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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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der Kulturgeschichte der Martier.
    Die Durchsichtigkeit der Atmosphäre auf dem Mars hatte seine Bewohner frühzeitig zu vorzüglichen Astronomen gemacht. Mathematik und Naturwissenschaft waren zu einer Höhe der Entwicklung gelangt, die uns Menschen als ein fernes Ideal vorschwebt. Je mehr der alternde Mars durch seinen verhältnismäßig geringen Wasservorrat die Existenzbedingungen der Martier erschwerte, um so großartiger waren die Anstrengungen gewesen, durch welche die Martier die Technik der Naturbeherrschung ausbildeten. Immer neue Kräfte und Hilfsmittel wußten sie ihrem Planeten zu entlocken, der sich freilich durch die Eigentümlichkeit seines Baues in noch viel höherem Maß zur Erziehung eines Kulturvolkes eignete als die Erde.
    Der Tag auf dem Mars hat fast dieselbe Dauer wie auf der Erde, er ist nur vierzig Minuten länger. Das Jahr des Mars dagegen umfaßt 670 Mars-, das sind 687 Erdentage, ist also fast doppelt so lang als ein Erdenjahr. Die gesamte Oberfläche des Mars beträgt etwa nur ein Viertel von derjenigen der Erde. Die südliche Halbkugel des Mars ist die wasserreichere und daher am stärksten bevölkert; sie enthält auch die beiden einzigen Meere, welche der Mars besitzt, wenn man darunter diejenigen Becken versteht, welche das ganze Jahr hindurch mit Wasser erfüllt sind. Die nördliche Halbkugel besteht zum größten Teil aus unfruchtbaren Wüsten. Aber die Bevölkerung des Mars, der die von der Natur genügend bewässerte Region ihres Planeten längst zu klein geworden, wußte der kargen Natur neue Gebiete des Anbaus abzugewinnen. Sie durchzog das gesamte Wüstengebiet mit einem vielverzweigten Netz geradliniger breiter Kanäle und verteilte auf diese Weise zur Zeit der Schneeschmelze, im Beginn des Sommers einer jeden Halbkugel, das Wasser, welches sich in Gestalt von Schnee an den Polen angehäuft hatte, über den ganzen Planeten. Wie die Ägypter das Anwachsen des Nils benutzten, um der Wüste den fruchtbaren Boden des Niltals abzugewinnen, so tränkten die Marsbewohner durch ihre Kanäle beide Ufer derselben. Schnell schoß hier eine üppige Vegetation auf, und so wurde durch das Kanalnetz das ganze Wüstengebiet mit fruchtbaren, an hundert Kilometer breiten Vegetationsstreifen durchzogen, die eine ununterbrochene Kette blühender Ansiedlungen der Martier enthielten. Wenn hier die dunkelgrünen Blätter der Pflanzen mit einem Schlag hervorsproßten, dann hoben sich diese Streifen dunkel von dem rötlichen Wüstenboden ab, und die Astronomen der Erde wunderten sich, woher dieses regelmäßige Netz von Streifen auf dem Mars wohl stammen möchte. Die Riesenarbeit der Bewässerung des Planeten war eine Notwendigkeit für die Martier geworden, nachdem die in der Kultur vorgeschritteneren Bewohner der Südhalbkugel allmählich den ganzen Planeten ihrer Herrschaft unterworfen hatten. Die einzelnen Völkerschaften bildeten einen großen Staatenbund. Wie auf der Erde der Weltverkehr sich durch internationale Verträge regelte, ohne daß die Selbständigkeit der einzelnen politischen Verbände darunter litt, so hatte die vorgeschrittenere Zivilisation der Martier in ihrer internationalen Vereinigung ein Zentralorgan, das unbeschadet der Freiheit der Einzelgemeinden alle Angelegenheiten regulierte, welche für die Bewohner des ganzen Planeten ein gemeinsames Interesse besaßen.
    Nachdem die Oberfläche des Planeten vollständig erforscht und besiedelt war, richtete sich die Aufmerksamkeit der Martier naturgemäß stärker wie je über die Grenzen ihres Wohnplatzes hinaus auf ihre Nachbarn im Sonnensystem. Und was konnte sie hier mächtiger fesseln als die strahlende Ba, die sagenumwobene Erde, die bald als Morgen-, bald als Abendstern alle andern Sterne ihres dunklen Himmels überstrahlt?
    Die Ruhe und Durchsichtigkeit der Atmosphäre gestattete ihnen, bei ihren Fernrohren Vergrößerungen zu benutzen, wie sie auf der Erde unmöglich waren. Denn auf der Erde vereitelt die stets ungleichmäßig bewegte Luft, daß wir Instrumente von so starken Vergrößerungen praktisch anzuwenden vermöchten, als wir sie wohl theoretisch und technisch konstruieren könnten. Der Druck der Atmosphäre auf dem Mars ist aber so gering, wie wir ihn nur auf den allerhöchsten Berggipfeln der Erde besitzen, und die über der Marsoberfläche lastende Luftschicht ist dementsprechend dünner und durchsichtiger. Die Astronomen des Mars konnten daher, bei günstiger Stellung der Planeten gegeneinander, die Erde ihrem

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