Atevi 3 - Erbe
er sich dann zurückmeldete, hatte es ihm kein Gehör geschenkt, denn sein Rat ließ sich nicht mit dem vereinbaren, was den Verantwortlichen durch Ängste und Vorurteile gegen die atevische Bedrohung zu tun nahegelegt wurde.
Natürlich hatte die atevische Regierung Wind bekommen. Mit ihren scharfen Augen hatten Atevi den neuen Stern entdeckt, der neben der verlassenen Raumstation am Himmel aufgetaucht war, und mit ihren Antennen hatten sie den Funkverkehr zwischen Mospheira und dem Schiff belauscht. Worauf sie unverzüglich Maßnahmen einleiteten, in die Bren unentrinnbar verwickelt wurde, mit dem Ergebnis, daß sie ihrerseits mit dem Schiff in Kontakt traten.
Mospheira hatte sich mit seinem Alleingang auf dem Schiff keine Freunde gemacht, und die Besatzung entschied, mit den Atevi und den Menschen auf Mospheira gleichermaßen zu verhandeln. Jeder, so war aus dem Schiff zu hören, sei im Weltraum willkommen; nur mit einem erklärten sie sich nicht einverstanden, und das war der vorgeschlagene Zeitplan.
Das Schiff brauchte Hilfe, Arbeitskräfte für die vor zweihundert Jahren aufgegebene Weltraumstation, und sie brauchten diese Hilfe sofort oder zumindest so schnell, wie es einem Planeten, der nicht über Raumfähren verfügte, möglich war, die Station zu sanieren. Die Schiffsbesatzung hatte keinen Sinn für die jahrhundertealten Bemühungen, die darauf zielten, die atevische Regierung zu stabilisieren, damit diese den Ausbau der atevischen Industrie förderte, welche ihrerseits als Zulieferer von Halbfabrikaten der menschlichen Wirtschaft auf Mospheira von Nutzen sein konnte.
Doch im Laufe der Zeit hatten sich Mospheiras Interessen gewandelt und damit auch das Verhältnis zum Festland. Natürlich unterstützte das Ministerium nach wie vor die atevische Regierung, natürlich war es immer noch willens, mit den Atevi für ein gemeinsames Raumfahrtprogramm zusammenzuarbeiten, und natürlich unterstützte es den Paidhi – jeden Paidhi, den die Atevi wünschten –, und sei es nur, um dem Vertrag genüge zu tun.
Mehrheitlich hatten die einfachen Bürger auf Mospheria sowohl vor dem Raumschiff am Himmel Angst, das ihr Leben so sehr durcheinanderbrachte, als auch vor den Atevi, die sie einst bekriegt hatten und die, wie man allenthalben glaubte, ganz und gar unbegreifliche Wesen waren, obwohl man andererseits zu beobachten meinte, daß sie sich allmählich den Menschen annäherten, hatten sie doch auch schon Gefallen gefunden am Fernsehen, an Schnellrestaurants, am Skifahren und Fußballspielen.
Und nun sollte plötzlich möglich sein, was stets für unmöglich gehalten wurde, nämlich ein beschleunigter Entwicklungsschub, der nicht nur ohne negative Auswirkungen bliebe, sondern im Gegenteil zu beiderseitigem Vorteil sein würde.
Kein Wunder, daß die Menschen auf Mospheira darüber verwirrt waren.
Eine Folge davon war, daß sich Bren Cameron nicht mehr ausschließlich in den Dienst des Präsidenten von Mospheria stellte, der für diese Verwirrung verantwortlich war, und schon gar nicht in den Dienst der Großkopfeten im Ministerium, die das Auswärtige Amt einzuschüchtern und die angespannte Lage für seine Zwecke auszunutzen versucht hatten.
Dem Auswärtigen Amt als Teil des Außenministeriums, nun ja, dem gegenüber war Bren loyal – vorausgesetzt, seine Freunde dort saßen noch auf ihren Posten und waren nicht als Sündenböcke für seine Eskapaden geschaßt worden.
Von seinem alten Chef Shawn Tyers hatte er das letzte Mal vor zwei Monaten gehört. Seiner Einschätzung nach würde es der Präsident nicht wagen, Shawn aus dem Amt zu werfen, denn ohne Shawn hätte die Regierung von Mospheira keinerlei Zugriff auf den Paidhi. Doch zwei Monate waren eine lange Zeit, und daß er solange nicht mit ihm telefoniert hatte, bedeutete womöglich, daß Shawn nicht mehr befugt war, ihn anzurufen oder auch nur einen Brief zu schreiben.
Inzwischen kam er mit den für Außendienstagenten vorbehaltenen Codes nicht mehr ins mospheiranische Netz, so daß ihm auch dieser Weg zu Shawn momentan versperrt zu sein schien.
Über die aktuelle Machtverteilung in der Regierung von Mospheira war Bren also nicht informiert. Er wußte nur, wer an der Macht sein könnte. Und aus diesem Grund hütete er sich davor, mit seinem kostbaren Computer über den normalen Zugang ans Netz zu gehen, denn ohne den durch die Geheimcodes gewährten Schutz würde womöglich irgendeine elektronische Krankheit in die verwundbaren Systeme geschleust
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