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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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das Kriegsministerium stellen, wahrscheinlich dann auch von hier fort verlegen. Jedenfalls verlangt man eine Staatsaufsicht – obwohl der Staat noch nicht einen Pfennig dazu gegeben hat.«
    »Aber warum denn?«
    »Ich glaube, man traut mir nicht. Im Falle eines Krieges will man wohl Sicherheiten haben. Sie wissen, die Abteilung ist eine internationale Gründung. Ich selbst habe meine besonderen Ansichten über Patriotismus.«
    »Ich bitte Sie, Ell, Sie sind doch ein Deutscher. Im Kriegsfall müssen wir uns selbstverständlich zur Verfügung stellen – aber, wer wird denn an Krieg denken. Ach, machen Sie mir nicht noch mehr Sorge!«
    »Ich bin ein Deutscher mit meinen Sympathien, staatsrechtlich bin ich es nicht, man kann mich also im Notfall ausweisen. Die Sache ist doch so – Deutschland oder Frankreich oder England, irgendeine Nation oder ein Staat ist ja kein Selbstzweck; Selbstzweck kann nur die Menschheit als Ganzes sein. Die einzelnen Völker und Staaten sind Mittel, im gegenseitigen Wettbewerb die Idee der Menschheit zu erfüllen. Wenn nun einmal der Staat, dem ich angehöre, durch seinen Erfolg nicht das zweckentsprechende Mittel wäre in Rücksicht auf die Idee der Menschheit, so wäre es unmoralisch, wenn ich als freie Persönlichkeit mich nur darum für ihn entschiede, weil ich ihm viel verdanke. Die ethische Forderung ist eine andere. Aber bei den Menschen wird immer nach dem unmittelbaren Gefühl entschieden, und das nennt man dann Patriotismus und hält für Pflicht, was doch bloß Neigung ist.«
    Isma blieb stehen. »Aber dann«, sagte sie langsam, »mit welchem Recht gehen wir hier spazieren? Ist das auch Pflicht?«
    »Gewiß, wenn sie auch mit der Neigung zusammenfällt. Sie werden sich selbst doch nicht danach beurteilen, was die Friedauer für richtig halten?«
    »Nein«, sagte Isma, indem sie lächelnd zu ihm aufblickte, »kommen Sie ruhig mit durch die Stadt. Glauben Sie nicht, daß wir bald eine Nachricht erwarten können?«
    »Die Depesche von Spitzbergen sagt uns, daß die Fahrt am 17. August angetreten ist. Es ist wohl möglich, daß in den nächsten Tagen eine Nachricht eintrifft.«
    »Sie sind noch immer guten Muts?«
    »Ich hoffe zuversichtlich. Glauben Sie mir, ich hätte Ihrem Mann nicht so aufrichtig zugeredet, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß ihm die Expedition in besonderer Weise glücken wird.«
    »Ell, Sie denken noch an irgend etwas Unerwartetes; ich bitte Sie, seien Sie offen, fürchten Sie eine bestimmte Gefahr?«
    »Nichts, was zu fürchten ist, ich versichere Sie, Isma! Etwas Unerwartetes vielleicht, aber nichts zu fürchten!«
    »O bitte, was denken Sie? Ich habe schon oft bemerkt, daß Sie mir noch etwas verschweigen.«
    »Wahrhaftig, Isma, ich verschweige Ihnen nichts, was ich weiß, aber verlangen Sie nicht, daß ich Vermutungen Ausdruck gebe, die vielleicht völlig nichtig sind. Ich setze eine große Hoffnung auf die glückliche Wiederkehr der Expedition, und ich rechne mit Sicherheit darauf. So sicher, daß ich mir größte Mühe gebe, eine Stellung für Saltner ausfindig zu machen. Denn was soll er dann tun, wenn er zurückkehrt? Und sehen Sie, das hat mich auch heute gekränkt – glauben Sie, daß die Regierung den Mann anstellt, der eine so ruhmvolle Expedition mitmacht? Er ist ja ein Ausländer und hat seine Prüfungen nicht bei uns abgelegt!«
    »Lassen Sie ihn nur erst zurück sein. Mich beunruhigt dieses Unerwartete, wie Sie es nennen.«
    »Wirklich, es ist nur eine Art Ahnung, daß uns mit der Auffindung des Nordpols mehr gegeben werden wird als eine geographische Entdeckung.«
    »Das müssen Sie mir noch erklären.«
    »Vielleicht bald. Aber heute haben wir noch nicht einmal von Ihnen gesprochen. Was haben Sie getan, gelesen, erfahren?«
    »Herzlich wenig. Die Polarkarte habe ich wieder einmal studiert.«
    Im lebhaften Gespräch durchschritten sie die belebteren Teile der Anlagen. Hinter den Bäumen sank die Sonne, rot und golden leuchtete der Abendhimmel. Öfter begegneten sie jetzt Spaziergängern. Den meisten waren sie bekannt, man grüßte die beiden höflich, aber hinterher drehte man sich um und sah ihnen nach. Man warf sich Blicke zu oder zischelte eine Bemerkung.
    »Sie haben gut spazierengehen«, näselte ein kleiner Herr mit breitem, schnüffligem Gesicht seinem Begleiter zu, »er hat den Mann nach dem Nordpol geschickt.«
    »Das ist die Torm«, sagte ein junges Mädchen. »Jeden Tag geht sie mit dem Doktor Ell hier vorüber.«
    Die Friedauer

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