende Behandlung verdiene. Er dachte an seine Kameraden, die
    vielleicht, so gute Kenner Amerikas sie auch waren, doch nicht bis in diese Vorratskammer gedrungen wären und sich mit den verdorbenen Eßwaren auf dem Büfett hätten begnügen müssen.
    Man hörte hier keinen Laut aus dem Saal, die Mauern mußten sehr dick sein, um diese Gewölbe genügend kühl zu erhalten.
    Karl hatte schon den Strohkorb ein Weilchen lang in der Hand, dachte aber nicht ans Zahlen und rührte sich auch nicht. Nur als die Frau noch nachträglich eine Flasche, ähnlich denen, die draußen auf den Tischen standen, in den Korb legen wollte, dankte er schaudernd.
    »Haben Sie noch einen weiten Marsch?« fragte die Frau.
    »Bis nach Butterford«, antwortete Karl.
    »Das ist noch sehr weit«, sagte die Frau.
    »Noch eine Tagereise«, sagte Karl.
    »Nicht weiter?« fragte die Frau.
    »O nein«, sagte Karl.
    Die Frau rückte einige Sachen auf den Tischen zurecht, ein Kellner kam herein, schaute suchend herum, wurde dann von der Frau auf eine große Schüssel, in der ein breiter, mit ein wenig Petersilie bestreuter Haufen von Sardinen lag,
    hingewiesen und trug dann diese Schüssel in den erhobenen Händen in den Saal hinaus.
    »Warum wollen Sie denn eigentlich im Freien übernachten?«
    fragte die Frau.
    »Wir haben hier Platz genug. Schlafen Sie bei uns im Hotel.«
    Das war für Karl sehr verlockend, besonders da er die vorige Nacht so schlecht verbracht hatte.
    »Ich habe mein Gepäck draußen«, sagte er zögernd und nicht ganz ohne Eitelkeit.
    »Das bringen Sie nur her«, sagte die Frau, »das ist kein
    Hindernis.«
    »Aber meine Kameraden!« sagte Karl und merkte sofort, daß die allerdings ein Hindernis waren.
    »Die dürfen natürlich auch hier übernachten«, sagte die Frau.
    »Kommen Sie nur! Lassen Sie sich nicht so bitten.« »Meine Kameraden sind im übrigen brave Leute«, sagte Karl, »aber sie sind nicht rein.«
    »Haben Sie den Schmutz im Saal nicht gesehen?« fragte die Frau und verzog das Gesicht. »Zu uns kann wirklich der Ärgste kommen. Ich werde also gleich drei Betten vorbereiten lassen.
    Allerdings nur auf dem Dachboden, denn das Hotel ist
    vollbesetzt, ich bin auch auf den Dachboden übersiedelt, aber besser als im Freien ist es jedenfalls.«
    »Ich kann meine Kameraden nicht mitbringen«, sagte Karl. Er stellte sich vor, welchen Lärm die beiden auf den Gängen dieses feinen Hotels machen würden; Robinson würde alles
    verunreinigen und Delamarche unfehlbar selbst diese Frau
    belästigen.
    »Ich weiß nicht, warum das unmöglich sein soll«, sagte die Frau, »aber wenn Sie es so wollen, dann lassen Sie eben Ihre Kameraden draußen und kommen allein zu uns.«
    »Das geht nicht, das geht nicht«, sagte Karl, »es sind meine Kameraden und ich muß bei ihnen bleiben.«
    »Sie sind starrköpfig«, sagte die Frau und sah von ihm weg
    »man meint es gut mit Ihnen, möchte Ihnen gern behilflich sein, und Sie wehren sich mit allen Kräften.« Karl sah das alles ein, aber er wußte keinen Ausweg, so sagte er nur noch: »Meinen besten Dank für Ihre Freundlichkeit.« Dann erinnerte er sich daran, daß er noch nicht gezahlt hatte, und fragte nach dem schuldigen Betrag.
    »Zahlen Sie das erst, wenn Sie mir den Strohkorb
    zurückbringen«, sagte die Frau. »Spätestens morgen früh muß ich ihn haben.«
    »Bitte«, sagte Karl. Sie öffnete eine Türe, die geradewegs ins Freie führte, und sagte noch, während er mit einer Verbeugung hinaustrat: »Gute Nacht, Sie handeln aber nicht recht.« Er war schon ein paar Schritte weit, da rief sie ihm noch nach: »Auf Wiedersehen morgen!«
    Kaum war er draußen, hörte er auch schon wieder aus dem
    Saal den ungeschwächten Lärm, in den sich jetzt auch Klänge eines Blasorchesters mischten. Er war froh,

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