Apfelbluete
du also ‘out‘. Dann komm und erzähl mal.“ Ich folgte ihm ins Wohnzimmer. Er holte sich einen Bademantel. „Was ist passiert?“ „Wir haben gestritten. Ich hab es ihr gesagt . Sie hat mich raus geschmissen . W as hast du damit gemeint, ‘out‘?“ „Oh, Mike, was glaubst du denn! Die ist unter Garantie stinksauer auf dich. Ihr ganzes Leben fliegt in Fetzen. Wäre es eine andere Frau, schlimm genug, aber so. Glaub mir, gerade jetzt, wo du hier deine Wunden leckst, sorgt sie dafür , das s jeder den es interessiert, erfährt was für eine miese schwule Sau du bist, der sie jahrelang belogen , und um ihre besten Jahre gebracht hat! “
Ich zuckte unter seinen Worten zusammen , als wären es Peits chenhiebe. Soweit hatte ich nicht gedacht, als ich Anja die Wahrheit vor die Füße geknallt habe. Aber es stimmte natürlich. Meine Wahrheit und ihre Wahrheit, waren total verschieden. Ich fühlte mich noch lange nicht bereit , offen zu leben, mit den Blicken in der Firma und im Freundeskreis umzugehen, beschissene Kommentare auszuhalten …
Wenn ich gekonnt hätte, in dem Moment , hätte ich am liebsten die Zeit zurückgedreht aber Worte kann man nicht zurückholen. „Und jetzt? W as soll ich jetzt machen?“ „ Das Kind ist in den Brunnen gefallen, las es wenigstens nicht ertrinken. Weiß dein Sohn schon, das seine Eltern sich trennen?“ „Nee. Du hast recht. Vielleicht, besser wenn er es von mir erfährt. Er ist heute bei seinem Freund. Ich ruf da an und hol ihn dann ab. Wird aber hart. Weiß gar nicht was ich sagen soll.“ „Das was du fühlst. Du warst doch mit zehn auch nicht blöd, oder. D er hat sicher schon längst gemerkt das bei euch was nicht stimmt.“
Max ist ein feinfühliger J unge. Natürlich hatte er gespürt , dass die Stimmung bei uns zuhause angespannt war. Ich versuchte , ihm irgendwie Kind gerecht , zu erklären, dass er und sein e Mutter nicht schuld daran waren , dass ich Männer lieber habe als Frauen . Mit der Logik eines Zehnjährigen, sagte er zu mir: „Ehrl ich zu sagen, Papa: „ Mädchen SIND ja auch doof! Aber die Mama doch nicht!“ „Nein, mein Schatz , die Mama ist nicht doof und ich bleibe auch immer dein Papa, auch wenn ich woanders wohne.“ „Der Papa von der Amelie wohnt auch woanders. Sie fährt ihn besuchen. Darf ich dich auch besuchen?“ Ich schluckte an Tränen, versuchte es ihn nicht merken zu lassen. „Ja, sicher, wann immer du willst. Komm h er.“ Ich zog meinen Sohn in meine Arme und spürte schmerzhaft den Verlust. Keine kuscheligen Regensonntage auf dem Sofa mehr und keine Gute-Nacht-Geschichten von Wikingern, Rittern und Indianern. Oder jedenfalls viel, viel seltener. Mir dämmerte, dass der Preis viel höher war, als ich geglaubt hatte und noch ahnte ich nicht wirklich , was mich alles erwartete.
Später tröstete mich Hannes. „Er bleibt dein Sohn. Und er wird lernen damit u mzugehen. Und du auch. Ich helf dir…“ Es tat gut in seinem Arm zu liegen. Ich hatte mir schon lang e vorgestellt, wie unsere erste ganze, gemeinsame Nacht sein würde. So, wie jetzt, mit Tränen und Diskussionen über die Zukunft, hatte ich mir das nicht ausgemalt …
Von den folgenden Wochen sind mir nur einige besonders schreckliche und die besonders schönen Momente im Gedächtnis geblieben. Das allermeiste habe ich erfolgreich verdrängt. Besonders unangenehm waren die Blicke und leisen Kommentare hi nter meinem Rücken und die groben Angriffe aus der Familie und aus Anjas und meinem Freundes kreis. Um ehrlich zu sein: S ehr viele Freunde sind mir nicht geblieben. Aber es gab auch manche die ganz anders, viel positiver , reagiert haben als ich erwartet hätte.
Ich habe mich nicht sehr mit Anja u m unser Hab und Gut gestritten. Wir haben einen Weg gefunden. Das ging , nach einigen Wochen , ziemlich sachlich über die Bühne. Schwieri ger war es schon eine Regelung f ür Max zu finden, aber nach Geschrei und Tränen auf beiden Seiten, ließ sich auch da eine Lösung finden. Wir waren Eltern und würden es auch bleiben. Es war nicht meine Absicht, meinen Sohn hinter mir zu lassen und den Kontakt abzubrechen. Also musste ich mich , gezwungenermaßen , mit Anja einigen, oder sie sich mit mir. Es wurde von Mal zu Mal ein wenig leichter, ihr in die Augen zu sehen.
Ich habe mich nicht von einer festen Bindung in die nächste gestürzt. Hannes wollte seine Wohnung auch gar nicht so gern mit mir teilen. Er braucht jemanden für Samstag-Abend und nicht so sehr für
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