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Amerika

Amerika

Titel: Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Geld hingelegt und wäre mit Freude
    weggegangen. Aber gerade vor ihm lagen nur Schüsseln mit
    heringartigen Fischen, deren schwarze Schuppen am Rande
    goldig glänzten. Die konnten sehr teuer sein und würden
    wahrscheinlich niemanden sättigen. Außerdem waren kleine
    Fäßchen mit Rum erreichbar, aber Rum wollte er seinen
    Kameraden nicht bringen, sie schienen schon sowieso bei jeder Gelegenheit nur auf den konzentriertesten Alkohol auszugehen und darin wollte er sie nicht noch unterstützen.
    Es blieb also Karl nichts übrig, als einen anderen Platz zu suchen und mit seinen Bemühungen von vorne anzulangen. Nun aber war auch schon die Zeit sehr vorgerückt. Die Uhr am
    anderen Ende des Saales, deren Zeiger man bei scharfem
    Hinsehen durch den Rauch gerade noch erkennen konnte, zeigte schon neun vorüber. Anderswo am Büfett war aber das
    Gedränge noch größer als an dem früheren, ein wenig
    abgelegenen Platz. Außerdem füllte sich der Saal desto mehr, je später es wurde. Immer wieder zogen durch die Haupttüre mit großem Hallo neue Gäste ein. An manchen Stellen räumten
    Gäste selbstherrlich das Büfett ab und setzten sich aufs Pult und tranken einander zu, es waren die besten Plätze, man übersah den ganzen Saal.
    Karl drängte sich zwar noch weiter durch, aber eine
    eigentliche Hoffnung, etwas zu erreichen, hatte er nicht mehr. Er machte sich Vorwürfe darüber, daß er, der die hiesigen
    Verhältnisse nicht kannte, sich zu dieser Besorgung angeboten hatte. Seine Kameraden würden ihn mit vollem Rechte
    auszanken und gar noch denken, daß er, nur um Geld zu sparen, nichts mitgebracht hatte. Nun stand er gar in einer Gegend, wo ringsherum an den Tischen warme Fleischspeisen mit schönen, gelben Kartoffeln gegessen wurden; es war ihm unbegreiflich, wie sich die Leute das verschafft hatten.
    Da sah er ein paar Schritte vor sich eine ältere, offenbar zum Hotelpersonal gehörige Frau, die lachend mit einem Gaste
    redete. Dabei arbeitete sie fortwährend mit einer Haarnadel in ihrer Frisur herum. Sofort war Karl entschlossen, seine
    Bestellung bei dieser Frau vorzubringen, schon weil sie ihm als die einzige Frau im Saal eine Ausnahme vom allgemeinen Lärm und Jagen bedeutete und dann auch aus dem einfachen Grunde, weil sie die einzige Hotelangestellte war, die man erreichen konnte, vorausgesetzt allerdings, daß sie nicht beim ersten Wort, das er an sie richten würde, in Geschäften fortlief. Aber ganz das Gegenteil trat ein. Karl hatte sie noch gar nicht angeredet, sondern nur ein wenig belauert, als sie, wie man eben manchmal mitten im Gespräch beiseite schaut, zu Karl hinsah und ihn, ihre Rede unterbrechend, freundlich und in einem Englisch, klar wie die Grammatik, fragte, ob er etwas suche.
    »Allerdings«, sagte Karl »ich kann hier gar nichts
    bekommen.«
    »Dann kommen Sie mit mir, Kleiner«, sagte sie,
    verabschiedete sich von ihrem Bekannten, der seinen Hut
    abnahm, was hier wie unglaubliche Höflichkeit erschien, faßte Karl bei der Hand, ging zum Büfett, schob einen Gast beiseite, öffnete eine Klapptüre im Pult, durchquerte den Gang hinter dem Pult, wo man sich vor den unermüdlich laufenden Kellnern in acht nehmen mußte, öffnete eine zweifache Tapetentüre, und schon befanden sie sich in großen, kühlen Vorratskammern.
    ›Man muß eben den Mechanismus kennen‹, sagte sich Karl.
    »Also, was wollen Sie denn?« fragte sie und beugte sich
    dienstbereit zu ihm herab. Sie war sehr dick, ihr Leib schaukelte sich, aber ihr Gesicht hatte eine, natürlich im Verhältnis, fast zarte Bildung. Karl war fast versucht, im Anblick der vielen Eßwaren, die hier sorgfältig in Regalen und auf Tischen
    aufgerichtet lagen, für seine Bestellung rasch ein feineres Nachtessen auszudenken, besonders da er erwarten konnte, von dieser einflußreichen Frau billiger bedient zu werden, schließlich aber nannte er doch wieder, da ihm nichts Passendes einfiel, nur Speck, Brot und Bier.
    »Nichts weiter?« fragte die Frau.
    »Nein danke«, sagte Karl, »aber für drei Personen.«
    Auf die Frage der Frau nach den beiden anderen erzählte Karl in ein paar kurzen Worten von seinen Kameraden, es machte ihm Freude, ein wenig ausgefragt zu werden.
    »Aber das ist ja Essen für Sträflinge«, sagte die Frau und erwartete nun offenbar weitere Wünsche Karls. Dieser aber fürchtete nun, sie werde ihn beschenken und kein Geld
    annehmen wollen, und schwieg deshalb. »Das werden wir gleich zusammengestellt haben«, sagte die

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