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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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zwischen den Planeten, erfordert diesen Verzicht des einzelnen auf seine Freiheit. Und im Grunde genommen ist es doch nur der Ausdruck individueller Gefühle, der eine Beschränkung erleidet.«
    »Sie geschieht aber bloß aus einem Mißtrauen der Martier gegen die Menschen.«
    Ell sah Saltner durchdringend an.
    »Geben Sie mir Ihr Ehrenwort«, fragte er, »daß in Ihren Briefen nichts über unsre Maßnahmen steht?«
    »Nein«, sagte Saltner.
    »Und dann verlangen Sie von mir –«
    »Ich verlange, was der Mensch vom Menschen, der Deutsche vom Deutschen verlangen kann, daß er ihm hilft, eines übermächtigen Gegners sich zu erwehren –«
    »Ich aber stehe auf der Seite dieses sogenannten Gegners, der im Grunde der beste Freund ist.«
    »Dann haben wir uns nichts weiter zu sagen. Ich wollte mich nur überzeugen, daß ich von Ihrer Seite für uns Menschen nichts zu erwarten habe.«
    »Sie wollen mich nicht verstehen. Nur in Ihrem einseitigen Interesse kann ich nichts tun, sonst aber werden Sie mich stets bereitfinden –«
    »Leben Sie wohl.«
    Saltner hörte nicht mehr auf Ells Worte. Er war schon auf den Gleitstuhl getreten und löste die Hemmung. Der Stuhl sauste die schraubenförmige Bahn um den Stamm des Riesenbaumes hinab nach dem Erdboden. Das Gespräch hatte auf der Plattform stattgefunden, welche einen der Riesenbäume in der Nähe von Ells Wohnung umgab, dort, wo in einer Höhe von vierzig Meter über dem Boden die ersten Äste ansetzten. Ein mechanischer Aufzug führte in einer Schraubenlinie rings um den Stamm und beförderte ebenso leicht von unten nach oben als von oben nach unten. Diese geschützten Plattformen boten einen äußerst angenehmen Arbeitsplatz. Wie vom Chor eines Domes blickte man zwischen den Säulen der Baumstämme hindurch, über die niedrigen Häuser weit in die Anlagen. Die Luft war hier frischer und kühler als unten.
    Ell trat an die Brüstung vor und blickte hinab. Es begann zu dämmern. An den Straßen entlang leuchteten schon die breiten Streifen des Fluoreszenzlichtes, in den Häusern glühten die Lampen. In tiefer Finsternis lag das Laubdach.
    Ell seufzte. Also auch er hatte sich von ihm geschieden, der biedere Saltner! Mochte es sein! Was galt ihm das alles noch, da er sie verloren hatte! Finster zog sich seine Stirn zusammen. Das war der Dank, ihr Dank für alles – Ismas Dank!
    Als sie auf der Tafel des Retrospektivs ihren Mann erkannt hatte, wie er aus dem Umiak der Eskimos nach dem Boot des englischen Schiffes winkte, da hatten sie ihre Kräfte auf einen Augenblick verlassen. Auf einen Augenblick. Sie hatte sich sogleich wieder zusammengerafft und mit fieberhafter Erregung die Vorgänge verfolgt. Man hatte gesehen, wie beide Boote der ›Prevention‹ zusteuerten, wie Torm an Bord des Kriegsschiffes stieg, wie er dem Kapitän Papiere überreichte, die dieser prüfte; man sah, wie der Kapitän dann salutierte und Torm die Hand schüttelte, wie sich die Offiziere um Torm versammelten; man sah, wie die Eskimos beschenkt wurden und ihr Boot sich entfernte; wie die ›Prevention‹ ihre Fahrt nach Süden wieder aufnahm. Eine Stunde lang konnte man sie verfolgen. Maschine und Steuer waren offenbar nicht verletzt oder wieder repariert; das Schiff dampfte schnell und leicht vorwärts. Immer undeutlicher wurden die Umrisse desselben. Die Dämmerung brach herein. Bald konnte man nichts mehr unterscheiden als die Lichter. Man stellte den Versuch ein. Es war sicher, daß das Schiff und Torm mit ihm in wenigen Wochen wohlbehalten London erreichen würden. –
    Torm war gerettet. Er hatte ohne Zweifel jetzt schon die Nachricht von Ismas Verschwinden. Man würde in Friedau dafür gesorgt haben, daß ihm dasselbe unter dem Gesichtspunkt der Friedauer erschien. Und sie, die nicht ohne ihn in Friedau bleiben wollte, nun mußte sie ihn allein lassen –
    Isma verbrachte eine schlaflose Nacht. Dann setzte sie noch einmal alles in Bewegung, um ihre Mitnahme auf dem Raumschiff nach der Erde zu erreichen. Es war unmöglich. Wenigstens einen Brief sollte man mitnehmen. Ja, aber nur einen offenen. Sie schrieb, doch das konnte ihr nicht genügen. Was sie ihm zu sagen hatte, das ging niemand andern an; das konnte sie nicht lesen lassen. Sie wußte, wie sie schreiben müsse und daß er sie nur so verstehen würde. Und dies wurde versagt. Und hier ließ sie Ell im Stich! Sie bat ihn flehentlich, ihren Brief zu besorgen. Es ginge nicht! Sie bat ihn, selbst die Reise zu machen, ihren Mann aufzuklären.

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