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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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hervorguckte.
    Viele Tage gingen jedoch ins Land, ohne daß ich sie sah. Sie kam nicht mehr in den Garten, sie kam nicht mehr ans Fenster.
     Der Gärtner schalt mich einen faulen Bengel, ich war verdrießlich, meine eigne Nasenspitze war mir im Wege, wenn ich in Gottes
     freie Welt hinaussah.
    So lag ich eines Sonntagnachmittags im Garten und ärgerte mich, wie ich so in die blauen Wolken meiner Tabakspfeife hinaussah,
     daß ich mich nicht auf ein anderes Handwerk gelegt und mich also morgen nicht auch wenigstens auf einen blauen Montag zu freuen
     hätte. Die andern Bursche waren indes alle wohlausstaffiert nach den Tanzböden in der nahen Vorstadt hinausgezogen. Da wallte
     und wogte alles im Sonntagsputze in der warmen Luft zwischen den lichten Häusern und wandernden Leierkasten schwärmend hin
     und zurück. Ich aber saß wie eine Rohrdommel im Schilfe eines einsamen Weihers im Garten und schaukelte mich auf dem Kahne,
     der dort angebunden war, während die Vesperglocken aus der Stadt über den Garten herüberschallten und die Schwäne auf dem
     Wasser langsam neben mir hin und her zogen. Mir war zum Sterben bange.
    Währenddes hörte ich von weitem allerlei Stimmen, lustiges Durcheinandersprechen und Lachen, immer näher und näher, dann schimmerten
     rot und weiße Tücher, Hüte und Federn durchs Grüne, auf einmal kommt ein heller, lichter Haufen von jungen Herren und Damen
     vom Schlosse über die Wiese auf mich los, meine beiden Damen mitten unter ihnen. Ich stand auf und wollte weggehen, da erblickte
     mich die ältere von den schönen Damen. «Ei, das ist ja wie gerufen», rief sie mir mit lachendem Munde zu, «fahr Er uns doch
     an das jenseitige Ufer über den Teich!» Die Damen stiegen nun eine nach der andern vorsichtig und furchtsam in den Kahn, die
     Herren halfen ihnen dabei und machten sich ein wenig groß mit ihrer Kühnheit auf dem Wasser. Als sich darauf die Frauen alle
     auf die Seitenbänke gelagert hatten, stieß ich vom Ufer. Einer von den jungen Herren, der ganz vorn stand, fing unmerklich
     an zu schaukeln. Da wandten sich die Damen furchtsam hin und her, einige schrien gar. Die schöne Frau, welche eine Lilie in
     der Hand hielt, saß dicht am Bord des Schiffleins und sah so still lächelnd in die klaren Wellen hinunter, die sie mit der
     Lilie berührte, so daß ihr ganzes Bild zwischen den widerscheinenden Wolken und Bäumen im Wasser noch einmal zu sehen war,
     wie ein Engel, der leise durch den tiefen blauen Himmelsgrund zieht.
    Wie ich noch so auf sie hinsehe, fällts auf einmal der andern lustigen Dicken von meinen zwei Damen ein, ich sollte ihr während
     der Fahrt eins singen. Geschwind dreht sich ein sehr zierlicher, junger Herr mit einer Brille auf der Nase, der neben ihr
     saß, zu ihr herum, küßt ihr sanft die Hand und sagt: «Ich danke Ihnen für den sinnigen Einfall! ein Volkslied, gesungen vom Volk in freiem Feld und Wald, ist ein Alpenröslein auf der Alpe selbst – die Wunderhörner sind nur Herbarien –, ist die
     Seele der Nationalseele.» Ich aber sagte, ich wisse nichts zu singen, was für solche Herrschaften schön genug wäre. Da sagte
     die schnippische Kammerjungfer, die mit einem Korbe voll Tassen und Flaschen hart neben mir stand, und die ich bis jetzt noch
     gar nicht bemerkt hatte: «Weiß Er doch ein recht hübsches Liedchen von einer vielschönen Fraue.» – «Ja, ja, das sing Er nur
     recht dreist weg», rief darauf sogleich die Dame wieder. Ich wurde über und über rot.
    Indem blickte auch die schöne Frau auf einmal vom Wasser auf und sah mich an, daß es mir durch Leib und Seele ging. Da besann
     ich mich nicht lange, faßt ein Herz und sang so recht aus voller Brust und Lust:
    Wohin ich geh und schaue,
In Feld und Wald und Tal,
Vom Berg hinab in die Aue:
Vielschöne, hohe Fraue,
Grüß ich dich tausendmal.
    In meinem Garten find ich
Viel Blumen, schön und fein,
Viel Kränze wohl draus wind ich
Und tausend Gedanken bind ich
Und Grüße mit darein.
    Ihr darf ich keinen reichen,
Sie ist zu hoch und schön,
Die müssen alle verbleichen,
Die Liebe nur ohnegleichen
Bleibt ewig im Herzen stehn.
    Ich schein wohl froher Dinge
Und schaffe auf und ab,
Und ob das Herz zerspringe,
Ich grabe fort und singe
Und grab mir bald mein Grab.
    Wir stießen ans Land, die Herrschaften stiegen alle aus, viele von den jungen Herren hatten mich, ich bemerkte es wohl, während
     ich sang, mit listigen Mienen und Flüstern verspottet vor den Damen. Der Herr mit der

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