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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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ließ. Sie gehörte ganz offensichtlich zu den Vasallinnen Seiner Majestät des Großen Coesre, des Königs der Unterwelt von Paris.
»Servus, Schwester«, flüsterte Angélique.
Das Mädchen fuhr herum und riss die Augen auf, als sie Angélique das Erkennungszeichen der Gaunerzunft von Paris machen sah.
»Na, so was!« rief sie aus, als sie sich von ihrer Verblüffung erholt hatte. »Na, so was! Darauf war ich nicht gefasst... Man hat mir gesagt, du seist eine richtige Marquise. Da hast du dich also auch von diesen Erzlumpen des Ordens vom Heiligen Sakrament schnappen lassen? Pech gehabt, was? Seitdem die Kerle auf einen aufpassen, kann man nicht mehr in Ruhe seinem Gewerbe nachgehen!«
Sie ließ sich auf dem Rand des Lagers der Gefangenen nieder und verknüpfte ihr grauleinenes Halstuch über ihrem herausfordernden Busen.
»Sechs Monate bin ich schon in diesem Kasten. Macht keinen Spaß, kannst du mir glauben. Feine Sache, dich hier zu haben. Das wird mir ein bisschen Abwechslung bringen. In welchem Stadtteil hast du gearbeitet?«
»In keinem bestimmten.«
»Und wer ist dein Beschützer?«
»Cul-de-Bois.«
»Der Große Coesre! Verdammt noch eins, da bist du ja fein raus! Allerhand für eine Neue. Du bist doch bestimmt eine Neue. Hab’ dich nie gesehen. Wie nennst du dich?«
»Die Schöne Angele.«
»Und ich Die Sonntag. Ja, den Namen hat man mir wegen meiner Spezialität gegeben. Ich hab’ immer nur sonntags gearbeitet. Ein Einfall, der mir mal so gekommen ist, weil ich’s gern anders machen wollte als die übrigen, und ein guter Einfall, kannst du mir glauben. Ich hab’s mir bequem gemacht, mein Geschäft. Immer nur vor den Kirchen hab’ ich mich herumgetrieben. Die, die sich beim Reingehen noch nicht ganz schlüssig waren, hatten ja Zeit, drüber nachzudenken, während sie beteten. Ein hübsches Mädchen nach einer ordentlichen Messe, warum nicht? Das brachte mir hinterher mehr Kunden ein, als ich verkraften konnte. Aber das Gezeter der Zierpuppen und Betschwestern hättest du hören sollen! Sie taten, als versäumte ganz Paris meinetwegen die Messe! Sie haben sich auch allerhand Mühe gegeben, mich festnehmen zu lassen! Bis zum Parlament sind sie gegangen. Ein Pack, diese Betschwestern. Hierher haben sie mich verfrachtet, zu den Augustinerinnen von Bellevue. Jetzt bin ich an der Reihe, Gebete zu leiern. Und du, wie ist es dir passiert?«
»Durch einen Gönner, der mich ganz für sich haben wollte. Ich hab’ ihn an der Nase herumgeführt, ihn tüchtig was ausspucken lassen und ihm dann den Laufpass gegeben. Er hat sich nicht mehr blicken lassen. Aber aus Rache hat er mich ins Kloster geschickt, bis ich mir’s anders überlege.«
»Es gibt wirklich gemeine Menschen«, seufzte die Sonntag und blickte anklagend zum Himmel auf.
»Klar, dass dein Freund ein Geizkragen ist. Ich hab’ gehört, wie er mit der Mutter Oberin den Preis für deinen Aufenthalt hier ausgehandelt hat. Zwanzig Écus, nicht mehr, genau wie für mich. Soviel zahlt der Orden vom Heiligen Sakrament, damit man mich hinter Schloss und Riegel hält. Für den Preis kriegst du nur Erbsen und Saubohnen.«
»So ein Schuft!« rief Angélique aus, zutiefst empört über diese Enthüllung. Ließ sich etwas Abscheulicheres vorstellen als Philippe, der sich nicht scheute, so lange zu feilschen, bis er sie zum Tarif eines Freudenmädchens untergebracht hatte! Sie packte die Sonntag beim Handgelenk.
»Hör zu! Du musst mich hier herausschaffen. Ich hab’ einen Gedanken. Du wirst mir dein Kleid leihen und mir sagen, wie ich gehen muss, um eine Tür zu finden, die ins Freie führt.«
Die andere sträubte sich: »Als ob das so einfach wäre! Wie kann ich dir helfen rauszukommen, wenn ich selber nicht auskneifen konnte?«
»Das ist nicht dasselbe. Dich kennen die Nonnen. Sie wären sofort hinter dir her. Mich hat noch keine aus der Nähe gesehen, außer der Mutter Oberin. Selbst wenn sie mir auf den Gängen begegnen sollten, könnte ich ihnen irgend etwas erzählen.«
»Das stimmt«, gab die Sonntag zu. »Du bist wie eine Wurst verschnürt angekommen. Es war noch stockdunkel. Man hat dich gleich hier heraufgebracht.«
»Siehst du! Ich habe alle Aussicht, es zu schaffen. Rasch, gib mir deinen Rock.«
»Gemach, Marquise«, brummte das Mädchen mit böse funkelnden Augen. »›Alles für mich, nichts für die andern‹, das ist dein Motto, wie mir scheint. Und was kommt dabei für die arme Sonntag heraus, die hinter ihren Gittern von aller Welt vergessen ist?

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