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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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des Fleischers von der Place de Grève, die wirren Hoffnungen und Träume Angéliques…
Angesichts ihres bleichen, erstarrten Gesichts runzelte der König die Stirn.
»Ich habe damit nicht gesagt, dass er noch am Leben ist. Begrabt diese Hoffnung, Madame, Der Graf ist fraglos gestorben, aber nicht unter den Umständen, für die Ihr mich verantwortlich macht. Er ist durch eigene Schuld gestorben. Ich hatte ihm das Leben geschenkt, nicht aber die Freiheit. Er wurde in einer Mittelmeerfestung eingekerkert, im Château d’If. Von dort entwich er vier Jahre später, aber ein so tollkühnes Unternehmen konnte kein gutes Ende nehmen. Das Meer warf seinen von den Klippen zermalmten Leichnam an Land.«
Der König berichtete in sachlichem Ton. Er wollte Angélique aus ihrer trügerischen Hoffnung reißen, bevor er ihr einen neuen tödlichen Schlag versetzte.
»Hier sind die Dokumente, die die Richtigkeit dessen bezeugen, was ich Euch sage. Die Berichte des Gouverneurs des Château d’If, unter anderen diejenigen, die seine Flucht und die Wiedererkennung der Leiche betreffen... Mein Gott! Schaut mich nicht so fassungslos an. Konnte ich denn ahnen, dass Ihr ihn noch in solchem Maße liebt? Einen seit Jahren verschwundenen Menschen liebt man nicht mehr. Aber so sind die Frauen. Immer jagen sie Hirngespinsten nach. Habt Ihr Euch nie klargemacht, wieviel Zeit seither vergangen ist? Wenn Ihr ihm heute begegnet, würdet Ihr ihn ebensowenig wiedererkennen wie er Euch. Ihr seid eine andere Frau geworden, wie er ein anderer Mann. Ich hätte Euch nicht für so unvernünftig gehalten.«
»Die Liebe ist immer unvernünftig«, sagte sie mit heiserer Stimme. »Sire, darf ich eine Bitte an Euch richten? Vertraut mir diese Dokumente an.«
»Was wollt Ihr damit?«
»Sie in Ruhe durchlesen, um meinen Schmerz zu lindern.«
»Ich lasse mich durch Eure Scheinheiligkeit nicht täuschen... Bestimmt habt Ihr wieder eine neue Narrheit im Sinn. Hört mir gut zu: Ich verbiete Euch, hört Ihr, ich verbiete Euch, bis auf weiteres Paris zu verlassen, andernfalls zieht Ihr Euch meinen Zorn zu.«
Angélique senkte den Kopf. Sie presste das Aktenbündel wie einen Schatz an ihr Herz.
»Erlaubt Ihr mir, sie zu lesen, Sire? Ich verspreche, sie Euch in ein paar Tagen wieder zustellen zu lassen.«
»Gut. Möge die Lektüre Euch klarmachen, dass die Vergangenheit nicht wieder lebendig werden kann. Schaut in die Zukunft, das ist eine erfreulichere Einstellung. Ihr werdet verzweifelt sein, weinen – dann werdet Ihr wieder zur Vernunft zurückfinden… Vielleicht wird Euch diese Krise heilsam sein.«
Sie schien ihn nicht zu hören. Ihre langen Wimpern warfen zarte Schatten auf ihre Wangen.
»Wie sehr seid Ihr doch Frau!« murmelte er. »Mit jenem kindlichen und trotzigen Zug der Verliebten und jenem Liebesvermögen, das unergründlich ist wie das Meer. Ach, warum seid Ihr nicht für mich erschaffen worden! Geht jetzt, Liebste. Lebt wohl. Lasst mich allein.«
Angélique erhob sich mechanisch und ging zur Tür. Sie vergaß ihre Reverenz, und sie übersah, dass er sich erhob und seine Hände nach ihr ausstreckte, während ein Ruf auf seinen Lippen erstarb: »Angélique …!«
Sie durchquerte den Park in der Stunde des Morgengrauens. Sie hatte das Bedürfnis zu gehen, um ihrer Erregung Herr zu werden. Die Dokumente an ihr Herz drückend, halblaut vor sich hin sprechend, schritt sie dahin, und die wenigen, die ihr im schwefelgelben Licht der Alleen begegneten, mochten sie für närrisch oder betrunken halten.
Nichtsdestoweniger grüßten sie Madame du Plessis-Bellière, die neue Favoritin, mit tiefster Ehrerbietung.
Doch Angélique sah weder sie noch die Bäume, die Statuen, die Blumen. Sie ging mit raschen Schritten, auf der Suche nach Stille, nach Einsamkeit.
In einem kleinen Lustwäldchen, in dessen Mitte auf der Oberfläche eines dunklen Bassins Seerosen blühten, blieb sie schließlich außer Atem stehen.
Ihr Herz pochte in unregelmäßigen Schlägen. Angélique ließ sich auf einer Marmorbank nieder und sah zum Himmel auf. Der unergründliche Instinkt, der im Herzen der Frauen lebt, hatte in ihr eine Gewissheit geweckt. Da Joffrey nicht auf dem Scheiterhaufen gestorben war, musste er noch am Leben sein! Wenn das Schicksal ihn auf so wunderbare Weise dem Feuer entrissen hatte, dann nur, um ihn Angélique zurückzugeben, und nicht, um ihn vier Jahre später umkommen zu lassen. Nein, das konnte sie nicht glauben. Irgendwo auf dieser weiten Welt, an einem unbekannten

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