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Analog 06

Analog 06

Titel: Analog 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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einer Klarheit, wie sie nur Menschen, die am Rand des Todes stehen, gegeben ist.
    Noch während Sorrel ihn betrachtete, schien der Blutsbandschaftler zu altern. Sorrel hatte den Alterungsprozeß unzähliger Rosaner miterlebt, er hatte es häufiger beobachtet als irgendein Rosaner, und in seiner verzweifelten Lage erkannte Sorrel auf Sekunden genau, wie lange der Blutsbandschaftler noch zu leben hatte. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Sorrel winkte der Wache mit den Armen. „Wache!“ wiederholte er Kip Surs Ruf mit erhöhter Lautstärke. Er sprang geradezu über den Tisch und umklammerte den Blutsbandschaftler mit einem stählernen Griff. Der überraschte Rosaner wehrte sich, aber er konnte es mit Sorrels Kräften nicht aufnehmen.
    Kip Sur brüllte den Wachen seine Befehle zu, aber Sorrel übertönte ihn: „Der Blutsbandschaftler ist vergiftet worden! Holt sofort einen Arzt! Kommen Sie her und helfen Sie mit, ihn auf den Boden zu legen. Er hat Krämpfe, und ich fürchte, er könnte sich selbst verletzen!“ Gerade in diesem Augenblick bäumte sich der Rosaner noch einmal auf, und er fiel gemeinsam mit Sorrel zu Boden.
    Der Blutsbandschaftler holte tief Luft. „Haß!“ spuckte er Sorrel ins Gesicht.
    Sein Atem war süß von Nektarduft.
    Ein Wächter beugte sich unsicher über sie. „Um welches Gift handelt es sich?“ fragte er.
    Sorrel richtete sich mühsam auf und schüttelte den Kopf. „Ich habe mich geirrt, halten Sie die Ärzte zurück.“ Hirnblut ergoß sich auf den Boden. „Es war nur … das Alter.“
     
    „Sie wollen, daß ich eine Larve mit dem Blut von Prai Kan Tor Loov speise?“ Der Blutwart sah Sorrel mißtrauisch an. „Das ist ein Supremi-Blutwart und kein UL-Techniker. Was wollen Sie denn damit erreichen?“
    „Haben wir Dringlichkeitsstufe Eins oder nicht?“ schnappte Sorrel. Er hatte die Operation bereits verzögert, und je länger der Blutwart darüber nachdachte, desto eher würde ihm eine plausible Erklärung einfallen. „Die UL-Techniker-Blutlinien sind alle vernichtet, dafür haben Ihre Vorfahren gesorgt. Jetzt suchen wir nach nahen Verwandtschaftsgraden dieser Linien. Es gibt nur wenige Blutbehälter mit einem hohen Anteil von UL-Vorfahren. Der Computer hat errechnet, daß Prai Kan zu diesen Fällen gehört.“
    Das Mißtrauen nahm nicht ab. „Sie haben keine Verfügungsgewalt über das Blut von Blutwarten.“
    Sorrel kreuzte die Arme vor der Brust. „Muß ich mich erst mit dem Blutsbandschaftler in Verbindung setzen, damit er Ihnen Beine macht? Meinen Sie, uns wurde die Dringlichkeitsstufe zum Spaß eingeräumt?“
    Der Rosaner preßte die Lippen zusammen, aber schließlich unterzeichnete er die Papiere. „Mit der nächsten Generation wird er sich uns anschließen. Mögen Sie bei der aufgehenden Sonne sterben, Geheiligter.“
    Am nächsten Tag kehrte Sorrel zur Blutwacht zurück. Er stellte fest, daß ein lächelndes Gesicht die Stelle des verdrießlichen eingenommen hatte. „Meine Kinder werden sich immer an diesen Augenblick erinnern“, begann der neue Blutwart. „Mein Name ist Col Salm Keer Prai, Mensch Everwood.“
    „Abkömmling von Mai Toam Let Call?“
    Die Augen des Rosaners strahlten vor Vergnügen. „Sind Sie ein Mitglied der herrschenden Supremi-Familie? Wenn ja, dann bin ich es nicht, wenn nein, dann bin ich es.“
    Sorrel stimmte in das Lachen des Blutwartes ein. „Wie ist Ihr Blutgedächtnis?“
    „Sehr präzise. Ich habe mir die Freiheit genommen, bereits einige Blutmahle speziell für Ihre Zwecke zu arrangieren. Ich bin sicher, Sie werden überrascht sein, wie schnell meine Blutmischungen Techniker mit guten UL-Erinnerungen herbeischaffen werden.“
    „Ja, das glaube ich auch. Aber es gibt noch anderes, wichtigeres Blut, von dem Sie nichts wissen.“ Sorrel berichtete ihm von den geheimen UL-Projekt-Höhlen. „Das Hirnblut aller Techniker, die in den Höhlen gestorben sind, sollte noch dort sein. Wir werden eine wahre Wiedergeburt erleben, wenn es Ihnen irgendwie gelingt, dies Blut in das System einzugliedern.“
    Col Salm dachte einen Augenblick lang nach. „Schwierig, aber äußerst wichtig. Es soll geschehen.“ Er starrte Sorrel mit dem bewundernden Blick eines Kindes an, der diesem nur zu gut vertraut war. „Sie haben ein Wunder vollbracht. Wie hätten Sie sonst so viele von meinem Volk erretten können?“
    „Hmmm …“ Sorrel war immer noch unzufrieden mit sich, weil er so schlechte Arbeit geleistet hatte, aber andererseits war es natürlich

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