Apple - Die Geburt eines Kults
Ebene lagen, verströmten eine schicke Aura mit Pferden, Polospielen und sehr exklusiven Golfclubs. In Burlingame war der erste Country Club der Westküste gegründet worden. Aber die Menschen, die in dem nahe gelegenen Hillsborough wohnten, gaben als Adresse häufig Burlingame an, weil sie nicht für neureich gehalten werden wollten. Und hinter San Carlos, San Bruno und Redwood City lag das raue South San Francisco – ein industrielles Anhängsel der eigentlichen Stadt unterhalb der Start- und Landebahnen des Flughafens San Francisco. Dort ballten sich Stahlwerke, Gießereien, Eisenhütten, Raffinerien, Maschinenhallen und Holzlager, und dort hatten die Stadtväter ihr überschäumendes Temperament nach außen gekehrt und erlaubt, dass Planierraupen in gigantischen Lettern auf den Hügel hinter der Stadt den Slogan SOUTH SAN FRANCISCO, THE INDUSTRIAL CITY hineinkratzten.
Doch jetzt gab es mitten im Tal und vor allen Dingen um Sunnyvale herum Lücken in den Obstgärten und Anzeichen dafür, dass eine neue Welt Einzug hielt. Die meisten Laster aus dem Steinbruch von Kaiser Cement fuhren in Richtung Sunnyvale. Eimerseilbagger, Kräne und Straßenschaber warteten auf Beton und Stahl, die für den Bau der neuen Raketenabteilung der Lockheed Corporation gebraucht wurden. Bis 1957 war Sunnyvale sechsmal so groß wie am Ende des Zweiten Weltkriegs, und mittlerweile war es qualifiziert für die Aufnahme in landesweite Jahrbücher. Die Stadtgespräche waren von bedeutungsschwangeren Schlagwörtern wie Besteuerungsgrundlage, Wertgutachten, Baugenehmigung, Bauvorschriften, Kanalisation und Wasserkraft geprägt. Es gab Gerüchte über neue Unternehmen und Spekulationen, dass ein großer Automobilhersteller ein Werk in Sunnyvale bauen würde. Als sich die 1950er-Jahre ihrem Ende zuneigten, meldete die Handelskammer von Sunnyvale fröhlich, dass die städtischen Statistiken stündlich veralteten und dass alle 16 Minuten ein neuer Arbeiter in Sunnyvale ankam. In den Werbebroschüren wurde sie als „Stadt mit eingebauter Zukunft“ und als „Boomtown by the Bay“ bezeichnet.
Die Neuankömmlinge in der Stadt, die „hoch hinaus wollte“ und „im Rhythmus der Zukunft“ lebte, waren ein wesentlicher Bestandteil des amerikanischen Strebens nach einem vorstädtischen Lebensstil. Die Häuser waren gegen das Gewimmel der Gemeinschaft abgeschottet und das nächste Geschäft war eine Autofahrt entfernt. Die Häuser an sich hatten das unverkennbare Gepräge der Bay Area: Sie waren niedrig, einstöckig und die Dächer waren entweder flach oder leicht zur Seite geneigt, wie bei einem Gartenschuppen (die Immobilienmakler betonten gern, dass es Jungs leichtfiel, ihre Modellflugzeuge wieder von den Dächern zu holen). Was von außen gesehen die Fassaden dominierte, waren allerdings die Garagen, die den Wohnbereich wie ein angetackertes Anhängsel aussehen ließen. Die großen metallenen Garagentore schienen der natürliche Eingang zu sein.
In Broschüren war von Strahlungswärme die Rede, „der modernen und gesunden Art, ein Haus zu heizen“, von holzverkleideten Wänden, Kork und Bitumenziegeln, Hartholzküchenschränken und großen Kleiderschränken mit Schiebetüren, die „sich mit größter Leichtigkeit öffnen lassen“. Was in den Prospekten nicht stand: Bei den örtlichen Feuerwehrleuten ging der Witz um, dass diese Verbindung aus Balken und Sparren im Zweifelsfall innerhalb von sieben Minuten bis zum Erdboden abbrannte – und dass die Gemeinschaft der Schwarzen auf der falschen Seite der Eisenbahnschienen der Southern Pacific sowie auf der falschen Seite des Freeway isoliert war.
Die meisten Familien, die nach Sunnyvale zogen, wurden durch die Aussicht auf Arbeit bei Lockheed angelockt. Viele von ihnen waren gewissenhaft und fleißig. Sie fragten die Immobilienmakler, wo der geplante Freeway – die Interstate 280 – voraussichtlich verlaufen würde, und prüften die geplante Strecke auf Landkarten im Rathaus von Sunnyvale nach. Sie fragten Bekannte nach empfehlenswerten Schulen und erfuhren, dass Palo Alto und Cupertino auf der gesamten Halbinsel den besten Ruf genossen. Da war von unternehmungslustigen Lehrern, Bundesstipendien, Experimenten mit neuerer Mathematik und von offenem Unterricht die Rede.
Sie gingen aufs Schulamt und fanden dort eine Landkarte vor, auf der die bestehenden Schulen markiert waren und verzeichnet wurde, wo vielleicht in Zukunft weitere Schulen gebaut werden könnten. Und dann entdeckten sie die
Weitere Kostenlose Bücher