Arschloch!
Einladung eine Tabelle, auf der sich alle Teilnehmer eintragen können, damit ich vorplanen kann. Ich will nicht unnötig Geld ausgeben, das wäre viel zu schade, es soll bei den richtigen Leuten ankommen. Da muss gut kalkuliert werden. Ich sende den Druckauftrag durch das Netzwerk, zünde mir eine Zigarette an, laufe rüber zum Drucker und schnappe mir den Aushang.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Aufgrund der schweren Naturkatastrophe in Asien, bei der rund 250.000 (!) Menschen getötet wurden und knapp 2 Millionen Menschen das Dach über ihrem Kopf verloren haben, wollte ich euch am Samstag, den 29.01.2005, zu einer kleinen Party zu mir in die Wohnung einladen. Zweck des Abends ist, Spenden zu sammeln, die einer karitativen Organisation zukommen sollen. In Anbetracht der immer noch (!) katastrophalen Lage in der Region, würde ich mich über eure Teilnahme freuen.
The world needs you!!
Euer Moritz
P.S.: Dresscode: White J für eine saubere Welt…
Nirgendwo ein Rechtschreibfehler. Super. Ich bin stolz auf mich und muss an den ersten Bericht der Naturkatastrophe denken, den ich im Fernsehen sah. Holla – hier ist etwas zu holen, schoss es mir durch den Kopf. Einen Versuch kann man ja mal wagen und nun ist es soweit. Ein paar Sekunden später klebt mein Aushang bombenfest am Schwarzen Brett und als ich wieder auf meinem Drehstuhl sitze, muss ich das Ganze nur noch per Rundmail an alle Mitarbeiter und den Chef verschicken.
04.01.2005
Pünktlich um 11 Uhr mache ich meine Frühstückspause. Ich esse meine Schweinskopfsülzebrötchen, trinke eine Tasse Kaffee, erstelle einen neuen Avatar und logge mich in meiner Community ein. Als >Sir Hilary Bray<, ein 74-jähriger pensionierter Kritiker, chatte ich mit einem 28-jährigen Biologen, der sich >Marc Ange Draco< nennt, höchst verächtlich von unseren deutschen Dichtern denkt und ein Buch über einen Callcenteragenten schreibt, der gerne Porno-, Nonsens-, Gewalt-und Kunstfilme dreht. Was die deutschen Dichter angeht, ist das kein weiteres Unglück, aber die Story, an der er arbeitet, klingt verdammt langweilig. Er sollte es gleich sein lassen. Die Mühen sind umsonst. Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.
Da ich keine Lust habe zu arbeiten, erstelle ich gleich noch einen Avatar und als ich mit einer Frau chatte, die sich >Anya Amasova< nennt und Literaturwissenschaften studiert, gebe ich mich als verkappter Schriftsteller aus, der an einem Skandalroman arbeitet.
anya amasova: 11.47.32
haben Sie denn auch bedacht, dass die unsittlichen worte >arschficken< und >muschi< auf den ersten 10 seiten oder allerspätestens im 2. kapitel 3 x vorkommen müssen, da alle gute dinge 3 sind und es sich nur dann um einen echten skandalroman handelt?
professor dent: 11.47.51
nein, bisher noch nicht. >arschficken< und >muschi< sind worte, die mich langweilen, selbst wenn nichts über >arschficken< und >muschi< geht. aber vielen dank für den tipp.
anya amasova: 11.48.11
ein weiterer geheimtipp: beschreiben Sie den geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen und kindern, die kurz vorher noch gesäugt wurden. desweiteren sollten Sie sich näher mit flatulenzen beschäftigen. da sollte eine beschreibung von mindestens einer halben seite vorliegen. diese detailverliebtheit sollte auf alle vorgänge unterhalb der gürtellinie übertragen werden.
professor dent: 11.48.36
das sollte für mich kein problem darstellen, denn nichts kenne ich so gut wie laute und leise flatulenzen. zudem besitze ich als mann schließlich den vorteil, dass sich mein hirn in dieser region befindet.
Gegen 16 Uhr werde ich rüber zu Anne gerufen. Sie teilt mir mit, dass meine Umsatzzahlen mit Abstand die schlechtesten sind und dabei fällt mir auf, dass sie irgendwie aussieht wie Sarah Kuttner. Sie erinnert mich daran, dass mein Job auf dem Spiel steht. Es gibt einige, die besser verkaufen als ich. Das glaube ich gerne. Aber was kann ich dafür, dass nur Idioten zu mir durchgestellt werden.
„Ich werde mich bessern! Ich versprech‘s!“, gelobe ich, dann erkundige ich mich nach dem Arbeitsplan.
„Den muss ich noch machen. Ist morgen Früh fertig.“
Morgen Früh ist der Arbeitsplan also fertig. Das will ich aber hoffen. Ich will endlich wissen, wann ich in der nächsten Woche arbeiten muss. Die braucht vielleicht immer lange. Als wäre das so schwer. Die wird schon sehen, was sie von ihrer Unfähigkeit hat. Ich lasse mir das nicht mehr lange bieten.
Als ich auf dem Weg zurück an meinen
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