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Analog 01

Analog 01

Titel: Analog 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Patentrechtsverletzung schuldig, bis er den Gegenbeweis erbringen kann. Außerdem ist Patentrechtsverletzung ein Kriminaldelikt; es wird mit der Todesstrafe geahndet.“
    Plötzlich wurde lautes Murren im Saal laut, wie das Summen eines Schwarms lauter Insekten. Richter Speyer schlug mit dem Hammer auf die Bankoberfläche. Nachdem das Murmeln erstorben war, sprach er genüßlich weiter. „Ich will eine ordentliche Gerichtsverhandlung. Sollte ich zu der Überzeugung kommen, daß dies in diesem Rahmen unmöglich ist, werde ich das Publikum ausschließen lassen.“
    Plötzlich wurde es still.
    „Wie ich schon sagte“, fuhr er fort, „sieht das neue Patentrecht für den Hauptverantwortlichen der Rechtsübertretung die Todesstrafe vor. Es dürfte außer Frage stehen, daß der Kongreß damit den Direktor oder den Aufsichtsratsvorsitzenden einer Firma meinte. Aber im Laufe der Zeit kristallisierte sich heraus, daß die Todesstrafe abtretbar war. Der Direktor der Firma muß te lediglich jemanden finden, der bereit war, seine Todesstrafe zu übernehmen. Eine solche Person nennen wir Optierenden .“ Er betrachtete für kurze Zeit seine Unterlagen, danach hob er den Kopf und sah sich im Gerichtssaal um. „Mrs. Welles?“
    Ellen Welles wollte sich erheben. „Nein“, flüsterte Thomas. „Sagen Sie einfach nur ‚Ja, Euer Ehren’ und beantworten Sie seine Fragen.“
    Sie setzte sich nervös wieder. „Ja, Euer Ehren.“
    „Sie sind die Optierende?“
    „Ja.“
    „Ihnen ist bekannt, daß Sie, sollte das Verfahren tatsächlich eine Rechtsverletzung enthüllen, eine Lösung von einem Gramm Kaliumzyanid in Wasser trinken müssen?“
    „Das ist mir bekannt, Euer Ehren.“
    „Wenn Sie schuldig gesprochen werden und sich weigern sollten, die Flüssigkeit zu trinken, so wird Ihnen das Zyankali gewaltsam injiziert werden. Ist Ihnen auch das bekannt?“
    „Ja, Euer Ehren.“
    „Nun denn“, sagte Speyer, „so müssen wir schließlich noch das Unschätzbare schätzen. Ich muß Sie daher fragen, ob Sie die für Ihr Erscheinen hier erforderliche Kaution ordnungsgemäß hinterlegt haben?“
    „Das habe ich, Euer Ehren.“
    „Diese Kaution besteht aus allen Anteilen von Welles Engineering Corporation?“
    „Ja, Euer Ehren.“
    „Sollten Sie nicht ordnungsgemäß hier erscheinen, so wird die gesamte Kaution beschlagnahmt. Sie müssen die Lösung dann trotzdem trinken, und sollte das auf Ihren Widerstand stoßen, so kann Ihnen ebenfalls gewaltsam Zyankali injiziert werden.“
    „Ja.“
    „Diese Verhandlung wird zwei, möglicherweise drei Tage dauern. Haben Sie noch so lange zu leben?“
    „Das wurde mir von meinen Ärzten bestätigt, Euer Ehren.“
    Er studierte das medizinische Gutachten, das den Unterlagen beigefügt war. Die Ärzte gaben ihr noch einen bis sechs Mona te. Merkwürdige Sache. Sie mußte noch lange genug leben, damit er das Urteil verkünden konnte. Lange genug leben, um zu sterben. Interessantes Paradoxon. Er fragte sich, ob sie das auch so sah. Wahrscheinlich nicht. „Sie hinterlassen …“
    „Eine Tochter, Euer Ehren. Dreizehn.“
    „Ja. Ich sehe. Nun, damit sind Sie eine zulässige Optierende. Sie müssen jetzt während der Dauer der ganzen Verhandlung einen Kopfschutz tragen. Haben Sie einen eigenen, oder soll Ihnen der Kläger einen zur Verfügung stellen?“
    Quentin Thomas gab ihr eine schwarze Mütze. „Ich habe eine eigene, Euer Ehren“, sagte sie. Sie zog die Larve wie eine Skimaske über den Kopf und sah aus halbverborgenen Augen zu Speyer empor.
    „Dann beginnen wir“, sagte Speyer. Er sah hinüber zum Kläger. Der Kläger nickte. Speyer fuhr fort. „An dieser Stelle muß, nach den Regeln des Gerichts, der Test durchgeführt werden. Gerichtsdiener, sind Sie bereit für den Test?“
    „Das bin ich, Euer Ehren.“
    „So heben Sie Ihre rechte Hand.“
    Der Gerichtsdiener hob die rechte Hand.
    „Schwören Sie, den Test in bestem Wissen und streng in Übereinstimmung mit dem Gesetz durchzuführen?“
    „Jawohl.“
    „Dann beginnen Sie, und beschreiben Sie jeden Handgriff.“
    „Ja, Euer Ehren.“ Er zog ein Paar Gummihandschuhe über, seine Stimme wurde zu einem monotonen Singsang. „Zuerst gebe ich acht Unzen Wasser in dieses Glas hier, danach nehme ich diese Balkenwaage, lege in eine Schale einen Gewichtsstein von einem Gramm und lege in die andere ein Filterpapier. Dann nehme ich diese braune Flasche, die chemisch reines Kaliumzyanid enthält, und schütte genug des Giftes auf

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