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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nicht einleuchtend vor. Ich kann mir nicht vorstellen, wie irgend jemand über Kapitän Vertigus’ Vorhaben Bescheid gewußt haben sollte« – fest erwiderte sie Warden Dios’ Blick –, »es sei denn, er hätte jemanden eingeweiht. Aber auf alle Fälle war er da und strahlte eine Leutseligkeit aus, die mich an gesundheitsschädliche Emissionen erinnerte.« Angesichts ihrer unverhohlenen Abneigung gegen den Geschäftsführenden Obermanagementdirektor lachte Hashi Lebwohl halblaut.
    »Sie wissen, was dann geschah«, fügte Hannish hinzu, an Dios gewandt hinzu, ohne so zu tun, als stellte sie eine Frage. »Kapitän Vertigus hat eine Gesetzesvorlage für ein Abtrennungsgesetz präsentiert. Er will unseren Status als Organisation der VMKP beenden und uns in ein Organ des EKRK umwandeln…«
    Warden Dios wiederum verzichtete auf jede Vorspiegelung, darüber verblüfft zu sein.
    »Fane hat eine Reihe von Gegenargumenten vorgetragen«, erzählte Koina Hannish, »und anschließend mich um Unterstützung angesprochen. Ich habe offiziell unsere völlige Neutralität in dieser Angelegenheit verkündet und die Gründe genannt. Anscheinend hörte Fane das alles nur ungern.«
    »Das glaube ich auf Anhieb«, bemerkte der VMKP-Polizeipräsident ironisch. »Vielleicht ist das die Erklärung, weshalb er mich in den vergangenen zwei Stunden alle zwanzig Minuten anzurufen versucht hat.« Warden Dios wies auf den Interkom-Apparat. »Zum Glück war ich zu beschäftigt, um mit ihm telefonieren zu können.«
    Vielleicht hatte er recht; vielleicht nicht. Hashi Lebwohl konnte sich wenigstens einen anderen Anlaß für Cleatus Fanes Anrufe ausmalen.
    Koina Hannish offensichtlich nicht. Oder sie betrachtete es nicht als Grund, ihre Schilderung des Ablaufs der Sondersitzung zu unterbrechen. »Wenig später hat Direktor Lebwohl den Kaze erkannt. Wie’s ihm eigentlich gelungen ist, hat er uns bis jetzt verschwiegen. Aber wäre er nicht zugegen gewesen, hätte das Attentat erheblich mehr Menschen das Leben gekostet. Sicherlich wären etliche Konzilsdelegierte getötet worden. Allerdings waren die Folgen immer noch scheußlich genug.« Vielschichtige Ängste verdüsterten ihre Stimme. »Der EKRK-Schutzdienst hat einen Toten zu beklagen. Einem Kadetten des OA-Sicherheitsdiensts ist eine Hand abgerissen worden. Und die Gesetzesvorlage ist abgelehnt worden. Ich denke mir, die Konzilsdeputierten sind auf Fanes Argument hereingefallen, durch die Abtrennung von den VMK würden wir geschwächt, während gerade jetzt doch ihr Leben davon abhängig ist, daß wir möglichst stark sind.«
    Sie verstummte. Nach einem Moment heftete sie den Blick auf Hashi Lebwohl.
    Auch Dios und Sicherheitschef Mandich schauten den DA-Direktor an. Nun war es an ihm, das Wort zu ergreifen.
    Er zögerte nicht im mindesten. Inmitten der Ungewißheiten, die sich in Warden Dios’ Konferenzzimmer häuften, der spürbaren Ballung verborgener Bestrebungen, fühlte er sich daheim, in seinem Element. »Polizeipräsident Dios«, sagte er mit pfiffigem Schmunzeln, »es könnte ganz unterhaltsam sein, den Anruf des Geschäftsführenden Obermanagementdirektors anzunehmen.«
    »Warum?« fragte Warden Dios.
    Hashi Lebwohl hob leicht die Schultern. »Ich habe den Verdacht, daß sein Wunsch, mit Ihnen zu reden, wenig oder nichts mit Kapitän Vertigus’ Gesetzesvorlage zu schaffen hat. Es ist möglich, daß die Dinge, die er vernebeln zu können hofft, völlig anderer Art sind.«
    Warden Dios schüttelte den Kopf. Allem Anschein nach überraschte ihn gar nichts mehr. »Zuerst möchte ich Ihren mündlichen Bericht hören.«
    Hashi deutete eine Verbeugung an. »Wie Sie wünschen.«
    Um das Fordernde, das von Koina Hannishs und Sicherheitschef Mandichs Aufmerksamkeit ausging, scherte er sich nicht; er unterbreitete seine Informationen ausschließlich Warden Dios.
    »Die Methode, dank der ich in der EKRK-Sondersitzung den Kaze entlarven konnte, ist schnell erklärt. Ich habe den Mann schlicht und einfach gekannt. Das heißt, trotz seiner EKRK-Schutzdienstuniform habe ich gemerkt, daß er kein anderer war als der berüchtigte Kapitänhauptmann Nathan Alt. Wären Sie im Sitzungssaal gewesen, Sie hätten ihn genausogut wiedererkannt.«
    Bei der Nennung des Namens stockte Koina Hannish der Atem. Der Sicherheitschef knurrte gedämpft einen Kraftausdruck.
    Warden Dios’ Brauen rutschten nach oben, doch er enthielt sich jeden Kommentars.
    Die Freude an den eigenen Erläuterungen erwärmte Hashis Herz.

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